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Das Erstaunen der Koalition über eine plötzliche Verschlechterung der Konjunkturprognosen, die alle Wahlversprechen über den Haufen werfen würde, ist erstunken und erlogen. Diese Verschlechterung gibt es nämlich gar nicht, wenn man die Prognosen des ganzen letzten Jahres vergleicht!
Die Wachstumsprognosen der beiden staatsnahen Institute Wifo und IHS haben sich nämlich seit Dezember 2012 keineswegs dramatisch verschlechtert, sondern sind gleich geblieben. Das lässt nur zwei mögliche Erklärungen für die plötzlich ausgerufene Panik zu, Österreich stehe vor einem Megaloch von 30 bis 40 Milliarden: Entweder die Koalition lügt, damit sie mit dem uralten Politik-Schmäh des unerwarteten Ergebnisses eines „Kassasturzes“ all ihre Wahlversprechen entsorgen kann (die offenbar keine Partei jemals einhalten wollte). Oder die beiden Institute lügen mit ihren veröffentlichten Zahlen und geben dem Finanzministerium ganz andere Prognosezahlen als der Öffentlichkeit.
Beide Erklärungsvarianten sind ein unglaublicher Skandal.
Konkret die Daten zum Beweis des Vorwurfs: Sowohl im letzten Dezember wie im März haben beide Institute für das Jahr 2014 ein Wachstum von 1,8 Prozent prophezeit. Im Juni hat das Wifo dann die Prognose zwar auf 1,6 Prozent reduziert, im Oktober, also nach der Wahl, dann aber wieder auf 1,7 Prozent erhöht. Das IHS ist immer bei 1,8 Prozent geblieben, vor der Wahl und nach der Wahl.
Das ist bei beiden Instituten jedenfalls alles andere als eine dramatische Änderung, die das Auftreten eines plötzlichen Loches erklären würde.
Dementsprechend blieben auch die Prognosen für das Budgetdefizit im Jahr 2014 (Maastricht-Saldo) konstant: Im vergangenen Dezember standen die Prognosen beider Häuser bei 1,5 beziehungsweise 2,0 Prozent Defizit, ebenso im März. Bei der Prognose nach der Wahl waren sich Wifo und IHS auf 1,6 bis 1,7 Prozent nahegekommen. Das ist sogar besser als der Schnitt der Prognosen aus dem vorigen Winter.
Daher kann mir auch da niemand einreden, dass das eine Verschlechterung oder gar eine unerwartete Katastrophe wäre. Und schon gar nicht ist das eine Veränderung, welche die Republik in ihren Grundfesten erschüttern müsste. Weder beim BIP-Wachstum noch beim Maastricht-Defizit, den beiden für Budgetprognosen wichtigsten Werten.
Eine gewisse Verschlechterung der Prognosen hat es lediglich bei den Arbeitslosenquoten gegeben. Aber auch hier hat sich zumindest zwischen Juni und Oktober überhaupt nichts mehr geändert. Umgekehrt glaubt das Wifo heute an einen viel stärkeren Zuwachs der Investitionen als im Frühjahr. Was ja zumindest bei der Umsatzsteuer zu einem deutlichen Plus gegenüber den früheren Einnahmeschätzungen führen müsste.
Wenn sich diese Zahlen (die offenbar bisher noch kein Medium genau angeschaut hat) einmal in der Bevölkerung herumgesprochen haben, wird sich die Koalition mit ihrer Budgetloch-Theorie sehr schwer tun. Die Menschen lassen sich zwar eine Zeitlang für blöd verkaufen, aber nicht für immer. Und wenn einmal das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik ganz weg ist, dann werden die Bürger sehr zornig.
Gibt es also gar kein Loch, das zu füllen wäre? Das gibt es natürlich schon. Aber es ist kein neues Loch, sondern es ist längst bekannt. Dass die Finanztransaktionssteuer nichts bringen wird, dass es EU-weit inzwischen sehr strenge Vorgaben gibt, dass das Pensionssystem ständig mehr Zuschüsse aus dem Steuertopf braucht, dass die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria in eine sauteure Katastrophe gemündet ist: Das ist alles schon vor der Wahl bekannt gewesen.
PS: An der Pensionsdramatik kann übrigens der Umstand nichts ändern, dass die „Pensionskommission“ des Sozialministers vor wenigen Tagen frech erklärt hat, es gebe keinen Handlungsbedarf. In Wahrheit will die SPÖ nicht handeln, daher darf es keinen Bedarf geben. Da der Sozialminister die Kommission mit fast lauter Parteifreunden besetzt hat, entspricht der Wert dieser Kommission ungefähr dem der bei ihren Sitzungen konsumierten Mineralwasserflaschen. Alle unabhängigen Experten sagen hingegen seit längerem (auch nicht erst seit den Wahlen), dass beim Pensionsantrittsalter dringend etwas geschehen müsse. Und zwar nicht nur dem der Frauen.