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Die Stunde der aufgehaltenen Hände

Die ÖVP hat vor der Nationalratswahl eine ebenso mutige wie richtige Haltung eingenommen: Entlastungen durch eine an sich durchaus notwendige Steuersenkung gibt es erst, wenn die Republik kein Defizit hat. Sehr lobenswert. Aber glauben sollte man es erst, wenn es auch nach der Wahl gilt. Wenn also auch nach der Wahl nicht gleich neue Ausgaben beschlossen werden, die Defiziteliminierung und Steuersenkung unmöglich machen.

Da macht es mehr als besorgt, dass sich allerorten jetzt zahllose Lobbies und Eigeninteressensgruppen lautstark zu Wort melden. Alle halten eifrigst die Hand auf. Alle wollen mehr Geld von uns. Und fast jede Gruppe kann darauf verweisen, dass ihnen irgendwann irgendein Politiker tatsächlich auch versprochen hat, dass es mehr geben wird.

Nur einige Beispiele dessen, was da zuletzt zu hören gewesen ist:

  • Die Entwicklungshilfe-Ausgaben sind auf 0,7 Prozent des BIP zu verdoppeln;
  • Viel mehr Geld für den sozialen Wohnbau;
  • Die Kultur braucht unbedingt mehr Geld (eine besonders lautstarke Lobby!);
  • Österreich soll sich ein eigenes Kultur- und Medienministerium leisten:
  • Die Museen brauchen mehr Geld (seit langem eingefroren);
  • Das Heeresbudget muss um die Hälfte auf ein Prozent angehoben werden;
  • Es braucht mehr öffentliche Förderung für Sport und Sportanlagen;
  • Wir brauchen mehr Justizbeamte (bessere Betreuung Jugendlicher usw.);
  • Die Gerichtsgebühren müssen wieder gesenkt werden;
  • Das Pflegegeld muss wieder erhöht werden;
  • der Mindestlohn muss erhöht werden;
  • Mehr Geld für die Psychotherapie auf Krankenschein;
  • Die Familienbeihilfen sind schon viel zu lange eingefroren;
  • Die Presseförderung muss erhöht werden;
  • Die Westbundesländer verlangen viel mehr Geld für die Schulskikurse;
  • Mehr Geld für die Integration (von Behinderten bis zu den Ausländern);
  • Der ORF verlangt neuerlich Steuergeld;
  • Die Privatrundfunkförderung muss verdoppelt werden;
  • Ohne öffentliche Förderung gibt es auf Grund der neuen Bankenregulierung viel zu wenig Geld für Klein- und Mittelbetriebe;
  • Die Lohnnebenkosten müssen reduziert werden;
  • Österreich soll mehr Flüchtlinge aufnehmen;
  • Ein weiteres verpflichtendes und kostenloses Kindergartenjahr muss her;
  • die Ganztagsschulen müssen besser finanziert werden;
  • Die Schulen brauchen viel mehr Geld (zusätzlich zu den gewaltigen Kostensteigerungen durch die schon beschlossenen Neuen Mittelschulen (=Gesamtschulen) und die deutlich verteuerte neue Lehrerausbildung);
  • Für Wissenschaft, Bildung und Forschung muss viel mehr ausgegeben werden (das rufen alle jene, die dort ihr Geld verdienen – während eine brandneue EU-Studie zeigt, dass es nirgendwo so viel Korruption gibt wie bei den Bildungsausgaben).

Und so weiter. Und so fort. Dabei mag man durchaus für manche oder auch jede einzelne Forderung persönliche Sympathie empfunden. Nur eines sagt niemand: Wo das Geld dafür herkommen soll, außer höchstens dem luftleeren Gewäsch von einer Millionärssteuer, die wahrscheinlich am Ende viel mehr kosten als bringen würde (wobei ja auch niemand zu sagen wagt, wie die denn genau ausschauen soll). Keine einzige dieser Lobbies sagt etwa: „Ja, wir unterstützen es auch, wenn im Gegenzug das Pensionsantrittsalter deutlich erhöht wird. Und dass in der Krankenversicherung überall ein Selbstbehalt eingeführt wird.“

Gespannt kann man aber auch sein, was der – an sich ja ebenfalls tolle – ÖVP-Slogan von der „Entfesselung der Wirtschaft“ konkret bedeuten wird. Da sieht man noch sehr wenig Inhalt. Im Gegenteil: auch im schwarzen Dunstkreis, und erst beim roten Koalitionspartner, werden schon die Ketten für neue Fesselungen geschmiedet: etwa durch den von den Radikalfeministinnen verlangten Zwang zu Frauenquoten; etwa durch die Forderung der Political correctness nach weiteren Diskriminierungsverboten; etwa durch neue Finanzregulierungen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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