Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Von Duell-Sensation keine Spur

Angesagte Sensationen finden nicht statt – die alte Weisheit hat sich auch beim deutschen Duell von Kanzlerin und Herausforderer bewahrheitet. Auch beim Nachbarn nichts Neues in diesem Wahlkampf. Angela Merkel staatsmännisch, Peer Steinbrück angriffig, aber kein Gigant. Interessant für den österreichischen Beobachter sind freilich Parallelen und Unterschiede zu den heimischen TV-Treffen der Spitzenkandidaten.
Natürlich, wenn Peer Steinbrück aus der Opposition heraus die Gerechtigkeitskeule schwingt, dann klingt das doch etwas spritziger als hierzulande, wo der amtierende Kanzler dies nach fünf allzu langen Jahren wieder tut – in der Hoffnung, dass die Wähler längst vergessen haben, wie die ausgerufene Zeit für Gerechtigkeit genau den damaligen Wahlkampf lang dauerte. Und dann der Retter der Armen im Kanzleramt verschwand, während das Gebührenfeuerwerk seiner Genossen vom Kahlenberg auf alle, inklusive Mindestrentner, niederprasselte. Und sein Parteifreund in Linz seine spekulativen Millionen-Verluste dem Steuerzahler umhängt.
Wie bei uns die thematische Trennlinie zwischen den beiden großen Parteien: Da die Betonung auf Leistung und Eigenleistung, dort das Reichenbashing, das Bankenbashing, das Beamtenbashing.
Aber es lässt sich halt einfach besser streiten, wenn man nicht in inniger Koalitions-Umarmung vor den Wähler tritt, in der sich unsere Protagonisten schon aufs gemeinsame Weiterwurschteln geeinigt haben und das bei ihrem Zusammentreffen auf Puls 4 gar nicht erst verbergen wollten. (Dass danach das schwarz-blaue Gespenst wieder reanimiert wurde, zeigt, was man von der Intelligenz des Wählers, auch des eigenen, hält.)
Steinbrück dagegen zeigte Mut mit der Ansage, dass er in keinem Fall mit Merkel in eine Koalition geht – auch wenn das (zumindest laut Umfragen) die von einer Riesenmehrheit gewünschte Regierungsform wäre. Aber natürlich muss das dann – so es notwendig wird – ohnehin nicht er, sondern sein Parteichef tun.
Das Fazit des deutschen Kanzlerduells ist einmal mehr: Viel Lärm um nichts. Darum schlägt jetzt die Stunde der Körpersprache-Experten, der Symboldeuter (oja, Angela Merkel trug eine rot-schwarz-goldene Kette!), der parteieigenen Sieg-Verkünder.
Warum sollte es beim Nachbarn anders sein als bei uns?
P.S.: Und doch gab es einen Unterschied: Der Social-Media-Berichterstatter des öffentlich-rechtlichen ARD witzelte gleich zu Beginn seiner Facebook- und Twitter-Auswertung über die Multitasking-Fähigkeiten des SP-Diskutierers. Der hatte nämlich gleichzeitig getwittert. Natürlich nicht er – so authentisch sind die Ausflüge der Politiker in die virtuelle Welt ja entgegen allen Behauptungen nicht. Sein angestellter Ghostwriter für Twitter hat wohl nicht verstanden, dass er den Chef dadurch zur Lachnummer in der Internet-Gemeinde macht, um die er buhlt. Dass Steinbrück sich keinen helleren Kopf dafür leisten kann, liegt vielleicht daran, dass er anders als Werner Faymann kein Steuergeld für seine Facebook- und sonstigen Auftritte verwenden kann.

P.P.S.: Ach, die PC ist auch nicht mehr das, was sie einmal war - warum servierte man den WählerInnen denn eigentlich kein Kanzlerin-Duell? 
 

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung