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Es ist für Österreich ein weitgehend neues Phänomen. In Amerika ist es schon länger bekannt: Reiche Pensionisten, die einst unternehmerisches Glück hatten, entdecken die Politik als interessantes Altershobby. Nach dem Motto jedes Stammtisches: Wir wissen doch viel besser, wie Politik zu gehen hat. Und nach jedem Krügel noch besser. Frank Stronach wie Hans-Peter Haselsteiner bescheren jetzt auch uns diese neue Erfahrung. Die in der Tat eine Erfahrung ist.
Denn beide beweisen uns in Wahrheit, dass Erfolg in der Wirtschaft noch keineswegs einen guten Parteiführer macht. Ähnliches hat – eine Stufe niedriger – etwa auch schon Veit Schalle bewiesen. Er hatte einst Billa groß gemacht, ist dann als Parlamentarier aber sehr klein geworden. Politik will halt genauso gelernt werden wie Straßen- oder Autobauen.
Es ist irgendwie schade, dass man Haselsteiner in keiner TV-Konfrontation zu sehen bekommt. Da hätte er uns etwa genau erklären können, wie man zu bestimmten staatlichen Aufträgen in Österreich oder auch Russland kommt. Solches Wissen führt ja übrigens auch an die Spitze sehr mächtiger Industrie-Vereinigungen.
Freilich hat auch Stronach in seinen Auftritten bisher vieles nicht erklärt: Etwa ob er es wirklich „fair“ – sein Lieblingswert – findet, dass man sich einen Parlamentsklub einfach kaufen kann. Oder ob es „fair“ ist, in Österreich eine Partei zu gründen und führen, aber den Großteil des Jahres aus steuerlichen Gründen im Ausland zu leben.
Beide Männer haben viel Geld in ihre jeweiligen Parteien gesteckt. Stronach zweifellos viel mehr als Haselsteiner. Er hat wohl auch mehr. Das hat etwa zu den schönsten Plakaten des Wahlkampf geführt (Die ÖVP hingegen kann sich offenbar nicht einmal mehr einen guten Photographen leisten, der Spindeleggers Gesicht nicht nur aus Nase bestehen lässt, und der Frau Jank nicht wie eine Reichswasserleiche aussehen lässt, die sich nicht einmal einen Schminkbeutel kaufen kann. Aber lassen wir diesmal die ÖVP und ihre Wahlkampfmanager. Es geht um die beiden Millionärsparteien).
Stronach hat bereits viel mehr als Haselsteiner geistig mit dem Altern zu kämpfen und damit, dass er viele Fragen und Probleme gar nicht mehr begreift. Auch wenn ich seine fünf Stehsätze weitgehend richtig und positiv finde, bleibt es doch unfassbar, dass es nie eine substanzielle Auffüllung und Präzisierung gegeben hat. Daher widerspreche ich auch nicht, wenn manche nach seinen Auftritten erstaunt meinen: Der Mann ist ja gaga.
An einem hat Stronach aber von Anfang an keinen Zweifel gelassen: In meiner Partei gelten nur meine „Wärte“. Da habe nur ich was zu sagen. Ich weiß zwar noch nicht was. Aber das gilt.
Ganz anders bei Haselsteiner, LIF und Neos. Bei denen findet man jedes nur erdenkliche Programm. Eine Partei und noch eine Partei und noch ein paar Exoten aus den unterschiedlichsten Ecken und dann der Deus ex machina mit dem dicken Geldbeutel. Der Deus hat jetzt nur das Problem, dass er schon wieder ein ganz anderes Programm hat als zuvor die beiden auch nur halb vermählten Parteien.
Wer ist dort jetzt eigentlich der Chef? Der ehrgeizige Vorarlberger oder der machtbewusste Kärntner aus Tirol? Niemand weiß es, obwohl es doch irgendwie wichtig wäre. Hat sich doch beispielswiese der eine gegen neue Steuern ausgesprochen, während der andere geradezu fanatisch die Einführung neuer Steuern verlangt.
Einkommensteuer bis 70 Prozent, bis 80, bis 95? Alles findet sich bei Haselsteiner. Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer? Alles findet sich bei Haselsteiner. Aber nichts davon war eigentlich Teil des Neos-Programms. Wir haben jedoch schon von Frank Stronach gelernt: Wer das Gold hat, macht auch die Regeln.
Und das hat eben der Herr Haselsteiner und nicht der Herr Strolz. Was sehr dafür spricht, in Haselsteiner den nunmehr entscheidenden Mann zu sehen. Zur gleichen Erkenntnis über die dortigen Machtverhältnisse kommt man auch angesichts der erstaunlichen Tatsache, dass Haselsteiner jetzt schon als „der“ Neos-Minister verkündet wird. Das heißt etwas. Denn erstens dürften die Neos selbst bei einem wider alle Erwartungen gelingenden Einzug in Parlament und Regierung nicht allzu viele Ministerien bekommen. Und zweitens hat sonst noch keine Partei gesagt, wer Minister wird; lediglich drei Möchtegern-Bundeskanzler gibt es.
Wirklich genau hat man freilich beim bisherigen Parteiführer Strolz ohnedies nie erkannt, welche inhaltlichen Ziele ihn denn wirklich innerlich antreiben. Außer jenes, sich an der ÖVP zu rächen, weil sie ihn nicht aufgestellt hat. Das hätte übrigens der ÖVP keineswegs geschadet, wenn man die bedeutungslos gebliebenen schwarzen Neo-Kandidaten aus Raiffeisen- und moslemischen Quellen näher betrachtet (freilich kaum zu sehen bekommt).
Aber abgesehen davon war für Strolz selber anscheinend immer der Weg das Ziel. Das inhaltliche Ziel seines Einstiegs in die Politik blieb jedenfalls immer ein schwimmendes, wenn es überhaupt jemals sichtbar wurde.
Haselsteiner scheint hingegen ganz klare Ziele zu haben. Nur lassen die erst recht rätseln. Warum kann ein Unternehmer eigentlich ständig noch mehr Steuern in einem der höchstbesteuerten Länder der Welt verlangen? Die SPÖ und FPÖ sind für noch höhere Steuern, weil sie ja nur auf Stimmen der XYZ-Schicht spekulieren, die sich (irrigerweise) noch nicht als Opfer der vielen Steuerpläne sieht. Das ist wenigstens wahltaktisch logisch. Aber ein Unternehmer?
Hängt das vielleicht gar damit zusammen, dass Haselsteiner ja noch immer von den Ergebnissen seines Baukonzerns profitiert? Wenn man bedenkt, dass die Strabag im hohen Ausmaß von fetten Staatsaufträgen abhängig ist (man mache sich nur die unsinnigen Bahntunnels bewusst, die von den Neos erstaunlicherweise nie kritisiert worden sind), dann wird eines ziemlich klar: Haselsteiner muss der Nachschub an Aufträgen wichtiger sein als die dann am Ende vielleicht zu zahlende Steuer.
Für das Weiterbestehen der Strabag ist viel relevanter, dass der Topf voll ist, aus dem man schöpft, als dass man – im Falle schlechter Steuerberater – dann selber eventuell etwas in diesen Topf einwerfen muss. Angesichts dieses Zusammenhangs kann es Haselsteiner ignorieren, dass praktisch sämtliche relevanten Ökonomen (bis auf die im Sold der SPÖ stehenden) vor einer weiteren Erhöhung der Abgabenlast warnen und vehement eine Senkung verlangen. Im Interesse des Überlebens (und der Neugründung) Zehntausender kleiner und mittlerer Unternehmen, die vom Markt leben und nicht vom Staat. Den sie nur finanzieren müssen.
Aber eigentlich kann man bei einem Kämpfer aus dem Stall der Heide Schmidt auch nicht viel anderes erwarten. Dort waren immer die linken Parolen wichtiger als das Ordnungspolitik. Diese Tradition wird ja auch durch die Tatsache bestätigt, dass die Neos ausgerechnet den Vorkämpfer des Antikirchen-Volksbegehrens prominent in ihre Reihen aufgenommen haben.
Wenn jemand nach den vor allem durch Haselsteiner entstandenen Widersprüchlichkeiten in der rosa Gruppierung fragt, bekommt er schnoddrig zur Antwort: Das werden wir halt in den nächsten Monaten ausdiskutieren. Das heißt: Die Katze wird erst nach der Wahl aus dem Sack gelassen. Erst dann werden wir sehen, ob sie rot ist, oder ob wenigstens noch ein paar liberale Flecken geblieben sind.
Die Neos-Farbe Rosa ist zumindest aus heutiger Sicht kein Zufall: Von der totalen Übernahme schwuler Forderungen bis zur massiven Absage an eine Partnerschaft mit der FPÖ haben sich die Neos stark an Rot und Grün angenähert. Und mit Haselsteiner sind sie endgültig in deren Lager gelandet.
Stronach hingegen ist mit den paar Aussagen, die nachvollziehbar sind, ebenso klar in der schwarz-blau-orangen Wertewelt gelandet (aus der nur der wirtschafspolitische Sozialismus der Blauen ausbricht). Und noch ein Gegensatz zu Haselsteiner ist jetzt sichtbar: Stronach kennt seine Grenzen – oder die Steuergesetze. Er bleibt daher jedenfalls der Regierung fern, selbst wenn seine Partei hineinkäme.
Völlig unklar ist freilich, wo Stronach eigentlich brauchbare Minister finden will, die irgendwie besser wären als eine Regierung voller Mitterlehners und Schmieds. Kauft man sich die auch unter frustrierten Hinterbänklern? Und wie darf man sich das Funktionieren einer Regierung mit Stronachs Liste eigentlich vorstellen: Müssen dann die von ihm entsandten Minister vor jedem Handgriff, vor jeder Äußerung bei ihm anrufen und nach Stronachs Weissagung fragen?
Wenn Stronach das glaubt, dann sollte er sich von jemandem erzählen lassen, dass das schon einmal jemand so geplant hatte: ein gewisser Jörg Haider. Der stürzte dann jedoch in tiefe Depressionen, als er entdeckte, dass das nicht so funktioniert, und dass Susanne Riess-Passer ihn sehr bald außen vor gelassen hat. Weil sonst das Regieren nicht funktioniert hätte.
PS: Wähler, die wirklich ernsthaft zwischen den beiden Millionären schwanken, haben natürlich noch ein Kriterium: Nach allen verfügbaren Meinungsumfragen kommt Stronach ins Parlament, Haselsteiner jedoch nicht. Da kommt dann zur völlig Unklarheit über die Parteilinie auch noch der Frust über die verlorene Stimme. Die genauso viel zählt, wie wenn man ganz daheim geblieben wäre.