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Wir haben in Scheremetjewo keine Grenze. Leider, leider

Wir haben in den letzten Tagen glasklar gelernt, wie halt die Macht in der Welt verteilt ist. Das ist zwar vielleicht ernüchternd, aber Tatsache. Viel ärgerlicher ist jedoch, wie Politiker aller Länder ständig an dieser Tatsache vorbei herumreden und herumlügen. Das zeigt der Fall des Edward Sowden besonders anschaulich.

In Google finden sich momentan schon über 110 Millionen Eintragungen zu seinem Namen. Natürlich hat die niemand alle gelesen. Aber jede Wette gilt, dass der allergrößte Teil der nichtamerikanischen Eintragungen ein und denselben Tenor hat: massive Solidarität mit Snowden und heftige Kritik an den neugierigen amerikanischen Geheimdiensten. Insbesondere Europas Regierungen klingen so empört, dass man fast glauben könnte, den USA werde demnächst unter großem Jubel der Massen der Krieg erklärt.

Die Verlogenheit beginnt jedoch spätestens dort, wo es um die konkreten Antworten auf die Asylanträge des schüchtern wirkenden Brillenträgers geht. Diese Anträge werden dann plötzlich unter den absurdesten formalistischen Vorwänden abgelehnt, nur nicht mit der Wahrheit. Meistens wird gesagt, der Mann stehe ja nicht an der Grenze des eigenen Landes oder auf dessen Boden. Daher könne ihm leider, leider deswegen kein Asyl gewährt werden. Sonst natürlich…

Geht’s noch mieser? Warum stellt sich keiner hin und sagt die Wahrheit? Die da lautet: „Wenn sich nicht einmal Russland und China trauen, dann trauen wir uns natürlich auch nicht; wir fürchten uns alle vor den unberechenbar gewordenen Amerikanern. Und Solidarität unter den derzeitigen Kritikern der USA würde es im Falle einer Asylgewährung mit Sicherheit sowieso keine geben. Also denken wir nicht daran, ihn zu nehmen.“

Das wäre die einzige Wahrheit zu diesem Thema. Aber niemand spricht sie aus. Staaten haben halt nur Interessen, keine Moral. Sie tun nur so, als ob sie eine hätten.

Dabei wären die Menschen – zumindest in Österreich – durchaus reif genug, um die Wahrheit auch zu begreifen. Sie werden statt dessen von ihrer Regierung angelogen. Genauso verlogen sind übrigens die Oppositionspolitiker, die nach Asyl für Snowden rufen. Sie brauchen sich ja bloß nach der Stimmung im Internet zu richten. Sie würden freilich sofort einen Grund finden, doch Nein zu Snowden zu sagen, sobald sie selbst in die Verantwortung rutschen würden.

Würde das Argument von Grenze und so stimmen, dann wäre es jedenfalls absolut unverständlich, wieso die Asylwerber in Österreich vor allem aus Russland, Afghanistan, Syrien, Pakistan, Algerien und Nigeria stammen. Wieso haben die hier allesamt Chancen? Sind das neuerdings Nachbarländer? Oder nehmen wir sie halt auf, weil sonst niemand – oder zumindest keine Supermacht – Interesse an diesen Menschen hat?

Dabei sind sie in Wahrheit meist ungebildete Arbeitsmigranten, deren Freiheit nicht bedroht ist, und schon gar nicht so wie die von Snowden. Gilt bei ihnen das Argument vom österreichischen Boden nicht mehr so richtig? Oder hätte Snowden halt auch nur irgendeinen Schlepper bezahlen müssen, der ihn auf geheimen Wegen bis vor eine österreichische Polizeiinspektion bringt, wo dann das Formalargument vom österreichischen Boden wegfällt?

Die Lehre der letzten Tage: Wir sind eben nur in Teilbereichen ein Rechtsstaat. Und sonst ein opportunistisch seine Eigeninteressen suchender Kleinstaat. Was im Falle Österreichs ja sogar irgendwie verständlicher ist als bei Deutschland oder Frankreich. Die sind nicht nur größer, sondern für sie haben sich noch dazu Amerikas Spione wirklich interessiert. Bei uns glaubt ja nur der Herr Fellner (ein von SPÖ-nahen Inseraten lebender Boulevard-Journalist), dass sich irgendjemand für die Worte eines Faymann interessieren würde.

PS: So viel sind die 110 Millionen ja auch nicht, habe ich mich inzwischen beruhigt. Selbst ich habe 340.000 Google-Ergebnisse. Und die kann auch niemand alle zur Gänze lesen…

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