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Von der Ausbildung bis zum Dienstrecht: Lehrer sein, dagegen sehr

Der ÖVP-Vorschlag für ein neues Lehrerdienstrecht hat blitzschnell Zustimmung der Gewerkschaft gefunden und ist auch finanzierbar. So weit so positiv. Nur begreifen die Schwarzen etwas nicht: Sie haben sich mit ihrer absurden (unter dem Druck des Koalitionspartners und der Mainstream-Medien erfolgten) Zustimmung zur neuen einheitlichen Lehrerausbildung in eine Falle begeben. Aus dieser kommen sie nicht mehr heraus. Die SPÖ wird sie schon gar nicht herauslassen, hat sie doch diese Falle gezielt aufgebaut. Offensichtlich war die ÖVP mangels Bildungsexperten nicht imstande, den engen Zusammenhang zwischen den beiden Materien zu erkennen. Zugleich will die Spindelegger-Truppe möglichst viele Gesetze noch vor den Wahlen durchbringen, auch wenn es schlechte Gesetze sind (nur um zu zeigen, die Koalition lebt doch noch). Und dem ist der die Lehrerbildung verhandelnde Wissenschaftsminister Töchterle brav nachgekommen. Wenn auch ohne Ahnung um die Konsequenzen.

Die Crux mit einem Satz: Die neue Lehrerausbildung sieht von der ersten Klassen Volksschule bis zur Matura eine – mindestens – fünfjährige Masterausbildung vor; der schwarze Besoldungskompromiss sieht hingegen weiterhin unterschiedliche Entlohnungen für Pflichtschul- und AHS-Lehrer vor, die aber bisher auch deutlich unterschiedliche Ausbildungen hatten.

Auch die Dienstrechts- und Besoldungsfragen zeigen also, dass der Lehrerbildungskonsens in eine Sackgasse führt. Töchterle trägt einen großen Teil der Schuld daran. Denn dass sich die SPÖ wenig um Finanzierungsprobleme schert, war immer schon klar gewesen. Und ebenso dass sie mit einem völlig realitätsfremden und bürokratischen Ideologieziel arbeitet. Sie will ja von der Kindergärtnerin angefangen allen die gleiche lange Ausbildung verordnen.

Die anderen Defizite der neuen Lehrerbildung: Sie reißt – ausgerechnet in einer Zeit des eskalierenden Lehrermangels! – katastrophale Personallücken auf. Insbesondere in der Übergangsfrist, aber auch auf Dauer: Viele eigentlich ideal dafür begabte junge Menschen werden künftig einen weiten Bogen um Lehrer- oder Kindergartenjobs machen. Denn sie wollen und können zwar mit Kindern arbeiten, haben aber keinerlei Motivation, fünf bis sechs weitere Jahre in Schulklassen zu sitzen und praxisfremde Theorie  in sich hineinzustopfen. Bei den pädagogischen Vorlesungen kommt als besonders lähmend hinzu, dass dort alle paar Jahre völlig andere Lehrmeinungen angepriesen werden.

Jeder, der eine Ahnung von den wirklichen Problemen in den ersten Schuljahren hat, weiß: Nichts wird sich bessern durch noch mehr Jahre Hörsaal vor dem Einsatz. Es geht vielmehr um die Möglichkeit, schon am Beginn der Ausbildung – aber vor allem auch dann während des Schul- oder Kindergarten-Einsatzes – ungeeigneten Lehrern Auf Nimmerwiedersehen sagen zu können. Dabei darf es keine Rücksicht auf das Dienstrecht, sondern nur auf die Kinder geben.

Ursache einer individuellen Nicht-Eignung ist primär die oft große nervliche Belastung, tagtäglich mit 25 Kindern fertig werden zu müssen. Die Eignung dafür sieht man im Grund leider immer erst in der Praxis. Ein weiteres Problemfeld sind die Pädagogischen Hochschulen: Dort wird man aufgenommen, auch wenn man selbst nicht perfekt Rechtschreiben und Rechnen kann. Und man lernt es auch dann an der Hochschule nicht mehr.

Eine wirklich positive Reform der Lehrerbildung würde die Pädagogischen Hochschulen ebenso wie die Universitäten wirklich unabhängig aufstellen. Und nicht als Weisungsempfänger einer ideologisierten Ministerin, die Rektoren nur wegen eines einzigen Interviews feuert, in dem diese eine andere Meinung als die Ministerin vertreten.

Zusätzlich muss es aber auch um den Zustand der Universitäten gehen. Dort werden ja beispielsweise Französisch- oder Geschichtslehrer für die AHS und BHS produziert, die vom Gegenstand nur sehr geringe Ahnung haben. Dennoch wird in Sachen Unis oder PH von keinem der zahllosen Konzepte auch nur an einer Stellschraube gedreht.

Die Volkspartei, die (bis auf den Kindergarten) den roten Einheitsausbildungs-Plänen zugestimmt hat, ist nun über die wachsende Erkenntnis ganz überrascht, dass diese Pläne ein Unsinn sind. Und dass diese nun auch ein neues Lehrerdienstrecht sehr erschweren.

Die ÖVP hat durch ihre Zustimmung der Linken ja sogar ein gutes Argument für ihre Einheitsideologie geliefert: Na, wenn die gleich ausgebildet werden, müssen sie auch gleich viel verdienen.

Dabei waren schon ohne die genannten Probleme die Dienstrecht-Verhandlungen massiv überlastet. Den Junglehrern deutlich mehr zu zahlen und dafür die Gehaltszuwächse am Ende der Laufbahn einzubremsen, dieses Konzept funktioniert nur in der Theorie. Auf etliche Jahre kostet das deutlich mehr Geld, und es schafft für Jahrzehnte in den Schulen eine Zweiklassengesellschaft. Von den kleinen Tricks der Beamtenministerin, die auch den alten Lehrern heimlich etliche Zulagen streichen will, was noch keine Gewerkschaft akzeptiert hat, ist da noch gar nicht geredet.

Das Problem der viel zu steilen Gehaltskurven hätte man schon seit Jahrzehnten bei den jährlichen Gehaltsrunden in vielen Minischritten angehen und inzwischen weitgehend lösen können. Also: Man gibt den jungen Lehrern mehr Erhöhung, aber den älteren weniger. Das geschah aber nicht. Die Politik hat immer auf „große“ Lösungen gewartet, und die Lehrervertreter gehören wie Gewerkschafter halt meist zu den älteren Jahrgängen.

Die Psychologenfalle

Völlig ungelöst ist auch das Problem der sogenannten Hilfskräfte zur Entlastung der Lehrer. Diese verweisen auf internationale Vergleiche. Denen zufolge müsste eine fünfstellige Zahl von Psychologen und anderen Hilfskräften zusätzlich in die Schulen marschieren. Das ist natürlich so nicht finanzierbar. Das wäre aber zum Teil durchaus sinnvoll. Es ist beispielsweise schlichter Wahnsinn, wenn sich sogar Schuldirektoren jede Unterlage selbst kopieren müssen, weil es kaum Sekretärinnen gibt.

Viel fragwürdiger ist aber der Ruf nach Heerscharen von Psychologen. Es stimmt zwar, dass heute der Umgang mit Schulkindern viel schwieriger geworden ist, dass es viel mehr Problemkinder gibt. Durch den größeren Anteil von Einzelkindern; durch den wachsenden Anteil von Kindern aus Kulturen, in denen noch das Faustrecht zu gelten scheint; durch Zuwanderkinder, bei denen man auf keinerlei Bildungsorientierung aufbauen kann (die es in heimischen Arbeiter- und Bauernfamilien meist sehr wohl gibt); durch die psychologischen Schäden als Folge von elektronischem Dauerkonsum; durch die hohe Anzahl von berufstätigen Müttern. Und nicht zuletzt durch den modischen Trend zur Inklusion, also durch den wachsenden Zwang, Kinder in den Normalunterricht zu nehmen, die früher in eine Sonderschule geschickt worden sind. Als Ergebnis sitzen jetzt in vielen Klassen oft schwer verhaltensgestörte Kinder und terrorisieren zugleich Lehrer und Mitschüler.

Noch schlimmer ist die Lage dadurch geworden, dass man den Lehrern fast alle disziplinäre Mittel genommen hat. Immer wieder haben populistische Politiker das Geben von Strafen getadelt und eingeschränkt. Die Lehrerautorität hat überdies auch dadurch gelitten, dass Schulzeugnisse immer öfter juristisch beeinsprucht werden (oft mit Erfolg). Und last not least stehen Eltern, die früher immer an der Seite der Lehrer gestanden sind, jetzt in einer geänderten Wertestruktur fast immer nur an der Seite der Kinder (wobei beide Extreme schlecht sind).

Die Lehrervertreter begehen in dieser Situation den Fehler zu glauben, dass man all diese Probleme an Psychologen abschieben und solcherart lösen kann. Wenn man wirklich beobachtet, was Psychologen in schwierigen Situationen machen und wie wenig Erfolge sie erzielen, dann kann man nur lachen. Jedoch geben die Psychologen ihre Ohnmacht nicht gerne öffentlich zu.

Denn zum Unterschied von den Lehrern gibt es ein massives Überangebot von jobsuchenden Psychologen. Die freuen sich alle schon auf feste Anstellungen im Schuldienst. Den Lehrern und Schülern wird dies freilich nur wenig nützen. Es muss um Erziehung und Konsequenzen gehen, nicht um Jobs. Aber das werden wir erst einige Jahrzehnte und Milliarden später mit Staunen erkennen.

Auch wenn es schon sein kann, dass der eine oder andere Psychologenposten wirklich hilfreich ist, so liegt die Lösung des Problems vor allem in der Rücknahme vieler der skizzierten populistischen Schul-„Reformen“ der letzten Jahrzehnte (also durchaus auch aus der Zeit einer schwarzen Ministerin).

Auch ist der ÖVP-Vorschlag in vielen Details noch sehr unklar. Etwa: Was bedeutet die Umstellung der Lehrverpflichtung von Unterrichtsstunden auf Präsenzstunden genau? Muss es dann nicht auch das Recht jedes Lehrers auf einen Arbeitsplatz, auf Computer und Schreibtisch geben? Und wie teuer kommt das? Wo ist der Platz dafür?

Dennoch geht der Vorschlag in die richtige Richtung. Alleine der Umstand, dass etliche gehaltsrelevante Entscheidungen in die Schulen verlegt werden sollen, ist sehr positiv. Ebenso muss man erleichtert sein, dass jetzt der Generaltenor der Schuldebatte nicht mehr auf der ständigen Lehrerbeschimpfung durch die beiden SPÖ-Ministerinnen und die Herren Androsch und Schilcher liegt. Lehrer zu sein ist vielmehr eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben einer Gesellschaft. Daher verdienen Lehrer prinzipiell jede Anerkennung – wenn wir uns einmal von den zehn bis zwanzig Prozent schwarzen Schafen getrennt haben.

Angesichts all dieser Probleme ist es jedenfalls absurd zu glauben, dass noch im Juni ein neues, in allen Details durchdachtes Lehrerrecht beschlossen werden kann. Sind doch im September Wahlen. Daher wird es wohl auch nicht mehr dazu kommen. Und wenn doch, können die Neuregelungen nur schlecht und huschpfusch kommen.

Die Hauptschuld am Stillstand trägt zweifellos eine Claudia Schmied, die ihre sieben Ministerjahre (neben der Lehrerbeschimpfung) fast nur für ihre Gesamtschulpropaganda verschwendet hat.

 

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