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Tirol: Kannibalismus und Kollateral-Gewinner

Das Wahlergebnis von Tirol ist nicht so überraschend, wie es auf den ersten Blick aussieht. Eigentlich ist es logisch. Und es ist weder das strahlende Verdienst von Günther Platter, noch der große Siegeszug der ÖVP.

Das Resultat ist ein erster Linie die Folge der Kannibalisierung der Parteienlandschaft. Elf Wahlwerber, vier sind nicht in den Landtag gekommen. So konnten die alteingesessenen Parteien trotz Verlusten ihre Mandatsstände halten. Wenn acht Prozent der Wählerstimmen verloren gehen, weil die gewählten Listen nicht in den Landtag einziehen können, sind die Mandate billiger – für die anderen.
Zersplitterter Protest kippt keine Mehrheiten.
Der Handlungsbedarf für alle Parlaments-Parteien ist aber angesichts der September-Bundeswahl groß.
Michael Spindelegger wird Stärke zeigen müssen: Wenn er den Kollateral-Gewinner Platter nicht auf Linie bringen kann – besonders in Sachen seiner Rot-Anbiederung bei der Gesamtschule – dann sind seine Karten im September schlechter, als sein von vornherein überzogener „Jahr der ÖVP“-Optimismus vorgibt.
Die Grünen haben einen weiteren Beweis erhalten, dass sie es nicht zu mehr als zum Umfrage-Sieger bringen. Das können sie sich auch mit ihrem marginalen Zugewinn inmitten lauter Verlierer nicht schön reden.
H.C. Strache ist von dem geplanten „Duell um den Kanzler“ so weit entfernt wie viele seiner Übertreibungen von der Realität. Seine Konkurrenz sitzt offensichtlich nicht am Ballhausplatz, sondern im reichen Angebot anderer Proteststimmen-Fischer.
Ja und die SPÖ: Bei ihr ist Alarmstimmung angesagt. Dass angesichts eines derart schwächelnden Zustands vor dem Urnengang weitere Verluste für die Kanzler-Partei möglich waren, ist überraschend. Werner Faymann sagt, er wird sich für die Nationalratswahl stärker bemühen. Das heißt wohl, dass eine noch heftigere Inseratenflut aus Steuergeld wie warmer Regen über den Boulevard ausgegossen wird. Und dass die Sudel-Kanonen des Norbert Darabos nicht mehr still stehen werden. Wenn Salzburg am nächsten Sonntag der nächste rote Dämpfer wird, dann werden wir mit einer neuen Negativ-Qualität dessen rechnen müssen, was in anderen Ländern eine politische Auseinandersetzung ist.
Bleibt die erste Pleite für Frank Stronach: Was sie wirklich heißt, werden wir erst wissen, wenn der selbst ernannte Heilsbringer Stellung nimmt. Es stimmt zwar, dass seine Listenprobleme in Tirol groß waren. Hat man je irgendwo Kandidaten erlebt, die die Wähler gebeten haben, sie nicht zu wählen? Aber auch jenseits dieser Groteske: Was sagt der Mann, der sich im Besitz der Wahrheit wähnt, zu diesem Ergebnis? Ist es vielleicht auch eine Wahrheit, dass unkritisches Kandidaten-Shopping zu wenig ist? Und hält Frank Stronachs Selbstbild die Zurückweisung durch den Wähler überhaupt aus – auch wenn diese in einer Demokratie dazu gehört?
Eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl. Aber sie hat ihre prekären Auswirkungen.

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