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Von den Medien bisher ignoriert hat der Verfassungsgerichtshof nun eine Entscheidung zu einer medienpolitischen Episode gefällt, die im Sommer 2011 viel Staub aufgewirbelt hatte. Das Gericht wies rechtskräftig die von linken Antikirchenhetzern ausgelöste Frontalattacke auf den stellvertretenden Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich zurück. Anlass: Dieser hatte in einem Mail empfohlen, angesichts der unklaren Meldungslage den norwegischen Massenmörder B. nicht als „christlich“, sondern als „Rechtsextremisten“ zu bezeichnen. Die deswegen losbrandende Aufregung hatte dann auch bei den Aufsichtsinstanzen die (dort fast übliche) Unterstützung bekommen. Jetzt aber machte des Höchstgericht erstmals klar, worin die medialen Freiheiten eines Mediums und die eines dort beschäftigten Journalisten bestehen.
Die nun juristisch gescheiterten Antikirchenhetzer sind übrigens zum Gutteil dieselben Menschen, die jetzt hinter dem ominösen Antikirchen-Volksbegehren stehen.
Zur Sache selbst: Es war ja schon unverständlich, dass das überaus vorsichtig gehaltene Mail des Niederösterreichers Ziegler (fast des letzten Nichtlinken im ORF) 2011 überhaupt Aufregung ausgelöst hat. Das Ziegler-Mail war von vorsichtigen Vokabeln wie „wohl“ und „eventuell“ gespickt. Und die inkriminierte Passage lautete mehr als zurückhaltend: „Hier sollten wir bei der Formulierung besonders sensibel vorgehen“.
Diese Aufregung hat aber gezeigt, dass im ORF eine gleichgeschaltete Mehrheit den Ton anzugeben und jeden Nichtlinken mundtot zu machen versucht. Allerdings musste sich die ORF-Führung formal auf die Seite Zieglers stellen und hat auch eine sehr ordentliche anwaltliche Unterstützung veranlasst.
Jedenfalls brandete damals der Sturm der linken Entrüstung und der üblichen Redaktionsvertreter über den Niederösterreicher los. Das war offenbar ja auch für die dem Kanzleramt unterstehende KommAustria und den Bundeskommunikationssenat Anlass, ebenfalls das Mail des stellvertretenden NÖ-Chefredakteurs zu verdammen.
Erst der VfGH stellt nun klar, dass dessen Aufforderung keine Rechtsverletzung darstellte. Denn nicht nur der einzelne Redakteur habe eine journalistische Freiheit; vielmehr stehe auch der ORF (für den ein stellvertretender Chefredakteur ja handelt) unter dem Schutz der Rundfunkfreiheit. Was auch die Menschenrechtskonvention so sehe. Überdies wird das Mail ob seines vorsichtigen Tons vom VfGH ausdrücklich als „Empfehlung“ qualifiziert.
Gleichzeitig hält der Verfassungsgerichtshof aber auch fest, wo die Grenzen der Weisungsrechte eines Vorgesetzten liegen. Ein solcher darf im ORF nicht anordnen, Tatsachen zu unterdrücken, bestimmte Quellen nicht auszuwerten oder recherchierte Fakten unberücksichtigt zu lassen.
Nichts davon ist aber durch das Ziegler-Mail erfolgt.
Diese vom VfGH festgehaltenen Punkte haben aber auch große Relevanz für das Verfahren, das über 500 Tagebuch-Leser gemeinsam mit mir gegen den ORF angestrengt haben. Darin war es um die Weisung des Fernseh-Chefredakteurs Dittlbacher gegangen, einen PR-Wunsch der Arbeiterkammer in der „Zeit im Bild“ zu erfüllen. Dieses Verfahren haben wir bisher bei der KommAustria und beim Bundeskommunikationssenat verloren (von denen auch Ziegler jeweils verdammt worden war). Es ist nun beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
Die Dittlbacher-Weisung setzte sich damals jedoch direkt über die Recherche-Ergebnisse einer Redakteurin hinweg; sie war eine direkte Folge einer AK-Intervention (was auch gar nicht geleugnet wird); und sie führte zur durch ihre Einseitigkeit bewusst falschen Meldung zugunsten der Arbeiterkammer (hingegen blieb die in einer früheren negativen Meldung erwähnte Landwirtschaftskammer bei dem von Dittlbacher veranlassten „Korrektur“-Beitrag plötzlich unerwähnt).
Mit anderen Worten: Der Dittlbacher-Eingriff erfüllt alle Voraussetzung für das, was laut VfGH ein Vorgesetzter im ORF nicht darf. Und er war jedenfalls viel konkreter als eine bloße Empfehlung.
Also wird auch das noch spannend.