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Man fasst es einfach nicht. Es passiert immer wieder dasselbe. Zuerst hat die ÖVP durchaus vernünftige Vorstellungen. Und dann schließt sie mit der SPÖ schwachsinnige Kompromisse. Nur weil es ihr offenbar irgendjemand als sinnvoll einredet, dass die Koalition halt irgendetwas beschließe, selbst wenn die ÖVP dabei weitgehend die Vorstellungen der SPÖ übernimmt. Das ist aber ein kompletter Holler, für den die ÖVP noch bitter büßen wird. Das gilt neuerdings auch besonders stark für den Wissenschafts- und Bildungsbereich, bei dem die Menschen besonders sensibel sind. Das gilt damit auch bei der nun angeblich geregelten gemeinsamen Lehrerausbildung.
Als nächstes wird wohl auch beim Bereich Wohnen dasselbe passieren: Statt dass man wenigstens ein paar Schritte in die einzig sinnvolle Richtung macht, nämlich mehr Markt im Wohnungsbereich, damit es wieder mehr Wohnungen gibt, wird man am Ende wieder mehr Sozialismus und Regulierung beschließen, worauf es vielleicht drei nette Leitartikel in den Mainstream-Medien, aber noch weniger Wohnungen geben wird. Denn die ÖVP hat sich halt total an einen Retro-Koalitionspartner gekettet.
Sie glaubt offensichtlich noch immer oder schon wieder, bei den Wählern kämen ständiges Umfallen und Beschlüsse um der Beschlüsse willen gut an. Nur weil es ein auf Faymanns Schoß sitzender Kronenzeitungs-Redakteur so schreibt. Offenbar sind der ÖVP ihre sehr relativen „Erfolge“ in Niederösterreich, Kärnten und bei der Heeresabstimmung ins Hirn gestiegen. Offenbar will sie halt jetzt wieder Wähler Richtung Stronach und FPÖ vertreiben. Offenbar hat sie sich dazu deutsche Wahlkampfberater geholt. Good luck.
Heute befassen wir uns konkret mit dem diese Woche groß gefeierten Konsens in Sachen Lehrerausbildung. Und dem dabei gebauten Mist. Von diesem Generalurteil kann man nur einen Bereich des Reformpakets – eventuell – ausnehmen: Das Versprechen, künftige Lehrer aller Art am Beginn des Studiums zu testen, ist im Prinzip gut. Freilich wird’s auch dabei auf das Wie ankommen.
Denn eigentlich gibt es ja jetzt schon eine Aufnahmsprüfung in die Pädagogischen Hochschulen. Und dabei haben diese ganz offensichtlich in voller Länge versagt. Sonst hätten wir ja nicht gerade in den Volksschulen flächendeckend gravierende Probleme inhaltlicher wie pädagogischer Art. Wenn angehende Pädagogen nicht rechtschreiben können, hätten sie niemals an eine PH zugelassen und dann auf die Kinder losgelassen werden dürfen. Um nur ein einziges der vielen krassen Defizite unserer Lehrer zu nennen. An den PH ist man ja weder willens noch imstande, das nachzuholen, was die jungen Menschen in zwölf Schuljahren an Grundkompetenzen nicht gelernt haben. Dort werden nur realitätsfremde pädagogische Theorien verzapft. Das Ergebnis kann man an den Leistungen der Volksschulen ablesen.
Natürlich wäre es gut, wenn künftige Lehrer zuerst wochenlang getestet würden, ob sie die grundlegenden Kulturtechniken beherrschen und ob sie nervlich in ihrem Verhalten einem Haufen Kinder, einem Haufen pubertierender Burschen und Mädchen und den intellektuell durchaus herausfordernden Schülern einer Oberstufe gewachsen sind. (Ich bleibe übrigens bei den allgemein vertrauten Bezeichnungen, auch wenn das Lebenswerk vieler Pädagogik-„Wissenschafter“ primär darin zu bestehen scheint, immer wieder neue Bezeichnungen wie „Sekundarstufe“ zu oktroyieren).
Die realistische Erwartung lautet aber: Statt den Studienbeginnern die Chance zu geben, sich auch selber zu testen, ob sie das schaffen, wird die Testphase wohl vor allem in einer Jobbeschaffung für viele Psychologen bestehen. Was eher kein gutes Ergebnis verspricht.
Aber die Einführung dieser Testphase ist jedenfalls noch immer das Positivste am Koalitionskompromiss. Alles andere ist schlicht absurd.
An der Spitze der Absurditäten steht die formale Aufwertung der Pädagogischen Hochschulen. Diese haben keinerlei wissenschaftliche Qualifikation und ihre pädagogische Bilanz ist erbärmlich. Dazu kommt, dass sie von der Unterrichtsministerin wie eine Parteisektion geführt werden: Rektoren, die in Interviews andere Meinungen als die Ministerin äußern, werden von ihr kurzerhand vor die Tür gesetzt.
Und diesen Institutionen will die ÖVP nun das Recht zur Verleihung von universitären Graden wie Bachelor und Master verleihen. Dabei hatte diese Partei einst das Verdienst ,die Unis wirklich in die Selbstständigkeit zu entlassen. Man fasst es einfach nicht, wo sie heute steht.
Die zweite große Absurdität ist die gewaltige Verlängerung der Lehrerausbildung, vor allem jener für die Pflichtschulen. Mindestens fünf bis fünfeinhalb Jahre soll es dauern, bis man auch nur ein fertiger Volksschullehrer ist! Derzeit hat das drei Jahre gedauert. Und vor einigen Jahren hat man sogar mit einer nur um ein Jahr verlängerten Gymnasialausbildung Pflichtschullehrer werden können.
Schon das Ergebnis der Ausbildungsverlängerung von eins auf drei war nach allen vorliegenden Fakten ein jammervolles. Und jetzt geht’s gar auf fünfeinhalb. Als ob die Ausbildungsdauer mit der Qualität der Lehrer korreliert wäre.
Begründet wird die drastische Verlängerung mit dem strohdummen Satz einiger weltfremder Pädagogen: Es ginge künftig um Kompetenz statt Wissen. Es kann zwar niemand genau definieren, worin Kompetenz eigentlich besteht (außer in dem hanebüchenen Satz „Ich weiß, wo ich nachschaue“); aber alle Studenten wissen, dass sie künftig nichts mehr wissen müssen. Dafür aber müssen sie viel länger studieren.
Was noch schlimmer ist: Die koalitionären Luftschlossbauer wissen ganz offensichtlich nicht, was jeder Praktiker im Schulwesen weiß, nämlich wie dramatisch in den nächsten Jahren der Lehrermangel sein wird. Denn wenn sie es wüssten und dennoch diese Verlängerung beschließen, wäre der Beschluss wohl ein Fall eklatanten Amtsmissbrauchs.
Ursachen des schon ganz ohne „Reform“ bevorstehenden Lehrermangels sind nicht nur das hohe Alter vieler noch aktiver Lehrer und das Fehlen ausreichenden Nachwuchses, sondern auch die völlig verpfuschte Hacklerregelung von Faymanns Gnaden. Diese bringt gerade im heurigen Jahr viele Lehrer dazu, vorzeitig in Pension zu gehen. Man will nur den anrollenden Tsunami vor den Wahlen noch geheim halten.
Mit anderen Worten: Während sich die Minister derzeit noch der verlängerten Ausbildungszeiten brüsten, werden sie in den nächsten Jahren mit Verzweiflung nach irgendwelchen Lehrern suchen müssen. Dabei werden sie Gott oder Karl Marx danken können, wenn sie hie und da wenigstens einen völlig ungeprüften Studenten finden.
Freilich: Herr Töchterle wird vielleicht nicht mehr allzu lange aktiv sein, und Frau Schmied wird sich wohl eher mit den Strafgerichten ob der Kommunalkredit-Pleite herumschlagen müssen als mit dem von ihr angerichteten Schuldesaster.
Die dritte Absurdität besteht darin, dass man jetzt für Lehrer an Hauptschulen, pardon „Neuen Mittelschulen“ (und natürlich auch den in Wien seit langem existierenden alten) die gleiche Ausbildung plant wie für Gymnasiallehrer. Damit hat die SPÖ eine weitere Stufe auf ihrem Weg zur zwangsweisen Einheitsschule gezimmert.
Versteht jemand, warum die ÖVP da zugestimmt hat? Hatte sie doch mit der unter Spindelegger endlich wieder glaubwürdig gewordenen Ablehnung der Gesamtschule wenigstens ein ebenso richtiges wie wählertaugliches Thema gefunden. Diese scheinbar klare Haltung der ÖVP kann aber nun eine rote Unterrichtsministerin spielend umgehen, indem sie Absolventen, die nie etwas anderes gesehen haben als eine PH, plötzlich in Gymnasien unterrichten lässt. Sie hat dabei (wieder einmal) in einem Steirer namens Schnider einen raffinierten Helfershelfer gefunden, der theoretisch zwar noch immer bei der ÖVP ist, aber innerlich als glühender Gesamtschul-Apologet agiert.
Wird jedoch das Masterstudium wirklich ein ernst zunehmendes sein, dann hat das noch eine weitere Schattenseite: Viele Lehrer werden von dessen hochgestochenen wissenschaftlichen Ansprüchen abgeschreckt, obwohl sie von ihrer Persönlichkeit eigentlich durchaus für Hauptschulen geeignet wären. Die Zahl solcher Lehrer ist angesichts der großen Schwierigkeiten eines Umgangs mit der rasch wachsenden Zahl von bildungsfernen Migrantenkindern ohnedies nicht allzu groß. Denn pädagogische Begabung geht selten Hand in Hand mit wissenschaftlichem Interesse.
Um Kindern die Grundrechnungsarten beizubringen, braucht man keine Universitäts-Mathematik. Und gerade an diesen Grundrechnungsarten, am Rechtschreiben und am Grüßen hapert es bei den Endprodukten unseres Pflichtschulsystems. Dennoch sollen aber sogar Volksschullehrer künftig einen Master machen müssen, wenn sie einen unbefristeten Vertrag ergattern wollen.
Das einzige, was die ÖVP offenbar an gesundem Menschenverstand da in das Paket hineingebracht hat, betrifft die Kindergärten. Die Partei hat wenigstens verhindert, dass auch Kindergärtnerinnen (die in der gerade aktuellen P.C.-Version KindergartenpädagogInnen oder so ähnlich heißen) einen Master haben müssen. Wenn dieses rotgrüne Lieblingsprojekt Wirklichkeit geworden wäre, würden auch die Kindergärten gegen die Wand fahren.
Wissenschaftsminister Töchterle ist es mit seiner Zustimmung zu dieser Pseudoreform überdies geglückt, die Rektoren endgültig zu verstimmen. Dabei stand er ursprünglich sowohl in Sachen Uni-Zugang wie auch Studiengebühren wie auch Lehrerausbildung ganz auf deren Seite. Was ihm große Sympathiewerte nicht nur an den Unis, sondern auch in der Öffentlichkeit eingebracht hatte.
Aber das hat man der Manie geopfert, um jeden Preis ein Projekt abhaken zu wollen, nur weil dieses einst unter dem heillosen Josef Pröll auf eine Agenda gesetzt worden war. Dabei hat man aber nicht einmal die Lächerlichkeit beseitigen können, dass gleich zwei verschiedene Ministerien für Hochschulen zuständig sind. Und dass diese Lächerlichkeit nun auch die gesamte Lehrerbildung prägen wird.
Das ist eben das Ergebnis einer solchen geistig sehr kleinen Koalition wider jede Natur und Vernunft.
PS.: Ach ja, noch etwas war den beiden Ministern völlig wurscht: Das was sie jetzt beschlossen haben, kostet rund eine Milliarde zusätzlich, alleine an Lehrergehältern, ohne die Zusatzkosten an Unis und PH gerechnet. Jährlich. Und in Euro, nicht etwa Schilling.
PPS.: Zu schlechter Letzt hat in diesem Thema das ORF-Radio sein einst positives Image weiter verspielt. Es lud natürlich nur Claudia Schmied zu dem Thema als Gast ins Journal. Der wirkliche Skandal waren dabei die völlig unkritischen Fragen an die Ministerin. Der einzige Hauch von Kritik klang nach der extrem linken Denkweise der Grünen, die dann vom ORF als "Experten"-Sicht ausgegeben wurde. Motto: Warum habe sich Schmied nicht auch bei den Kindergärten gegen die ÖVP durchgesetzt? Man höre dazu den Kontrast in welch staatsanwaltlichem Ton dort Schwarze und Blaue verhört und ständig unterbrochen werden.