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SN-Kontroverse: Papsttum

In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel Kontroverse, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist das Papsttum noch zeitgemäß?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Menschennähe statt Dogmen

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Katholikinnen und Katholiken weltweit wissen, dass das Papsttum derzeit nicht zeitgemäß ist. Der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. hat die Kirche dem neuen Papst aus Argentinien stark reformbedürftig hinterlassen. Der erste lateinamerikanische Papst wird neue Wege beschreiten müssen, nach außen und nach innen. Franziskus I. wird gut daran tun, den Umgang mit Angehörigen andere Religionen zu entkrampfen und das Verhältnis zu den einfachen Mitgliedern der Katholischen Kirche auf Augenhöhe zu gestalten.

Unvernünftig, unverständlich, menschen- und lebensfeindlich ist das Festhalten am Zwangszölibat. Jene, die sich mit sexuellen Missbrauchsfällen im katholischen Umkreis auseinander setzten mussten, weisen deutlich darauf hin, dass das Zölibat eine der Hauptursachen für viele Übergriffe ist. Insgesamt ist die Haltung zur Sexualität verkrampft. Eine Kirchenführung, die ihren Mitgliedern die Verwendung von Empfängnisverhütungsmitteln verbietet, weiß wenig über die wirklichen Probleme der Menschen. Verzopft, veraltet und verkrampft ist das Verhältnis gegenüber Frauen. So als wären sie Menschen zweiter Klasse. Die Pfarrinitiative verlangt mit vielen guten Gründen einen Papst, vor dem alle Menschen, Frauen und Männer, gleich sind an Würde und Rechten - wie vor Gott; einen Papst, der nicht regieren will, sondern die Kirche anleitet und ihr hilft, sich selbst zu regieren; einen Papst, der nicht so sehr Stellvertreter Christi, sondern Stellvertreter der Gläubigen bei Gott sein will; einen Papst, der statt die Einheitlichkeit der Kirche zu fordern, ihre Einheit in der Verschiedenheit fördert; einen Papst, der statt die Unterschiede der Konfessionen und Religionen deren Gemeinsamkeiten betont; einen Papst, der weniger Dogmen, Zucht, Ordnung predigt, sondern Freude, Hoffnung, Zuversicht.

Will Papst Franziskus I. die Kirche zeitgemäß gestalten, hat er viel zu tun.


Die Zeit ist ein ganz schlechter Ratgeber

Andreas Unterberger

Es ist geradezu amüsant, wenn in zahllosen Kommentaren derzeit verlangt wird, das Papsttum, die Kirche, der Katholizismus solle endlich zeitgemäß werden. Die große Mehrzahl der Katholiken – wenn man von ein paar Schüllers absieht – will das nämlich keineswegs. Dazu ist diese "Zeit" auch viel zu wenig attraktiv: mit ihrer Zerstörung der Familie, mit ihren radikalfeministischen Blüten, mit ihrer Konsumorientierung, mit ihrem Verlust von persönlicher Verantwortung in Wirtschaft und Gesellschaft, mit ihren korruptionären Sümpfen, mit ihrer Verstaatlichung – und damit automatisch Destruktion – der individuellen Aufgabe der Nächstenliebe.

In jenen Phasen ihrer Geschichte, wo die Kirche "zeitgemäß" war, ist es ihr besonders schlecht gegangen, etwa als die Renaissancepäpste ein genauso mieses Lotterleben führten wie die anderen Renaissancefürsten ihrer Zeit. Oder als Priester im Zuge der "sexuellen Befreiung" der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts reihenweise des Missbrauchs an Jugendlichen schuldig wurden, so wie die staatlichen Erzieher jener Zeit etwa auch in grünen Vorzeige-Internaten (nur mit weniger schlechtem Gewissen).

Hätte das Christentum in seinen Gründungsjahrhunderten "zeitgemäß" sein wollen, dann hätte es nicht zahllose Gläubige zum Märtyrertod geführt, sondern halt "zeitgemäß" die jeweils regierenden Kaiser als Götter anerkannt und ihnen geopfert. Nach dem zeitgemäßen Wort: Eh wurscht. Aber es war sich damals der Worte seines Gründers voll bewusst: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Zum Glück für die Kirche deutet alles darauf hin, dass auch der neue Papst mit seiner total unzeitgemäßen Demut und Bescheidenheit mehr auf die dauerhaften Werte seiner Kirche schauen wird. Und nicht auf die oberflächlichen Kommentare vieler Journalisten – von denen noch dazu der Großteil keinerlei inneren Bezug zur Kirche hat.

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