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Erwin Pröll ist neben Frank Stronach sicher das erstaunlichste Phänomen dieses Wahlsonntags. Zum dritten Mal in einem einst so umkämpften Bundesland die absolute Mehrheit an Stimmen wie Mandaten zu holen, ist eine ebenso eindrucksvolle Leistung, wie es Frank Stronachs Erfolg ist, in zwei völlig verschiedenen Bundesländern beim ersten Antreten jeweils rund zehn Prozent zu erreichen. Das muss man ehrlich anerkennen – auch wenn man so wie ich gegen beiden Herren große Skepsis hegt.
Beide Männer beherrschen perfekt die Regeln des politischen Spiels. Beide biedern sich nicht an die Medien an, wie es die anderen Spitzenpolitiker in ihrer Substanzlosigkeit tun. Auch H.C. Strache benimmt sich ja bei Interviews zunehmend wie ein Musterschüler.
Beide haben zum Unterschied von allen anderen Akteuren begriffen, dass Journalisten – und der ORF ganz speziell – extrem unpopulär sind; und dass man leichter gegen die Medien Wahlen gewinnt als mit ihnen. Pröll behandelt daher folgerichtig Journalisten schlecht; und Stronach springt ihnen bei Fernsehinterviews mit dem Hintern ins Gesicht, bevor sie auch nur eine Frage an ihn richten konnten. Beide profitieren damit von der Aversion der Menschen gegen die wachsende Verkommenheit der Journalisten und Medien, deren Käuflichkeit, deren Bildungsdefizite, deren Korruption, deren Skrupellosigkeit. Dabei übertünchen sie völlig, dass auch sie sich durchaus Medien durch die Macht ihres Amtes oder die Kraft ihres Geldes gefügig gemacht haben.
Pröll wie Stronach sind jedenfalls kantige Persönlichkeiten. Sie zeigen eben gerade mit ihren Kanten, dass sie eine solche sind. Die anderen Akteure in der politischen Arena hingegen haben unter dem Einfluss ahnungsloser Medienberater all ihre Kanten abgeschliffen. Bis dann keine Persönlichkeit mehr übrig war.
Beide führen ihre Parteien wie ein Einmann-Unternehmen und als bloße Abnick- und Jubel-Organisationen. Gremialdemokratie, abweichende Meinungen, Flügelkämpfe, Aufbegehren, gar Differenzen sind da wie dort völlig unvorstellbare Vorgänge. Wer nicht strammsteht, fliegt. Das ist damit noch nicht undemokratisch – auch wenn ich mich selbst in einer solche Partei eher nicht wohlfühlen würde. Aber man muss einfach wissen: Die Menschen wollen in Wahrheit vor allem anderen Persönlichkeiten in Spitzenpositionen haben. Sie wählen solche und keine Gremien (oder Wahlkreisabgeordnete).
Beide Politiker sind auch alles andere als große Intellektuelle, die irgendein Problem ganz durchgedacht hätten. Aber sie finden Respekt und Anerkennung, weil sie den Zug zum Tor, den Willen zur Macht haben. Und vor allem haben sie einen großen Instinkt dafür, was bei den Menschen ankommt.
Trotzdem wird Stronach auch in zehnstündigen Wortkaskaden nicht beantworten können, was er etwa mit seinen wirren Vorstellungen von einer neuen Währung meint. Und Pröll befasst sich keine Sekunde mit dem Faktum, dass Niederösterreich in wenigen Jahren sehr labil dastehen wird, weil er die Wohnbaukredite zum Teil „für soziale Zwecke“ unters Volk bringen hat lassen.
Allerdings kann der niederösterreichische Landesvater mit Recht darauf verweisen, dass die anderen süd- und ostösterreichischen Bundesländer sogar schon das gesamte Geld aus den vorzeitig versilberten Wohnbaukreditrückflüssen verjubelt haben. Und nicht nur einen Teil. Dass also bei den anderen gar nichts mehr zum Anlegen übergeblieben ist, für jene „Spekulationen“, die andere Parteien Pröll zum Vorwurf gemacht haben.
Noch ein aktueller Hinweis zur Berechtigung des verbreiteten Misstrauens gegen die Medien: Man schaue nur, welche Gruppierungen in den letzten Jahren medial hochgejubelt worden sind: die Piraten, die Wutbürger, Attac, die Empörer, diverse Volksbegehrer, die „99 Prozent“ und so weiter. Wo sind die Verkörperungen dieser Schlagzeilen eigentlich alle an diesem Sonntag geblieben? In Luft aufgelöst. Die Medien haben ihre einstige Aufregung (die in Wahrheit politische Sympathie gewesen ist) zwar längst vergessen. Aber die Bürger haben nicht vergessen, dass sie so oft an der Nase herumgeführt worden sind.
Das Allerwichtigste aber an diesem Sonntag des Erwin P. und des Frank S. ist auch das Erfreulichste für einen Liberalkonservativen: Das ist ihre Positionierung. Denn wenn es inhaltliche Aussagen von Stronach gab, dann waren es durchwegs die eines klassischen (Neo-, Paläo-)Liberalismus. Und Pröll kann sich jedenfalls zugute schreiben: Er ist trotz seiner seltsamen Vorliebe für drittklassige Linkskünstler ein klassischer Konservativer. Niederösterreich tut mehr für die Familie als andere Bundesländer. In dem Land wird zum Unterschied von Wiens öffentlichen Schulen Leistung, Vielfalt und Differenzierung noch hoch gehalten. Um nur einige Bereiche zu nennen.
Muss man nicht auch die Kärntner Sozialdemokraten in dieses Doppelporträt der großen Sieger hineinnehmen? Nein, muss man nicht. Wenn die SPÖ zum erstenmal nach mehr als sieben Jahren ununterbrochener schwerer Niederlagen bei sämtlichen(!) Wahlgängen erstmals einen Zugewinn erzielt und dabei primär von der Implosion der Kärntner Freiheitlichen profitiert, ist das keineswegs mit dem Erfolg dieser beiden Männern vergleichbar. Man darf beispielsweise nicht vergessen: Die SPÖ hat beispielsweise 2004 besser abgeschnitten als heute, auch wenn sie damals keine Chance gegen einen überlegenen Jörg Haider gehabt hat.