Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Eigentlich hätte die Politik der Europäischen Zentralbank und der Euro-Staaten in den letzten zweieinhalb Jahren den Kurs des Euro hinuntertreiben müssen. Eigentlich gehen Anleger nicht gerne in eine Währung, wo die Zinsen fast extrem gering sind, und wo die Schulden raketenartig steigen. Eigentlich hätte ein solcherart ausgelöster Währungsverfall Griechen, Spaniern, Franzosen und vielen anderen helfen müssen, endlich wieder annähernd so viel zu exportieren, wie sie importieren.
Nur: Wo sollen Pensionsfonds, Anleger, Versicherungsgesellschaften denn sonst ihr Geld anlegen, wenn auch alle anderen großen Währungen unbegrenzt nachgedruckt und damit entwertet werden? In Japan, Großbritannien oder den USA ist das nämlich ebenso der Fall. Niedrige Zinsen allüberall. Da ist Europa, wo wenigstens noch Deutschland als stark gilt, noch ein akzeptabler Ankerplatz. Dadurch ist der Euro stark geblieben. Damit aber hilft auch die Niedrigzinspolitik der EZB den armen Südeuropäern nichts.
Nur eine Zahl, die zeigt, dass andere Währungsregionen mindestens genauso gemieden werden: Alleine im Vorjahr haben 60 große US-Firmen 127 Milliarden Euro im Ausland deponiert, statt sie ins Land fließen zu lassen. Das hängt mit Steuern ebenso wie mit der Währungspolitik zusammen.
Ein Kursverfall des Euro hätte die darbenden Länder des Südens mit Sicherheit wieder wettbewerbsfähiger gemacht. Ohne Kursverfall kommen sie aber noch viel schwerer aus der Krise heraus. Kein Wunder, dass das Münchner ifo-Institut die europäischen Rettungsversuche als "stümperhaft" abstempelt. Und immer wieder muss man festhalten, dass die Südländer die Krise mit einer eigenen Währung nie in diesem Ausmaß erlitten hätten.
Wechseln wir zum nächsten peinlichen Fehler: Schockierend falsch sind auch die europäischen Initiativen gegen die hohen Manager-Bezüge. Zwar ist deren Höhe für Normalsterbliche provozierend und unverständlich. Aber gerade aus jenen Betrieben, wo es diese hohen Bezüge gibt, hört man interessanterweise keine Proteste.
Denn die Aktionäre und Mitarbeiter wissen – oder sind zumindest davon überzeugt –, dass gute Spitzenmänner ganze Unternehmen retten können. Aktionäre und Mitarbeiter haben auch gesehen, dass in manchen globalen Konzernen in schlechten Jahren wie 2009 die Vorstandsmitglieder sogar ein Minuseinkommen hinzunehmen hatten (weil die Aktien, die sie als Boni erhalten hatten, und die in klugen Unternehmen meist erst viele Jahre später verkauft werden dürfen, dramatisch an Wert verloren haben).
Die meisten Europäer wissen das aber nicht. Denn die Medien schreiben ja nur über sehr hohe Manager-Gagen, nie über negative. Daher ist diese Anti-Managerbezüge-Kampagne auch sehr populär.
Die Kampagne und die diesbezüglichen Aktionen populistischer Abgeordneter wie Othmar Karas sind auch deshalb falsch, ja eigentlich skandalös, weil nur gegen die Bezüge der Manager, nicht aber gegen die oft noch höheren von Spitzensportlern und Promikünstlern vorgegangen wird. Denen will interessanterweise niemand an die Gage. Dabei sind ja auch Sportler-Verträge fast immer Bonus-orientiert, also erfolgsabhängig.
Es darf aber eigentlich nicht wahr sein, dass gegen jemanden, der tausende Arbeitsplätze rettet, von Politik und Medien hemmungslos gehetzt wird, dass aber niemand etwas über Fußballer sagt, die Riesenbeträge nur deshalb bekommen, weil sie ein paar Tore mehr schießen.
Hinter dieser Diskrepanz steht auch eine merkwürdige mediale Tatsache: Während Wirtschafts-Journalisten den Objekten ihrer Berichterstattung eher kritisch gegenüberstehen, fühlen sich Sport- und Kultur-Journalisten grundsätzlich als Sympathisanten der jeweiligen Szene. So werden von den Sportjournalisten weder die exorbitanten Gehälter kritisiert, noch werden beispielsweise die bisweiligen Antidoping-Initiativen geschätzt. Statt dessen verlangen sämtliche Sport- und Kulturredaktionen regelmäßig nach mehr Subventionen für ihre Schützlinge. Diese Journalisten glauben offenbar, dass sie durch ihre unkritische Haltung dem Sport beziehungsweise der Kultur helfen (und damit sich selber). Und die Politik tut ja fast immer ohnehin nur das, was die Medien wollen.
Manager sind derzeit jedenfalls Freiwild. Daher nimmt die Politik auch die schädlichen Folgen ihres Versuchs in Kauf, die Gehälter bei privatwirtschaftlichen Unternehmen zu reduzieren. Eine Folge ist mit Sicherheit die derzeit rasch wachsende Schwierigkeit, Spitzenkräfte für die europäische Wirtschaft zu engagieren. Eine weitere Folge sind die Überlegungen großer europäischer Firmen, ihren Firmensitz aus Europa hinaus zu verlegen.
Diese Überlegungen werden noch durch die parallel laufenden Pläne von elf EU-Ländern bestärkt, den Aktienhandel zu besteuern. Denn das wird natürlich Aktien von Unternehmen dieser Länder – weit über die Kosten der Finanztransaktionssteuern hinaus! – massiv entwerten.
Besonders schlimm ist es in Österreich, wo über die europäische Finanztransaktionssteuer und die Gehaltslimitierungsaktionen hinaus der Standort bereits durch nationale Aktionen schwer beschädigt worden ist: Hier wurde schon am Beginn der Regierung Faymann die Kursgewinnsteuer eingeführt; hier wurde gleichzeitig eine Bankensteuer dekretiert. Das heißt im Grund: Die Wiener Regierung arbeitet an einer Vertreibung von Banken aus Österreich. Statt dass alle Alarmglocken läuten, weil etwa die Bank Austria aus den genannten Gründen schon ohne viel Aufsehen wichtige Abteilungen aus Wien abgezogen hat, oder weil die Börsenumsätze in Wien dramatisch zurückgegangen sind, werden diese unangenehmen Konsequenzen der eigenen Handlungen einfach totgeschwiegen. Das ist Politik nach dem Motto „Kopf in den Sand“.
Und wo bleibt das Positive aus Europa? Um nicht ganz in Depressionen zu verfallen, seien erste zaghafte positive Signale aus Griechenland gleich festgehalten (wahrscheinlich über Gebühr): Eines davon ist der Tourismus in dieses sonnige Land. Er meldet für heuer um 20 Prozent bessere Buchungen. Das bedeutet zwar de facto nur, dass 2013 das Absacken der letzten Jahre überwunden werden könnte. Aber immerhin fällt auf, dass vor allem deutsche und österreichische Touristen nach einem dramatischen Ausbleiben wieder stärker bereit sind, nach Griechenland zu fahren (während es etwa bei den Briten gar kein Minus gegeben hatte).
Hauptursache der Besserung dürfte sein, dass seit Monaten keine Bilder von antideutschen Demonstrationen und Leitartikeln in die Wohnzimmer dieser beiden Länder übertragen worden sind. Das hat die Aversion – oder auch Ängste – der Touristen aus deutschsprachigen Ländern gegenüber einem Griechenland-Urlaub deutlich abflauen lassen. Freilich: Streiks der radikalen Gewerkschaften gibt es in dem Land nach wie vor jede Menge. Das könnte auch heuer so manches geplante Urlaubsvergnügen heftig beeinträchtigen. Aber wenigstens muss man nicht Angst um sein Leben haben, wenn man deutsch spricht. Und die Nichtstreikenden sind ja durchaus nette Menschen.
Die zweite positive Entwicklung können besonders intensive Optimisten aus den BIP-Zahlen herauslesen: Das griechische Bruttoinlandsprodukt ist nur um 5,7 Prozent gesunken, und nicht, wie prophezeit um 6 und mehr Prozent.
Der dritte Frühlingsvorbote könnte – könnte! – in der nun doch etwas härteren Regierungspolitik Athens bestehen. Die soeben wiederholten Beteuerungen des griechischen Finanzministers, dass eh alle Schulden zurückgezahlt würden, stoßen zwar auf mehr als natürliche Skepsis. Auch den Meldungen über angeblich härtere Steuerfahndungen durch die griechische Finanz will niemand mehr trauen. Denn ein neuer (interner) Bericht von EU und IWF sieht die Finanzämter des Landes nach wie vor als weder fähig noch willens, wirklich die geschätzten Steuern von rund 55 Milliarden einzutreiben. Es gebe sogar 130 griechische Steuerfahnder, die selbst Geld illegal ins Ausland geschafft haben!
Aber immerhin gibt es zum ersten Mal saftige Strafen für einige Korruptionisten. Sie wurden verhängt, nicht nur angedroht. Und immerhin gibt es in Griechenland in den letzten Monaten zum ersten Mal seit vielen Jahren einen Primärüberschuss. Das bedeutet: Griechenland nimmt derzeit mehr Steuern ein, als der Staat an Geld ausgibt – sofern man alle Ausgaben für Zins- und Rückzahlungen außer Acht lässt. In den letzten Jahren hat es hingegen immer auch ein massives Primärdefizit gegeben.
Bei aller Skepsis soll man daher die Hoffnung nicht ganz fahren lassen, dass sich irgendwann für die Griechen doch die vielen dürren Jahre gelohnt haben werden. Auch wenn die Hoffnung noch immer winzig klein ist.
Und auch in Spanien kann man bei verzweifelter Suche einen positiven Indikator vermelden: Die Lohnkosten pro Arbeitsstunde haben sich in einem Jahr um 3,1 Prozent reduziert. Ebenfalls ein winziger Schritt hin zu wieder mehr Wettbewerbsfähigkeit.
Dennoch bleibt Tatsache, dass Griechen, Spanier & Co sich und uns diese dürren Jahre erspart hätten, wenn sie nie in den Euro-Raum gegangen, beziehungsweise gelassen worden wären. Es wäre übrigens auch noch immer besser gewesen, wenn man die Griechen (und in der Folge andere Länder) schon im Mai 2010 zu finanzieller Eigenverantwortung gezwungen hätte, statt sie damals und seither immer wieder zu „retten“. Die Eigenverantwortung ist ja auch Teil der europäischen Verträge.
Dass in Südeuropa Realität und politische Rhetorik noch immer weit auseinanderklaffen, beweist auch eine neue Untersuchung der deutschen Notenbank. Sie zeigt, dass die privaten Vermögen in manchen Krisenstaaten die von Ländern mit stabilen Finanzen übersteigen! Alleine in diesem Umstand steckt so viel Sprengkraft, dass man sich mehr als schwer tut, die wenigen positiven Entwicklungen sehr ernst zu nehmen. Aber nach den schweren Fehlern der europäischen Politik bleibt uns ohnedies keine Alternative mehr, als uns an diese paar Strohhalme zu klammern.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.