Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Das Strafrecht ist die schärfste Waffe im Rechtssystem. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) ist recht zu geben, wenn sie dies im Zusammenhang mit der Diskussion im Fall "Rainer Brüderle" zu bedenken gibt. Bekanntlich wird dem FDP-Spitzenkandidaten von einer Reporterin des "Stern" sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der Skandal ist international unter dem Schlagwort "Dirndl-Affäre" bekannt, weil Brüderle gegenüber der Journalistin anzüglich meinte, sie könne ein "Dirndl ausfüllen". Gemeint war offenkundig der obere Teil des Kleidungsstücks, das in den Alpenländern eine Renaissance erlebt.
Kommentare zur "Dirndl-Affäre" gibt es unzählige. Neben dem Vorwurf des Sexismus, der gegenüber Brüderle erhoben wird, und der allgemein nachvollziehbar ist, meinte zum Beispiel die Berlin-Korrespondentin der spanischen Zeitung "La Voz de Galicia": "Die liberale Welt schien endlich wieder in Ordnung zu sein, bis eine Journalistin den politischen Veteranen als ,Lustgreis‘ brandmarkte. Ein Sexskandal? Nicht wirklich, aber die Anschuldigungen haben in jedem Fall eine Debatte ausgelöst, die den Wahlkampf belebt." Karin Zauner bringt in den SN die Debatte mit der Schlagzeile "Es geht um Macht, nicht um Sex" auf den Punkt.
Problematisch ist es, wenn, wie in der Tourismusbranche üblich, den Kellnerinnen vom Chef oder der Chefin das Tragen eines außerordentlich freizügigen Dirndlkleids sozusagen als "Arbeitsuniform" vorgeschrieben wird. Frei nach dem Motto "Sex sells". Eine strikte Verweigerung bis hin zur Klage vor dem Arbeitsgericht ist in solchen Fällen angemessen. Dass "Grapschen" hierzulande ebenfalls mit einer saftigen Geldstrafe verbunden ist, dürfte hoffentlich allgemein auch bei jungen Männern bekannt sein. Den deutschen "Lustgreisskandal" in Österreich zum Anlass zu nehmen, gleich das Strafrecht zu ändern, ist jedoch zu weit gegriffen.
Andreas Unterberger
Ein deutscher Minister hat an einer Bar alkoholisiert eine Journalistin geschmacklos angebraten. Das hat die in ihrer weiblichen Ehre gekränkte Dame zu großflächigen empörten Attacken motiviert - aber seltsamerweise erst ein Jahr danach. Sie ließ ganz "zufällig" genau zu dem Zeitpunkt ihre mediale Macht spielen, da der Mann Spitzenkandidat seiner Partei wurde und da sich die Chefredaktion der Illustrierten öffentlich erregte, dass diese Partei wohl auch im nächsten Bundestag sitzt. So viel zur Frage, ob das eine echte oder künstliche Aufregung ist.
Geschmacklosigkeiten durch blöde (oder gar "unkorrekte") Aussagen oder Witzchen hat jeder schon Hunderte Male in privaten Runden gehört (auch ich habe sie sicher schon gemacht, obwohl man bei sich selbst Dinge oft anders empfindet). Wie reagiert da ein normaler Mensch? Er verlässt die Runde; oder er sagt dem Sprecher die eigene Meinung; oder er erwidert Gleiches mit Gleichem; oder er ignoriert das Gesagte; oder er findet es nicht schlimm.
Politische Agitatoren hingegen nutzen das für eine Riesenkampagne gegen jene Partei, die einer linken Machtübernahme in Berlin noch im Weg steht; und unsere Frauenministerin will wieder einmal Männer vor den Strafrichter zerren.
Die langfristigen Folgen dieser Hysterie: Die Diktatur der politischen Korrektheit treibt die Menschen noch mehr in Verkrampfungen. Nur unter engsten Freunden plaudert man noch, ohne jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Strafprozesse werden häufiger und noch langwieriger. Kluge Politiker stehen oder sitzen nie mehr mit weiblichen Journalisten an einer Bar herum. Kluge Männer vermeiden es überhaupt, jemals mit einer Frau allein im Zimmer zu sein. Das Wort Flirt gerät in Vergessenheit, damit auch die vielen peinlich scheiternden Flirts à la Brüderle. Und Kinder entstehen ohnedies nur noch durch In-vitro-Fertilisationen.