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Josef Prölls letzte Niederlage

Der gesellschaftspolitisch nicht gerade als wertkonservativ bekannte Verfassungsgerichtshof hat nun praktisch alle Differenzierungen zwischen der Eheschließung und der homosexuellen Verpartnerung verboten. Das war freilich erwartbar gewesen. Das erinnert wohl ein letztes Mal an den unglückseligen Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll. Er hatte in seiner Amtszeit diese Konstruktion zu verantworten, die einen Kompromiss zwischen den wertkonservativen Österreichern und den lautstarken schwulen und linken Pressure groups darstellen sollte.

Auch bei der Verpartnerung darf es künftig ein Ja-Wort, Trauzeugen und feierliches Brimborium geben. So sagt nun der VfGH. Genau mit diesen subtilen äußeren Differenzierungen hatte Josef Pröll aber den Österreichern und seinen skeptischen Wählern damals einreden wollen, dass er einen signifikanten Unterschied zwischen der normalen Ehe und der schwulen Verpartnerung durchgesetzt habe. Dieser Unterschied war in Wahrheit aber von Anfang an nach der ersten Öffnung der Tür zur Verpartnerung nicht mehr haltbar, wie übrigens damals schon das Tagebuch prophezeit hatte.

Hätte Pröll wirklich liberal zu handeln versucht, wie er sich damals gerühmt hatte – obwohl er in Wahrheit nur unter dem Einfluss schlechter Berater gestanden war –, dann hätte er zwei andere, viel wesentlichere Themen aufgeworfen.

Erstens: Mit welchem Grund veranstaltet der Staat überhaupt bei der Schließung eines Vertrags eine große Zeremonie? Für den nichtreligiösen Staat ist ja eine Eheschließung nichts anderes als ein Vertrag. Dass sie für religiöse Menschen etwas anderes ist, ist ihm seit gut 90 Jahren völlig egal, und zwar zu Recht. Der Staat kümmert sich auch weder bei der Geburt noch beim Tod um irgendwelche Zeremonien – obwohl beides zweifellos existenziellere Momente im Leben jedes Menschen sind als eine Heirat. Man kann ja beliebig oft eine Ehe eingehen (nach Ende der vorherigen). Sterben und geboren werden ist jedoch ein absolut unwiederholbarer Vorgang. Dennoch beschränkt sich der Staat beide Male auf die Rolle als bloßer Beurkunder des Anfangs und Endes eines Menschenlebens (es sei denn, es gibt dubiose Todesumstände zu untersuchen). Er macht aber keine Geburts- oder Totenfeierlichkeit, außer als Dienstgeber seiner wichtigsten Funktionäre.

Auf genau dieselbe Rolle sollte er sich bei der Eheschließung zurückziehen. Dann hätte sich der Staat jetzt auch die lächerlichen Verfassungs-Verfahren erspart.

Wer eine große Ehe/Verpartnerungs-Zeremonie haben will, soll sie sich selber außerhalb von Amtsräumen organisieren und bezahlen. So wie es bei Begräbnissen üblich ist, so wie es bei einer Firmung stattfindet, so wie es von der Beschneidung islamischer Buben berichtet wird. Und wie es bei zahllosen anderen privaten Anlässen geschieht.

Nur in einer einzigen, ganz anderen Hinsicht hätte der Staat bei einer Eheschließung, abgesehen von der Ausstellung einer Urkunde, eine wirkliche Aufgabe: Statt Zeremonien sollte er den Brautleuten eine juristische Ehe-Belehrung und -Prüfung angedeihen lassen. So ähnlich wie er es auch bei der Ausstellung von Führerscheinen tut.

Tatsache ist nämlich: Menschen gehen im emotionalen Sturm der ersten Verliebtheit oft sehr unbedacht eine Ehe ein. Und sie begreifen nicht, dass sie damit den für die meisten Menschen folgenschwersten Vertrag ihres Lebens abschließen. Mit oft gewaltigen lebenslänglichen Pflichten und wirtschaftlichen Folgen. Tausendmal wichtiger als die mit Hilfe eines Zitatenlexikon gedrechselten schmalzig-salbungsvolle Worte eines Standesbeamten wäre für die Brautleute eine fundierte Anleitung zum Abschluss eines Ehepaktes, der sie später vor dem Schlimmsten bewahren würde.

Pröll hätte damals noch etwas zweites zu tun gehabt, statt gierig auf Streicheleinheiten der Mainstream-Medien zu warten: Er hätte gerade auch als Finanzminister längst für die Streichung sämtlicher staatlicher Finanzförderungen für kinderlose Ehepaare – und seither eben auch für schwule Partner – kämpfen müssen. Dieses Geld sollte vielmehr konzentriert jenen zugute kommen, die noch Kinder in die Welt setzen und aufziehen. Kinder sind das Einzige, was der Staat in einer Familie (und in Quasi-Familien) zu fördern hat. Hier ist eine echte Lastenteilung notwendig. Das Kinderkriegen ist im staatlichen Interesse erwünscht und daher zu fördern. Dinkies hingegen – Double income, no kids, also kinderlose Doppelverdiener,  – produzieren keine künftigen Steuer- und Pensionszahler. Sie sind jedoch die wirtschaftlich am besten situierten Teile unserer Gesellschaft. Es ist absolut nicht einsichtig, dass kinderlose Paare etwa bei Witwen- und Witwerpensionen und bei der Gratismitversicherung in der Krankenkasse von allen anderen subventioniert werden müssen.

Aber Pröll hat damals jede tiefergehende Diskussion vom Tisch gewischt und lediglich nach den kurzfristigen Schlagzeilen gegiert. Das ist mindestens so ärgerlich wie die von ihm verschuldete voreilige Übernahme großer Haftungen in der Finanzkrise (Hypo Alpe-Adria) und die absolut nicht wahrheitsgetreue Darstellung der Gründe seines Rücktritts.

PS.: Übrigens hat Pröll einst auch keine Sekunde der Beförderung zweier linker Politruks zu VfGH-Richtern widersprochen, obwohl knapp davor die SPÖ die verabredete Bestellung seines Kandidaten zum EU-Kommissar verhindert hatte. Womit sich ja der Kreis in Hinblick auf die Rolle des VfGH schließt.

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