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Zwischen Deutschland und Österreich liegt eine große Kluft

Österreichs Politiker und Medien tun gerne so, als wäre das Land genauso wie Deutschland ein europäischer Vorzugsschüler in Sachen Stabilität. Die Fakten sprechen aber eine andere Sprache, die Österreich viel schlechter bewertet.

Zwar liegt Österreich bei der offiziellen Staatsverschuldung gemäß den Maastricht-Kriterien besser als Deutschland. Zwar glänzt Österreich regelmäßig bei der Arbeitslosenstatistik. Mit diesen zwei Aspekten wird die Koalition wohl auch den Wahlkampf bestreiten.

Wer aber einen schärferen Blick wagt, bekommt ein ganz anderes Bild, das auch diese beiden Aspekte stark relativiert.

Denn erstens ist die statistische Arbeitslosigkeit in Österreich vor allem deshalb so niedrig, weil das Land Arbeitslosigkeit in (teuren) Langzeitstudien und (noch teureren) Frühpensionen versteckt. Beim Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung liegt es daher keineswegs so toll.

Zweitens sind gerade einige Gesetzesbeschlüsse in der Pipeline, die künftig noch mehr Österreicher von einer Erwerbstätigkeit abhalten werden. So sollen insbesondere die Ausbildungszeiten für Pflichtschullehrer deutlich verlängert werden. Das reduziert naturgemäß die Erwerbstätigenquote weiter. Dabei wäre es viel sinnvoller, nur solche Kandidaten an Pädagogische Hochschulen zu lassen, die einen strengen Rechtschreibtest bestehen. Das würde die Qualität der auf die Kinder losgelassenen Lehrer viel mehr verbessern als eine Verlängerung des Studiums, in der die künftigen Lehrer mit noch mehr realitätsfremden pädagogischen Theorien vollgestopft werden.

Drittens ruht sich die Republik auf vergangenen Lorbeeren aus, was in einer dynamischen Welt sehr gefährlich ist. Denn Österreich liegt bei aktuellen internationalen Vergleichen der Reformfreudigkeit seit Ausbruch der Krise ganz schlecht. Das heißt: Sobald sich in absehbarer Zeit in anderen Ländern die – kurzfristig natürlich meist unangenehmen – Reformen der Krisenjahre positiv auswirken, werden etliche von diesen Ländern auf der Überholspur an Österreich vorbeiziehen. So wie das in der Mitte des vorigen Jahrzehnt weit hinter Österreich zurückliegende Deutschland inzwischen durch die einschneidenden Reformen der Agenda 2010 getan hat. Ein signifikantes aktuelles Beispiel: Die deutsche Bundeskanzlerin lehnt gerade trotz vehementer Kritik der linkskorrekten Medien eine steuerliche Gleichstellung für homosexuelle Partnerschaften ab – in Österreich gibt es für diese hingegen sogar eine Gratis-Witwer-Pension ohne einen Cent Einzahlung. Für Angela Merkels Position spricht neben der notwendigen Sparsamkeit auch die Tatsache, dass steuerliche und pensionsrechtliche Privilegien ja nur in Hinblick auf die Aufzucht von Kindern legitim sein können. In allen anderen Fällen sind sie eine üble Diskriminierung von Singles und zusammenlebenden Geschwistern oder anderen Verwandten, die keine Familie bilden.

Viertens ist Österreich absolute Spitze beim Verstecken von Schulden. Ausgegliederte Gesellschaften und verheimlichte Haftungen durch Bundesländer und Gemeinden werden in breiter Front zum Manipulieren von Schulden-Statistiken verwendet. Besonders viele versteckte Belastungen der Zukunft finden sich im extrem großzügigen Pensionssystem Österreichs. Schätzungen, die all diese Lasten zu erfassen versuchen, stellen sogar Italien eine weit bessere Prognose als Österreich.

Fünftens erzielt Deutschland, wie nun bekannt geworden ist, im Jahr 2012 voraussichtlich sogar einen Überschuss der Staatsfinanzen. Österreich, das sich so gern mit Deutschland vergleicht, ist von diesem Idealzustand weit entfernt.

Und sechstens wird Österreich auch von den internationalen Geldgebern (ebenso wie von den Ratingagenturen) deutlich schlechter eingestuft als Deutschland. Zwar stimmt die ständig verbreitete Jubelbotschaft der Regierung, dass am sogenannten Sekundärmarkt die Zinsen der Alpenrepublik niedriger sind als vor einigen Monaten. Das ist aber derzeit ein allgemeiner Trend, der durch die Überflutung der Märkte mit Billigstgeld der Zentralbank ausgelöst worden ist. Der also nichts über Österreich sagt. Viel aussagekräftiger ist jedoch, dass die Höhe der Zinsen für österreichische Papiere deutlich näher bei Frankreich liegt als bei Deutschland. Auch Länder wie Finnland oder die Niederlande sind deutlich besser bewertet, haben also ebenfalls niedrigere Zinsen als Österreich.

Das ist keineswegs ungerecht. Denn diese bösen Märkte versuchen eben immer die zukünftige Entwicklung einzuschätzen und weniger die Verdienste der Vergangenheit.

Gewiss ist Österreich nicht Griechenland oder Portugal. Aber entscheidend ist immer die Richtung einer Entwicklung und ihre Dynamik. Daher sollte man jedenfalls sehr misstrauisch werden, sobald ein politischer oder medialer Regierungspropagandist Österreich und Deutschland in einem Atemzug als gleichwertig nennt.

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