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Griechenland – Irland: Zwei Länder, zwei Welten

Hätte in den letzten zwei Jahren kein einziger Grieche einen Handgriff getan, ein Produkt verkauft, eine Dienstleistung verrichtet, einen Akt umgeblättert: Um wie viel wäre es uns teurer gekommen, wenn wir sie dennoch alle entlohnt hätten? Um keinen Cent. Denn der aufsummierte Wert der diversen Hilfen für Griechenland seit Mai 2010 beträgt zweimal das griechische BIP. Also die Summe aller Einkommen, aller Löhne, Honorare und Rechnungen derselben zwei Jahre – zumindest soweit diese nicht schwarz, also an Steuer, Sozialversicherung und Statistik vorbei gezahlt worden sind.

Mit anderen Worten: Europa und der Währungsfonds haben sämtliche griechischen Einkommen bezahlt, ohne dass sich in diesem Land etwas geändert hätte.

Dennoch hat der hohe EU-Politiker recht, mit dem ich dieser Tage ein Hintergrundgespräch hatte: Europa kann es sich auch dauerhaft leisten, das kleine Land durchzufüttern. Auf meine zweite Frage aber musste er zugeben, was sich Europa sicher nicht mehr leisten kann: nämlich auch noch Frankreich, Spanien oder Italien in gleicher Weise zu finanzieren. Europa ist nicht einmal bei einem einzigen der genannten großen Länder imstande, dieses auch nur annähernd so wie die Griechen zu unterstützen.

Dennoch begann Europa nun ohne viel Debatten in die „Rettung“ Spaniens einzusteigen: Dessen Banken bekommen mehr als 39 Milliarden Euro. Dieser Betrag wird – erstmals – über den Schuldenmechanismus ESM abgewickelt. Besonders bestürzend ist dabei: Ebenfalls erstmals fließt Rettungsgeld, ohne dass sich das betreffende Land strikten Auflagen eines Programms der Troika unterwerfen muss (also von IWF, EZB und EU-Kommission). Die spanische Regierung lehnt das ab.

Warum? Erstens würde der Status eines „Programmlandes“ ihren nicht gerade unterentwickelten Stolz kränken; zweitens müsste sich dann die Regierung strikten und kontrollierten politischen Auflagen unterwerfen; und drittens würden dann die 39 Milliarden die spanische Staatsverschuldung verschlechtern. So wird nun so getan, als ob die 39 Milliarden nur mit den Banken zu tun hätten und nichts mit Spanien.

Nicht weniger deprimierend stehen Italien – insbesondere nach dem halben Rücktritt von Premier Monti – und Frankreich mit seinem Antisanierungsprogramm da. Zum Glück gibt es einen Lichtblick: Irland. Das kleine Land hat nach einer harten Sanierungsphase gute Chancen, schon 2013 den Rettungsschirm wieder verlassen und sich wieder normal finanzieren zu können.

Ein kleiner Trost in schlechten Zeiten. Es zeigt sich: Einem Land zu helfen, dessen Menschen um die eigene Verantwortung wissen, hat sich als durchaus sinnvoll erwiesen. In Irland hat es weder Streiks noch Unruhen noch antideutsche Demonstrationen gegeben, sondern ein kollektives Zähne-Zusammenbeißen. In solche Länder werden auch private Geldgeber – die derzeit ihr Geld mit Vorliebe in die Aktienmärkte tragen – bald wieder Vertrauen fassen. Aber eben nur in solche.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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