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Bisher ist es dem Unterrichtsministerium und seinem bifie-Institut noch gelungen, die Weiterentwicklung der Affäre geheimzuhalten. Aber der Skandal um die bundeseinheitliche Mathematik-Matura ist inzwischen gleich um zwei weitere Kapitel umfangreicher geworden. Und er hat dabei auch erstmals einen ethischen Hautgout bekommen.
Dieser macht im übrigen das Vorhaben der Obrigkeit, Kindern eine staatliche Ethik zu vermitteln, noch peinlicher, als es das immer schon war. Aber das ist heute nicht das Thema.
Was bisher im Matura-Skandal passiert ist: Im vergangenen Frühsommer hatte kombinierter Protest von Schülern, Eltern und Lehrern mit Hilfe der Öffentlichkeit nach langer Weigerung der Unterrichtsministerin eine Verschiebung der Mathematik-Zentralmatura um ein Jahr erreicht. Der Grund: Die Unterlagen und Prüfungs-Modelle fehlten. Der ursprüngliche Termin war ja für das Frühjahr 2014 angesetzt gewesen. Dabei hatten Ministerium und bifie ursprünglich das Vorliegen sämtlicher Unterlagen schon für den Eintritt der betroffenen Klassen in die Oberstufe zugesagt.
Nach der Verschiebung auf 2015 ist die Aufregung verebbt. Die bis heute gewonnene Zeit wurde aber unglaublicherweise wieder nicht genutzt: Denn auch heute, mehr als ein halbes Jahr nach der Verschiebung, liegen nicht die versprochenen kompletten Unterlagen für die einheitliche Mathematik-Matura vor. Dabei ist deren Termin nach der Verschiebung schon wieder weniger als zweieinhalb Jahre entfernt, statt der versprochenen vier Jahre. Aber Schülern kann man ja offenbar eh alles versprechen. Jene Schule, die sich freiwillig zur Durchführung der ersten Zentralmatura bereit erklärt hat, hat jetzt gar nur noch eineinhalb Jahre Zeit.
Etliche Matura-Vorbereitungs-Seminare sind daher kurzfristig abgesagt worden; bei den abgehaltenen Veranstaltungen tauchen mehr Unklarheiten und Widersprüche als Klärungen auf. Und der im bifie dafür zuständige Mathematik-Professor Hans-Stefan Siller hat inzwischen eine Berufung nach Koblenz erhalten, bleibt aber weiter zuständig. Er ist im Rahmen des bifie der Hauptverantwortliche dafür, dass die (für den Beginn dieses Schul-Jahres versprochen gewesenen) 100 „Typ-2-Aufgaben“ weitgehend noch immer nicht veröffentlicht sind.
Damit stecken unsere Schulen wieder in demselben Stadium fest, das im Vorjahr den großen Skandal ausgelöst hat, der am Schluss auch die sich lange taub stellende Unterrichtsministerin zum Verschieben der Zentralmatura gezwungen hat.
Das zweite Element des neuen Skandals: Der Österreichische Bundesverlag bewirbt schon ein Buch des gleichen Herrn Siller (mit einer Co-Autorin) und Verkaufsveranstaltungen. Die Inhalte sind genau die Dinge, die eigentlich schon längst gratis veröffentlicht sein sollten. Auf der Homepage dieses privatisierten Verlags liest man: „Mathematik Maturatraining AHS wurde gezielt für die Anforderungen der neuen schriftlichen Reifeprüfung entwickelt. In Form von vier Probematuren“ (sic! Deutsch können sie dort auch nicht . . .) finde sich darin „hilfreiches Übungsmaterial“.
Mit anderen Worten: Die versprochenen Termine werden – aus unbekannten Gründen – nicht eingehalten. Die Gratis-Informationen durch die Obrigkeit sind noch immer nicht komplett. Aber dafür setzt schon die Geschäftemacherei mit "hilfreichen" Büchern ein. Dass ausgerechnet der für die Mathematik-Zentralmatura Verantwortliche dabei an der Spitze der Geschäftemacherei steht, ist nun wirklich mehr als anrüchig (auch wenn es für seine guten Rechenfähigkeiten spricht). Dafür, dass das Geschäft wirklich gut wird, sorgen jedenfalls schon die Zahlen: Alljährlich müssen rund 20.000 Schüler zur Mathematik-Maturaklausur antreten.
Da der Mann mit Sicherheit für seine Mitarbeit im bifie sehr gut entlohnt wird, sollte er in einem anständigen Staat überhaupt keine solchen Geschäfte machen dürfen, sondern all sein Wissen in breitester Form Schülern und Lehrern zur Verfügung stellen.
In einem anständigen Staat eben. Dort sollten ja auch Abgeordnete nicht als Lobbyisten arbeiten. Und Regierungsmitglieder nicht Zeitungen bestechen.