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Warten auf den Zwölfer –oder den Wahltag

Niemand kann mehr überrascht sein, denn längst haben alle mit dem Mitzählen aufgehört, wie oft solches oder ähnliches schon passiert ist: Wieder mehr Geld für Griechenland; wieder mehr Zeit für Griechenland; wieder bessere Konditionen für Griechenland (diesmal etwa einen Zinsenverzicht) wieder wird plötzlich den Griechen ein positives Zeugnis ausgestellt, obwohl sie rund die Hälfte der Hausaufgaben nicht erfüllt haben; wieder gibt es eine Prognose für Griechenland, die so wenig halten wird wie all die Prognosen bei früheren Rettungspaketen, nach denen das Land heute schon total super dastehen müsste; und auch der Europäische Gerichtshof wagt es nicht, Einwände gegen den Europäischen Schuldenmechanismus – pardon: Stabilitätsmechanismus zu erheben. Déjà-vu? Nur scheinbar. Denn in Wahrheit geht es bei der gegenwärtigen Einigung – die in Dutzenden kleinen Etappen zustandekommt und jedes Mal triumphal verkündet wird – um etwas ganz anderes.

Es geht nur noch und einzig und allein darum, das Thema Griechenland bis zu den deutschen Bundestagswahlen vom Tisch zu bekommen (was zufälligerweise auch die österreichische Wahl gleich mit absichert). Ein Jahr lang soll es keine Griechenland-Hektik geben, um den Wahlkampf nicht zu stören.

Mag sein, dass wenigstens diese Prognose hält. Aber was dann?

Dann wird die große Entscheidung fallen: Entweder wird den Griechen doch – einige Hundert Milliarden zu spät – klar gemacht: Es gibt kein neues Geld. Oder es wird nun auch den Schuldenschnitt für Forderungen von Staaten und EZB gegen Griechenland geben. Den haben ja bisher nur die privaten Geldverleiher erlitten.

Beides aber läuft darauf hinaus, dass all das Geld, das seit Mai 2010 schon in das südosteuropäische Fass ohne Boden geflossen ist, verloren ist. Bisher ist der Großteil dieses Geldes ja als Forderung oder Haftung buchhalterisch noch nicht in einen Verlust umgewandelt worden. Womit Merkel und Schäuble noch mit einer relativ guten, wenn auch falschen Optik zur Wahl antreten können. Und alle Parteien können in Deutschland und Österreich noch einmal Wählerbestechungsaktionen starten. Niemand muss eingestehen, dass in diesen letzten Jahren eine völlig falsche Politik betrieben worden ist.

Alle hoffen vielleicht, dass bis dahin in Griechenland doch noch das Wunder passiert. Dass sich nicht wieder alles schlechter entwickelt als prognostiziert, sondern vielleicht sogar besser. Gewiss: Es hat schon Menschen und Firmen gegeben, die durch den Gang ins Casino noch gerettet worden sind. Auch Totozwölfer sind möglich. Nur ist es halt nicht sehr seriös und wahrscheinlich, darauf zu setzen.

Denn das Signifikanteste ist, was nicht passiert, wovon auch überhaupt nicht geredet wird: Weder treten Hunderttausende angeblich so verzweifelte und gut qualifizierte Griechen zum Kampf um die vielen noch immer freien Jobs in Deutschland und Österreich an. Noch hört man irgendetwas von großen Werbeaktionen, mit denen ausländischen Investoren der rote Teppich Richtung Griechenland ausgerollt wird. Vielmehr werden solche – sich hie und da zu den Hellenenen verirrende – Investoren nach wie vor durch die Bürokratie und sozialstaatliche Regulierungen schikaniert. Sie werden als böse Invasoren angesehen und stoßen auf unlustige Mitarbeiter.

So lange es nicht an diesen entscheidenden Fronten ein echtes Umdenken gibt, sollte niemand auf den Zwölfer hoffen.

Realisten sollten sich eher damit abfinden, dass sich von Zypern bis Spanien (und Italien? Und Frankreich? Und Slowenien?) schon die nächsten Länder um fremdes Geld anstellen. Und dass man ihnen schlecht Nein sagen kann, wenn man zu Griechenland Ja gesagt hat.

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