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Schulden machen erpressbar

Es war nur eine von vielen Drohungen aus China gegen Japan im Streit um einige menschenleere, aber potenziell ölreiche Felseninseln. Aber sie sollte auch den europäischen Politikern wie Bankern eine ernste Lehre sein.

Sie stammt von Jin Baisong von der chinesischen Akademie für internationalen Handel, einer Institution des mächtigen Handelsministeriums. Er drohte, „gegen Japan Sanktionen in der allerwirksamsten Art zu verhängen“. Diese „allerwirksamste Art“ sieht er nicht mehr im Einsatz der stark aufgerüsteten Streitkräfte, sondern von Finanzen und Handel. Das ist nur scheinbar Anlass zur Erleichterung.

Denn der finanzielle Aspekt ist ein Qualitätssprung in der globalen Schuldenkrise. Jin sprach ganz konkret von den japanischen Anleihen in den chinesischen Tresoren. Er will sie einsetzen, um das schwer überschuldete Japan in die Knie zu zwingen. China sei mit 230 Milliarden Dollar an japanischen Staatspapieren der größte Gläubiger des Inselstaates. Dieser hatte sich bisher sicher gewähnt, weil vor allem Japaner selbst die Anleihen gekauft hatten. China tut gegenüber Japan das, wovor Finanzexperten seit Jahren eigentlich in Hinblick auf die USA gewarnt haben: nämlich seine Bond-Schätze als politisches Erpressungsmittel einzusetzen.

Dieser neue Aspekt ist bisher seltsamerweise international viel weniger beachtet worden als die Auswirkungen des Konflikts auf den Handel. Freilich sind auch die beträchtlich. Denn wenn Nissan, Honda, Sharp oder Panasonic dauerhaft so wie in den letzten Wochen einen Gutteil ihrer Exporte nach China abschreiben müssten, wäre das eine absolute Katastrophe. Ist doch China zum größten Automobilmarkt der Erde geworden. Auch auf der Exportseite haben die Chinesen eine starke Waffe, die sie zuletzt durch Ausfuhrrestriktionen noch geschärft haben: ihre Dominanz bei „seltenen Erden“, die beispielsweise für Smartphones derzeit unverzichtbar sind.

Europa und die USA sollten sich keine Illusionen mehr machen: China ist vom Handel bis zu den Finanzen bereit, seine rasch wachsende globale Hebelkraft auch politisch im nationalen Interesse einzusetzen. Zwar sind gegenüber Japan die Ressentiments besonders stark, aber auch gegenüber dem Westen haben die Chinesen keinen Grund zu sonderlicher Solidarität. Da sind in ihrem kollektiven Gedächtnis Stichworte wie Kanonenbootpolitik, ungleiche Verträge und Opiumkrieg zu tief verankert.

Ihre eiskalte Orientierung an nationalen Interessen zeigte sich zuletzt auch deutlich, als alle EU-Bittprozessionen erfolglos blieben, China möge doch europäische Anleihen kaufen, um so die Schuldenkrise zu beruhigen. China tat das nur sehr beschränkt. Es begann statt dessen, sich wie in einem Luxus-Supermarkt bei den Gustostückerln der europäischen Industrie und Technologie zu bedienen.

Auch wenn da so mancher gut verdient hat, sollte Europa die Gefahren der chinesischen Strategien auch außerhalb Asien viel genauer analysieren. Übrigens auch beim beginnenden Wettlauf in Afrika.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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