Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Die Finanzministerin und die Banken: Wie man Sündenböcke produziert

Da haben die schwarz-roten Spin-Doktoren wieder ganze Arbeit geleistet. Sie verbreiteten in den letzten Stunden überall das gleiche Gschichterl: „Die Banken“ seien schuld, dass das nun vorgestellte Budget der Finanzministerin trotz zuletzt sprudelnder Einnahmen plötzlich höhere Defizitzahlen als lange versprochen aufweist. Das enthält zwar ein Körnchen Wahrheit, ist aber sonst in vielfacher Hinsicht eine Chuzpe.

Erstens ist dies deshalb eine Chuzpe, weil die Bankenhilfe nicht erst mit dem Zeitpunkt der Budgetrede erhöht worden ist. Der zusätzliche Geldbedarf zweier Institute war schon lange vorher bekannt.

Zweitens geht es bei den negativen Auswirkungen keineswegs um „die Banken“, sondern um zweieinhalb Spezialfälle: um die Hypo Alpe-Adria und die Kommunalkredit sowie die mit deren Krise verbundene Volksbank. Mit den von der Politik gedrechselten und von fast allen Medien brav apportierten Formulierungen werden nun aber alle Banken zu Sündenböcken gestempelt.  

Die kleinen Banken sowie die Bank Austria haben jedoch überhaupt kein Geld von der Republik Österreich bekommen. Und die Erste Bank sowie Raiffeisen haben zwar vor drei Jahren Partizipationskapital bekommen. Dafür büßen die beiden aber seither alljährlich durch die Zahlung unglaublich hoher Zinsen (acht Prozent, während sonst überall das Zinsniveau gegen Null tendiert!). Was dem Steuerzahler kräftig hilft. Beide Banken ärgern sich hingegen heute heftig, dass sie in der hektischen Nervosität der damaligen Krisenwochen das staatliche Geld überhaupt genommen haben. Denn sie sind heute das beste Geschäft der Finanzministerin.

Drittens sind bei den zweieinhalb crashenden Banken in hohem Ausmaß Politiker schuldhaft involviert gewesen, was Vorwürfe durch die Politik ziemlich skurril macht. Das gilt insbesondere für die Hypo Alpe-Adria, für die das Land Kärnten während der Haider-Regentschaft (vor dem von Herrn Birnbacher begleiteten Verkauf an die Bayern) Mega-Haftungen eingegangen ist. Diese Haftungen haben fast das Zehnfache des gesamten Kärntner Jahresbudgets ausgemacht. Und dennoch ist bis heute dafür kein Politiker zur Rechenschaft gezogen worden. Aber auch die Kommunalkredit war keineswegs frei von der Mittäterschaft unfähiger Politiker (siehe etwa die Rolle des Kommunalkredit-Vorstandsmitglieds Claudia Schmied).

Und im EU-Ausland ist die Rolle des Staates in der Bankenwelt fast noch schlimmer: In Deutschland etwa sind fast nur Staats(=Landes)Banken in Pleitegefahr geraten. Und in Spanien sind über 3000 Politiker in den diversen Aufsichtsräten der Geldinstitute tätig. Wo sie oft genug Druck ausgeübt haben, dass bestimmte Finanzierungen zustandekommen.

Viertens ist es eine glatte Lüge, wenn heute ausgestreut wird, die Bankenrettungen wären im Interesse der kleinen Sparer erfolgt. Diese waren und sind in Wahrheit immer durch die Einlagensicherung gesichert. Zumindest bis zum Betrag von 100.000 Euro pro Kopf und Bank gibt es eine doppelte Sicherung, einmal durch den jeweiligen „Sektor“ (also etwa zwischen allen Raiffeisen-Instituten) und überdies durch den Staat.

Und fünftens und vor allem: Die Bankenrettungen bei HAA und Kommunalkredit waren schwere Fehler der Politik – wohl die schwersten der letzten Jahre. Das hat nun – gleichzeitig mit der Budgetrede – auch der Rechnungshof zumindest in Hinblick auf die Kommunalkredit klar festgehalten. Das trifft aber auch mit Sicherheit auf die HAA sowie auf die Constantia-Bank zu, zu deren (überflüssiger) Rettung die Kommerzbanken vom damaligen Finanzminister Molterer gezwungen worden sind.

Gewiss kann man der Politik zugute halten: Die Entscheidungen zu den jeweiligen Rettungsaktionen erfolgten unter größtem Zeitdruck. Und sie erfolgten in Zeiten höchster Nervosität, wo von vielen Seiten lautstark „Hilfe!“ gebrüllt wurde.

Allerdings haben sich schon damals manche – auch das Tagebuch – gegen die Bankenrettungsaktionen ausgesprochen. Und heute sollte es überhaupt Allgemeingut sein: Banken zu retten ist teurer, als sie abzuwickeln. Abwickeln heißt: keine neuen Einlagen entgegennehmen, Filialen sperren, Personal kündigen, die Aktien auf Null abschreiben, alle Forderungen bei Fälligkeit sofort eintreiben und die auch nach Eintreiben aller Außenstände verbleibenden Verluste auf die Gläubiger aufzuteilen.

Dabei hätte man auch bestimmte Gläubiger – etwa Unternehmen, die ihr ganzes Firmengeld in einem solchen Institut haben, – ähnlich wie die kleinen Sparer gegen einen Verlust ihres Geldes absichern können. Sonst würde ein Bankencrash manche gesunden Firmen in den Konkurs treiben, wenn plötzlich all ihre Bankeinlagen vernichtet wären. Das wäre immer noch weit billiger gekommen als die Rettungsaktionen. Freilich darf eine solche Hilfe an große Gläubiger einer crashenden Bank immer nur zu einem Teil des fehlenden Betrags erfolgen, sonst würde man ja Sorglosigkeit belohnen. Sonst würde es ja nie gelingen, den Menschen und Unternehmen klarzumachen, dass sie selbst dafür verantwortlich sind, welches Geldinstitut sie auswählen. Und dass es dabei immer primär um Sicherheit gehen sollte.

Die Budgetrede zeigt jedoch: Die Banken sind zum Watschenmann der Nation geworden. Denn ihnen wird alle Schuld zugeschoben, während kein Mensch die eigentlich viel spannendere und wichtigere Frage diskutiert, warum die Republik auch im konjunkturellen Zwischenhoch der letzten beiden Jahre weiter Defizite produziert hat. Das ist ökonomisch viel schädlicher ist als die schwachsinnigste HAA-Rettung.

Noch eine Anmerkung zur Einlagensicherung: Eigentlich ist es eine arge Zumutung, wenn die Allgemeinheit – also die Sparer bei anderen Geldinstituten respektive der Steuerzahler – auch für Sparer bei risikofreudigen Hochzins-Banken haften. Es ist absolut ungerecht, wenn die Allgemeinheit auch jene bei einer Bankenpleite absichert, die jahrelang von ihrer Bank weit über dem allgemeinen Marktniveau liegende Zinsen kassiert haben. Höhere Zinsen sind ja immer und automatisch ein Ergebnis eines riskanteren Verhaltens. Mit anderen Worten: Wer sein Geld bei einem solchen riskanten Hochzins-Institut anlegt, profitiert immer. Wenn es gut geht, werden die hohen Zinsen kassiert. Wenn es schief geht, wird von der Einlagensicherung auf Kosten aller anderen profitiert.

Aber was will man in einem Land, wo von rechts- bis linksaußen und bis weit in die vernunftorientierte Mitte hinein die Menschen wirklich glauben, die Banken seien die Hauptschuldigen an den staatlichen Schulden. Wo selbst primitivste Grundkenntnisse über marktwirtschaftliche Zusammenhänge fehlen …

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung