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Nach der Destruktivität, die ein Peter Pilz seit Jahren in all seinen politischen Aktionen ausstrahlt, ist der mutige Rücktritt seiner Parteifreundin Gabriela Moser ebenso konstruktiv wie lobenswert. Und überraschend. Jetzt sind die Koalitionsparteien unter schwerstem Zugzwang. Sie wissen aber nicht mehr, wie weiter. Die ÖVP ist nach dem kurzen Kraftanfall in Sachen Wehrdienst wieder total knieschwach. Und die SPÖ redet sich mit immer skurrileren Vorschlägen zur Rettung ihres unhaltbar gewordenen Parteichefs in einen ständig größer werdenden Wirbel hinein. Das wahre Finale in diesem Zirkus wird freilich auf ganz anderer Ebene gespielt werden.
Die SPÖ steht blamiert da: Ein Bundeskanzler, der sich nicht traut, vor dem Parlament unter Wahrheitspflicht auszusagen, dem die Staatsanwaltschaft Lügen nachsagt, ist in einer Demokratie absolut untragbar. Ebenso untragbar wäre es auch, wenn sich Faymann zwar der Befragung stellt, sich aber dann unter Verweis auf seinen Beschuldigten-Status bei allen relevanten Fragen der Aussage entschlagen sollte. Auch immer mehr Genossen begreifen: Der Mann hängt nur noch groggy in den Seilen, die lediglich aus drei übel beleumundeten Boulevardblättern und dem ORF bestehen (und auch bei diesem hat sich zumindest Armin Wolf neuerdings der Seilschafts-Dienste entzogen).
An Faymanns katastrophaler Lage ändert auch die nach einem Tag der Schockstarre kreierte neueste Entlastungsidee der SPÖ nichts: Faymann könnte nun zwar eventuell doch aussagen. Er will dies aber nur zwei Stunden lang tun und zusammen mit allen anderen Regierungsmitgliedern, die Inserate geschaltet haben.
Das ist überhaupt nur noch zum Lachen. Erstens kann keine ernsthafte Befragung unter Zeitlimit stattfinden. Diese Frist könnte Faymann locker mit den üblichen Luftblasen eines Berufspolitikers übertauchen. Zweitens und vor allem: Es ist eine unglaubliche Sauerei, das Schalten von Inseraten eines Ministers (oder Bundeskanzlers) mit den Taten zu verwischen, die Faymann in Hinblick auf ÖBB und Asfinag zu verantworten hat.
Denn ein Minister gibt bei Inseraten Gelder des von ihm geleiteten Ministeriums aus. Da kann man viel kritisieren, wie es etwa das Tagebuch insbesondere auch in Hinblick auf den schwarzen Unglücksminister Berlakovich in scharfer Form getan hat. Aber das sind rein politische Bewertungsfragen.
Die Taten Faymanns und seines Helfershelfers Ostermayer haben jedoch ganz andere Qualität: Hier geht es um den kriminellen Griff in die Kassen von ÖBB und Asfinag, über welche die beiden laut Gesetz (zum Unterschied von ihrem eigenen Ressortbudget) eben nicht verfügen hätten dürfen. Hier geht es um das Verbrechen der Untreue und möglicherweise auch jenes der Erpressung.
Denn die laut Gesetz völlig unabhängig gestellten Vorstände jener Aktiengesellschaften sind von dem roten Duo allem Anschein nach glatt erpresst worden: Entweder ihr zahlt für die von uns bei befreundeten Verlegern bestellten Inserate oder ihr fliegt. Sie zahlten. Und flogen dann dennoch (Aber das ist schon wieder die andere Geschichte über dumme wie charakterlose Menschen, die glauben, man könne mit Politikern vom Typus eines Faymann dealen).
Die jeweiligen Vorstände zahlten zähneknirschend und wider besseres Wissen: obwohl diese Inseratenserien von ÖBB und Asfinag nicht geplant und inhaltlich nicht beeinflusst waren. Obwohl die Werbebudgets der beiden Konzerne als Folge der Faymann-Deals plötzlich exorbitant in die Höhe geschnalzt sind. Obwohl viele der von der ÖBB zu bezahlenden Inserate die ÖBB heruntergemacht haben. Obwohl die Beschlüsse, die Inserate zu zahlen, oft mehr als ein halbes Jahr nach Erscheinen der ersten Inserate gefallen sind.
Wer diese Vorgangsweise in einen Topf wirft mit Inseraten eines Ministers auf Kosten seines Ministeriums, der ist blöder, als die Polizei erlaubt. Oder er hält uns für so blöd.
Die ÖVP wiederum ist vor allem feig. Sie fürchtet sich vor Neuwahlen. Sie möchte diese möglichst weit hinausschieben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil in den letzten Wochen dieses Jahres praktisch gleichzeitig die zwei für die Schwarzen peinvollen Prozesse gegen die Herren Strasser und Mensdorff-Pouilly in aller Breite angesetzt sind.
Die Schwarzen ignorieren, dass Juristen im Fall Mensdorff höchstens eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sehen. Die Schwarzen ignorieren weiters die Chance zu sagen: „Schaut, wir haben uns rasch von den üblen Gesellen in unseren Reihen getrennt. Die SPÖ hingegen hält an Faymann und Ostermayer trotz all ihrer nachgewiesenen Lügen fest.“
Offenbar findet sich in der gegenwärtigen ÖVP-Spitze nur dann ein Rückgrat, wenn ihr dieses vom St. Pöltner Landeshauptmann eingezogen wird. Der aber zieht nur selten Rückgrate ein – und das immer nur zum eigenen Nutzen und immer aus den falschen Anlässen: Einmal setzte Erwin Pröll die schwache Monika Lindner als ORF-Chefin durch (obwohl es viel bessere Kandidaten gegeben hätte); ein andermal erzwang er eine Volksbefragung über die Wehrpflicht (deren Gefahren und Problematik hier schon breit analysiert worden sind).
Das offensichtliche Grundproblem der Schwarzen: Sie haben den Glauben an sich selbst verloren. Sie suchen gar nicht mehr nach einer Alternative zur gegenwärtigen Regierungsformel. Sie übersehen, dass die bürgerlichen Wähler vor allem deshalb von der ÖVP enttäuscht sind, weil sich diese – mit der einzigen Ausnahme Schüssel – immer als billige und willige Mehrheitsbeschafferin für die Linke hergegeben hat. Das ist für die ÖVP viel schädlicher als alle Strassers zusammen.
Jetzt aber zum großen Aber rund um die Ausschuss-Aufregungen: Eigentlich ist es ziemlich egal, wie das parteipolitische Kasperltheater endet. Entscheidend ist nur, was sich in der Justiz abspielt. Denn im Parlament wird ohnedies jeder noch so peinliche Faymann-Auftritt von seiner Partei und den vier Trägermedien der SPÖ zu einem Triumph des Parteichefs hochgejubelt werden.
Entscheidend ist nur, ob es zu einer Anklage gegen Faymann und Ostermayer kommt. Dafür liegen aber seit einigen Wochen die Chancen keineswegs so schlecht, wie es nach außen scheint. Hinter den Kulissen der Staatsanwaltschaft steht es derzeit wirklich Spitz auf Knopf. Und lediglich Faymann merkt zum Unterschied von Ostermayer auf Grund seiner Intelligenzdefizite nicht, wie große die Gefahr (für die Bürger: Hoffnung) ist, dass er im kommenden Jahre wirklich vor den Richter treten muss. Womit sich die Partei dann plötzlich einen neuen Spitzenmann suchen müsste.
Michael Häupl, der einzige strategische Kopf in der SPÖ, erkennt diese Gefahr hingegen sehr wohl. Und er ist daher derzeit schon heftigst unterwegs, um auch in nichtigsten Anlässen Grund zur Ausrufung baldiger Neuwahlen zu finden. Die sollten dann noch vor einer Anklage gegen Faymann stattfinden, ist Häupls Spekulation.
Das einzige, was in der Analyse noch offen bleiben muss, ist die Frage: Hat die ÖVP erkannt, wie gefährdet Faymann ist? Sollte sie das erkannt haben, dann muss man ihr wegen der zuvor geäußerten Kritik sogar Abbitte leisten. In diesem Fäll müsste die ÖVP nämlich wirklich alles vermeiden, was in den nächsten Monaten der SPÖ einen Vorwand zum Bruch der Koalition geben könnte. Dann wäre ihre gegenwärtige Feigheit taktisch sogar grenzgenial.
Aber für all das bräuchte man eigentlich einen strategischen Denker irgendwo in der ÖVP. Der müsste jedoch auch dem kleinen Beobachter schon einmal aufgefallen sein . . .
PS.: Bei allem Jubel der Medien über den Ausschuss bleibt das Urteil eindeutig: Solche Ausschüsse sind eine Katastrophe. Sie sind das erstens, wenn sie parallel zu Justizverfahren laufen. Nicht nur weil sich dadurch ständig Befragte der Aussage entschlagen haben, sondern auch weil etwa in der Telekom-Affäre der Hauptschuldige von der Staatsanwaltschaft unter eine schützende Käseglocke gestellt worden ist. Sie sind aber zweitens auch deshalb katastrophal, weil Ausschusssitzungen bisweilen den Charakter eines Schauprozesses angenommen haben, insbesondere der Herrn Petzner und Pilz wegen. Daher sollte es erst dann einen neuen Ausschuss geben dürfen, wenn ein unabhängiger Richter oder alterfahrener Rechtsanwalt den Vorsitz bekommt. Der Ausschuss-Jubel der Medien hängt in Wahrheit nur damit zusammen, dass sie jede Menge Gratis-Unterhaltung durch eine sich selbst in peinlichster Weise entblößende politische Klasse erhalten haben. Und weil sie auf diesem Weg an brisante Akten herangekommen sind. Was alles für die Auflagen gut sein mag.