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Das IHS, das Wiener Institut für Höhere Studien, gilt als beinahe einziger Hort der wirtschaftlichen Vernunft in diesem Land. Andere Häuser sind ja bekannt dafür, dass man sich dort jede gewünschte Meinung kaufen kann. Seit kurzem hat das IHS einen neuen Chef. Dieser Christian Keuschnigg versucht nun, mit Vorschlägen die lahmende Wirtschaftsdebatte zu beleben.
Was lobenswert ist. Lobenswert und richtig ist auch, dass er vor allem nach einer Reduktion der Steuerbelastung auf Arbeit, also der Einkommensteuer ruft. Lobenswert, richtig und gerecht ist auch, dass er dabei besonders die Steuerlast für Familien mit schulpflichtigen Kindern zu reduzieren vorschlägt. Schließlich sind Kinder die weitaus dringendste Zukunftsinvestition. Schließlich werden Eltern nach wie vor massiv gegenüber kinderlosen Paaren gleichen Einkommens diskriminiert. Und auch der Akzent auf schulpflichtige Kinder hat viel für sich (zumindest wenn diese ihre Schulpflicht in Österreich erfüllen): Hat sich doch die politische Diskussion rätselhafterweise seit Jahren immer nur um Kinder in den allerersten Lebensjahren gekümmert.
Völlig unverständlich, ja geradezu skurril ist aber, dass Keuschnigg auch noch eine andere Gruppe steuerlich bevorzugen will: nämlich die über 55-Jährigen. Dafür gibt es keinerlei soziale Gründe. Haben doch Menschen in diesem Alter deutlich abnehmende Sorgepflichten. Haben doch 55-Jährige meist schon das Haus gebaut, in dem sie ihr Alter verbringen wollen.
Der neue IHS-Chef wird entgegnen, dass es ihm nicht um diese Fragen ginge, sondern um den rasch schrumpfenden Anteil älterer Menschen in Beschäftigung. Dieser ist in der Tat angesichts der rapide steigenden Lebenserwartung eine dramatische Herausforderung. Länder wie Deutschland oder Schweden haben bei den Älteren ein Vielfaches der österreichischen Beschäftigungsquoten. Diese Arbeitsabstinenz der Älteren sollte daher viel mehr im Fokus der Politik stehen als etwa die Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes.
Aber sie hat ganz andere Ursachen als die Steuerlast! Erstens ist es in Österreich nach wie vor viel zu leicht, in eine frühe Pension zu gehen. Rapide zugenommen haben zu diesen Zweck die plötzlichen psychischen Leiden wie ein Burnout-Syndrom ob des beruflichen Ärgers. Zweitens: Ältere Arbeitskräfte sind für die Arbeitgeber ohne Grund viel zu teuer. Wegen der aberwitzigen Kollektivverträge und Gehaltsschemata verdienen nämlich 60-Jährige des Zwei- bis Dreifache eines 30-Jährigen. Auch wenn sie nicht mehr leisten als die Jungen; auch wenn sie auf keiner höheren Hierarchieebene arbeiten: auch wenn ihre Erfahrung nicht mehr imstande ist, die größere Dynamik und Innovationsbereitschaft der Jungen zu kompensieren. Diese Vorrückungen einzig auf Grund des Lebens- oder Berufsalters werden freilich von der Gewerkschaft vehement verteidigt. Nicht ganz grundlos: Dominiert doch dort genau die davon profitierende Altersgruppe.
Offenbar hat der neue IHS-Boss zu lange im Ausland gelebt, um diese heimischen Skurrilitäten zu begreifen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.