Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Wie hält er das nur aus, der Spindelegger? Vier schwere Niederlagen binnen weniger Tage zeigen den ÖVP-Obmann als politischen Bettelmann, der seiner letzten Kleider beraubt ist. Das wirft zwei fundamentale Fragen auf: nach den Alternativen zu ihm und nach der Zukunft der ÖVP.
Die Niederlage, die Spindelegger öffentlich am meisten geschadet hat, war die durch den niederösterreichischen Alleinherrscher Erwin Pröll, der die Partei völlig undurchdacht in das riskante Abenteuer einer Volksbefragung gejagt hat. Dafür hat die seit Molterers Zeiten schwer verschuldete Partei aber weder das Geld noch eine klare Strategie.
Ähnlich schmerzhaft und wählervertreibend war die Schnapsidee des Tiroler Ex-Gendarmen Platter, das Gymnasium abzuschaffen. Womit auch der selbst vor einer krachenden Wahlniederlage stehende Platter seiner Partei und Söpindelegger schwer geschadet hat.
Die dritte Niederlage war der Abschuss des Spindelegger-Vertrauten Lukas Mandl als ÖAAB-Generalsekretär durch die Pröll-Kreation Johanna Mikl-Leitner. Und die vierte war nun das Scheitern des Spindelegger-Plans, ins Finanzministerium zu wechseln, um das wichtigste Ministerium der ÖVP im Wahljahr zu übernehmen. Das hat Spindelegger nicht derhoben – und sich damit gleichzeitig ohne Not den Klubobmann, die Finanzministerin und den zweiten Nationalratspräsidenten zum Feind gemacht. Und sich selber fast lächerlich.
Eigentlich hat er in dieser Situation nur noch eine Möglichkeit: seinen Parteifreunden voll Zorn den Karren hinschmeißen. Er würde sich dadurch wohl auch ein Jahr ersparen, in dem die Bundesländer – vor allem sein eigenes Niederösterreich – dem Parteichef beim wichtigsten Wahlkampf des Landes desinteressiert und ambitionslos zuschauen. So wie es die Niederösterreicher schon beim Antreten Willi Molterers im Jahr 2008 gemacht haben. Was nichts daran änderte, dass Erwin Pröll kurz darauf auch gleich wieder gegen seinen Neffen intrigierte.
Ist es Masochismus, dass Spindelegger trotzdem bliebt? Ist es aufopferungsvolle Parteiloyalität? Ist es Verdrängung der wahren Lage? Ist es das Festklammern an den kleinen Benefizien der Funktion und den geschleimten Ehrerbietungs-Lügen?
Mit großer Sicherheit sitzen jetzt in vielen Landeshauptstädten die schwarzen Funktionäre beieinander und beratschlagen über einen Abschuss des Michael Spindeleggers. Freilich werden sie dabei die Entdeckung machen: Auch wenn Spindelegger derzeit schwer angeschlagen ist, auch wenn er bisher die nötige Dynamik und Themenführerschaft vermissen hat lassen – so ist er doch Gold gegen fast alles, was sich um seine Nachfolge drängt. Die meisten ÖVP-Sympathisanten werden jedenfalls schon prophylaktisch von Schaudern und Krämpfen geplagt, wenn sie sich vorzustellen suchen, dass einer der Wirtschaftskammer-Subventions-Lobbyisten künftig im schwarzen Chefsessel Platz nehmen sollte.
Die einzige überzeugende Alternative wäre Maria Fekter. Sie hat inhaltliche Kompetenz in den dominierenden wirtschaftlichen Fragen und das richtige Amt dazu. Sie war eine brillante Innenministerin und Justizexpertin. Sie hat klare Vorstellungen und Mumm (um nicht den alten Kalauer zu bedienen: Sie ist der einzige Mann in dieser Regierung). Und in Zeiten wie diesen würden die Wähler wohl auch ihre Stimmlage tolerieren, die oft allzu schrill und im breiten Oberösterreichisch daherkommt.
Sie wäre aber auch zugleich die einzige Partnerin, mit der sich Spindelegger selbst noch retten könnte. Wenn er mit ihr gemeinsam in den Wahlkampf ginge, wäre dort nach erprobtem Vorbild mit einem „Spindelegger-Fekter-Kurs“ noch etliches zu machen. Da könnte sich dann biedere Solidität mit mutiger Force zum Kampf gegen die linken Visionen einer europäischen Schuldenunion verbinden. Und beide könnten sich einen Karlheinz Töchterle als Verkörperung der schon abhanden geglaubten Weisheit zu einer schwarzen Dreifaltigkeit dazuholen.
Dieses Trio könnte es endlich wieder glaubhaft machen, dass sich die ÖVP nicht mehr auf die nie eingehaltenen Versprechungen der SPÖ einlassen wird (bei denen die ÖVP jedes Mal noch betrogen worden ist). Dieses Trio hätte – wenn es wirklich vereint agiert – auch die Kraft, dem in Sankt Pölten und in der WKO sitzenden Hauptübeln der ÖVP erfolgreich Paroli zu bieten. Dieses Trio würde auch durchsetzen, dass die Herrn Ostermayer und Faymann endlich im Parlamentsauschuss wegen ihrer Erpressungen und Untreue-Aktionen unter Wahrheitspflicht aussagen müssten.
Zu all dem wird es aber natürlich nicht kommen. Schon deshalb nicht, weil sich Spindelegger ganz offensichtlich lieber scheibchenweise demontieren lässt, statt sich ehrlichen Herzens für ein solches Offensiv-Konzept zu öffnen. Dazu müsste er nämlich endlich seine schlechteste Eigenschaft überwinden: Misstrauen gegen jeden anderen Parteifreund, der seinen politischen Weg kreuzen könnte.
Schade um ihn. Soviel Personalreserven hat die ÖVP, hat Österreich nach der Verabschiedung zahlreicher schwarzer Parteichefs im Staccato-Rhythmus längst nicht mehr.
PS.: Hätten die potentiellen Schwarz-Wähler irgendetwas mitzureden, dann würde jetzt natürlich noch eine ganze andere Möglichkeit im Zentrum stehen: Lange Bittprozessionen zu Wolfgang Schüssel, es vielleicht doch noch einmal zu machen. Aber die Wähler haben ja nichts mitzureden.