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Wenn man von Griechenland und Frankreich absieht, dann zeigt die Beobachtung der europäischen Schuldenstaaten Erstaunliches: Sie sind durch die Krise weise geworden, ziehen eine ganze Reihe sinnvoller Reformen durch, die nur deshalb (noch?) nicht greifen, weil sie viel zu spät gekommen sind. Das sollte auch den scheinbar stabilen Nordländern eine Lehre sein: Rechtzeitige Reformen könnten viel Leid ersparen.
Die Griechen hingegen versprechen in vielen Schlüsselfragen nur die Durchführung von Reformen. Und die Franzosen machen überhaupt das Gegenteil.
Auf den Kern gebracht geht es bei den Sanierungsmaßnahmen immer um folgende Grundideen: Abbau von Beamten; Durchforstung der Sozialleistungen; Privatisierungen; Deregulierungen. Irland, Portugal und – in ersten Ansätzen – auch Spanien haben das erkannt. Italien könnte überhaupt bald zum Musterland werden. Das wäre für Österreich besonders erfreulich, sind die Italiener doch der zweitwichtigste Handelspartner der Alpenrepublik. Ihr Zusammenbruch wäre daher fatal.
Dabei werden die Nachbarn freilich auch zur Konkurrenz: Rom kämpft nun mit allen Mitteln darum, zur Drehscheibe für den Zufluss von Erdgas aus Zentralasien und Nordafrika nach Europa zu werden. Genau dasselbe soll aber auch die Pipeline-Idee Nabucco für Österreich erreichen. Nur wird dieses Projekt leider von der österreichischen Politik nicht ausreichend energisch unterstützt. Die Wiener Regierung muss endlich lernen, dass sich Außenpolitik – von der Regierungsspitze bis zu den zuständigen Ministerien – weltweit heute primär um nationale Wirtschaftsinteressen zu kümmern hat. Österreichs Diplomatie ist dazu offenbar zu nobel oder ahnungslos.
Auch in anderer Energie-Hinsicht kommt ein lauter Weckruf aus Italien: Die Gewinnung von Öl und Gas auf eigenem Territorium wird dort massiv gefördert. Das Verbot von Bohrungen vor der Küste wird stark gelockert. Das lockt einerseits Investitionen an und verbilligt andererseits die künftige Energierechnung. Was hat Österreich gleichzeitig getan? Es hat Gesetze beschlossen, welche die Nutzung der großen Gasfunde unter dem Weinviertel so gut wie unmöglich machen.
Ebenso vorbildlich ist, dass Rom jede Menge an Staatsbeteiligungen verkauft. Das bringt erstens direkt Geld in die Kassa, und zweitens machen Privatisierungen in 90 Prozent der Fälle sieche Unternehmen profitabel.
Das alles geht freilich erst, seit jeder Italien begriffen hat, wie sehr der Hut brennt: In den letzten zwei Jahren sind Eintausend Milliarden Euro aus Italien abgewandert. Bankkonten wurden trotz überhöhter Zinsen abgeräumt; italienische Staatsanleihen verramscht. Italien muss also noch wirklich hart arbeiten und den Gürtel enger schnallen, bis das Vertrauen in seine Papiere wieder hergestellt ist. Das bedeutet viele dürre Jahre. Aber die Italiener haben wenigstens mit den Aufforstungsarbeiten begonnen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.