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Es gibt sie also doch noch, die braven Staatsdiener, denen Korrektheit und Gesetzestreue mehr wert ist als das Buckeln vor einer ebenso mächtigen wie hemmungslosen Ministerin. Daher muss einem noch nicht ganz bange um die Republik sein. Auch wenn es ein haarsträubender Skandal ist, dass auf einen schwer belastenden Aktenvermerk einer Beamtin nicht sofort ein Rücktritt der dadurch bloßgestellten Ministerin gefolgt ist, wie es in jedem anständigen Land der Fall wäre. Auch wenn dieser Fall ebenso wie die neuesten Entwicklungen im Fall Faymann unglaubliche Fehlleistungen der Staatsanwälte zeigen.
Die zuständige Beamtin im Infrastrukturministerium der berüchtigten Doris Bures hatte eine sechsseitige „Evaluierung Ist-Situation Medienkooperationen“ verfasst. Das von den „Salzburger Nachrichten“ aufgedeckte Schreiben ist so brisant, dass der ORF mindestens sechs Mal die „Zeit im Bild“ damit aufgemacht hätte, wäre dadurch ein schwarzer oder blauer Politiker oder die katholische Kirche belastet worden (was keine der dortigen Affären relativiert).
Das Schreiben beweist, dass trotz aller angeblichen Antikorruptions-Reformen im Bereich öffentlicher Anzeigen die Sauereien im Bures-Ressort ungehindert weitergehen. Freilich habe ich ohnedies nie an einen Erfolg dieser Reformen geglaubt, hat doch dabei ausgerechnet Ober-Schlitzohr Ostermayer die Feder geführt.
Das Schriftstück zeigt: Bures und ihr unmittelbares Kabinett vereinbaren Inseratenaufträge auf direktem und mündlichem(!) Weg. Ohne jede Ausschreibung. Ohne jeden Versuch, die Inseratenschaltungen für den Steuerzahler billiger zu bekommen, wie es in jedem anständigen Unternehmen der Fall wäre, das Inserate schaltet.
Die Konsequenz: „Es gibt keinerlei thematische und budgetäre Planbarkeit.“ Und weiters wird festgehalten, Sektion und Fachabteilung werden „über das Thema der Einschaltung nicht informiert bzw. nicht in die Themenauswahl eingebunden. Eine Beurteilung der Fachsektion bezüglich Insertion ist mangels Einbindung während der Leistungserbringung nicht möglich.“
Der Schaden ist konkret: „Rabattmöglichkeiten werden nicht genutzt. Aufgrund der Einzelbeauftragungen können viele Rabatte nicht lukriert werden (auch weil das Verkehrsministerium mit verschiedenen Kundennummern bei ein und demselben Medium oftmals registriert ist)“. Diese Vorgangsweise entspreche nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit, betont die Beamtin. Das sind aber genau jene Verhaltensweisen, zu denen ein Minister eigentlich nach dem Gesetzeswortlaut verpflichtet wäre. Ansonsten begeht er Amtsmissbrauch.
Dazu kommt, dass laut dem Schriftstück der Beamtin insbesondere die Mediaprint ihre Angebote nur unvollständig und fehlerhaft übermittelt hat, dass beim Fellner-Verlag die Rechnungssummen nicht einmal unter Heranziehung der offiziellen Tariflisten nachvollzogen werden können. Folglich: „Die Voraussetzungen für ein Testat (sachliche und rechnerische Prüfung) in den Fachabteilungen sind derzeit nicht gegeben.“
Man glaubt, verheerender ginge es nicht. Doch man täuscht sich, wenn man die Stellungnahme des Ministerbüros liest. Das spricht nämlich frech von „einer persönlichen Bemerkung einer kleinen Beamtin“, deren Vorwürfe pauschal zurückgewiesen werden. Und ansonsten putzt sich das Ministerbüro am dazwischensitzenden Sektionschef ab: „Niemand hindert einen Sektionschef, alle Rabattmöglichkeiten zu nutzen. Wenn er das nicht tut, ist er säumig.“
Dieser Sektionschef selbst stottert gegenüber den SN dann nur noch hilflos herum: Die Zahlen würden so nicht stimmen. Was aber nicht stimmen soll, kann er freilich nicht darlegen. Und offenbar lässt er jetzt den Akt unerledigt abliegen. Ihn scheint einzig zu interessieren, wer die sechs Seiten weitergegeben hat. Halt das schlechte Gegenbeispiel eines anderen Beamtentyps.
Jetzt ist nur noch fraglich, warum die Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht schon tätig ist. Was sie ja bei einem Offizialdelikt von sich aus muss. Oder agiert dieses Gremium unter Führung eines grünen Expolitikers nur dann binnen weniger Stunden und unaufgefordert, wenn die Täter Kärntner sind und sich ein Grüner als Aufdecker profiliert?
Besonders aufpassen wird man jetzt aber auch müssen, wie sich der ja nie zimperliche rote Machtapparat an dieser Beamtin rächen wird.
Dieser Skandal wird bekannt, während sich der Vorgänger der gleichen Ministerin, ein gewisser Werner Faymann, verzweifelt aus den gegen ihn gerichteten Erhebungen der Staatsanwaltschaft herauszuwinden versucht. Hier mussten ja die sich sträubenden Staatsanwälte auf Weisung des Justizministeriums letztlich doch aktiv werden. In dieser Causa liegt nun ein erstes Gutachten vor, das Faymann angeblich entlastet. So berichtet es eine der von der SPÖ gesponserten Gazetten.
Am Hand dieses Gutachtens stößt man aber schon auf den nächsten Skandal, der der Öffentlichkeit noch gar nicht bewusst geworden ist. Die Staatsanwälte haben einen deutsch-schweizer Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Er sollte die dubiosen Anzeigenschaltungen Faymanns zu Lasten der ÖBB in der Krone bewerten. Das klingt nur scheinbar ok. Dabei hat man jedoch einen Mann ausgewählt, der ein Sachverständiger für Design, Produktion und Technik ist, also für völlig andere Bereiche der Medien!
Dessen Kompetenzen sind etwas ganz anderes als die inhaltliche und textliche Bewertung von Anzeigen sowie deren Werbewert. In etlichen dieser sogenannten Inserate wurden Leistungen der angeblich freiwillig zahlenden ÖBB gezielt heruntergemacht. Damit konnte der darüberstehende Minister dann als Ordnungsmacher dargestellt werden.
Bei der Bewertung dieser Fragen geht es also weder um Design und Layout noch um Druck und Computer, für die sich der gutachtende Diplomingenieur als Kenner ausgibt. Und wer glaubt, ein Medienexperte sei für alles zuständig und kann sich überall auskennen, was bei Zeitungen auf viele Spezialisten aufgeteilt ist, der wird beim nächsten Mal auch das Medium eines Hypnotiseurs mit einer Tageszeitung verwechseln, nur weil die halt auch ein Medium ist . . .
Jenseits dieser Gutachter-Affäre bleibt an Faymann beziehungsweise seinem Exekutor Ostermayer auch noch die schwere Verletzung des Aktiengesetzes picken. Die hat ja, wie im Grunde auch zugegeben wird, darin bestanden, dass sich Faymann als Vertreter des Eigentümers (denn Eigentümer der ÖBB ist nicht der Minister, sondern die Allgemeinheit!) in die Amtsgeschäfte des Vorstandes einmischt. Und von sich aus Inserate in Auftrag gibt.
Dazu kommt noch eine weitere schwere Rechtsverletzung – auch dieser dritte Skandal ist der Staatsanwaltschaft in seinen rechtlichen Konsequenzen freilich noch gar nicht bewusst geworden: Diese angeblichen Inserate waren nämlich in der Kronenzeitung optisch in keiner Weise als solche oder als PR gekennzeichnet, wie es das Mediengesetz verlangt. Sie sind vielmehr als rein redaktionell gestaltete und ausgewiesene Doppelseiten erschienen.
Damit haben die ÖBB aber für etwas bezahlt, für das sie laut Medienrecht gar nie bezahlen hätten müssenund dürfen. Ein Minister darf das schon gar nicht. Zu bezahlen sind nur Anzeigen beziehungsweise gekennzeichnete PR-Strecken. Das macht es aber zum glatten Amtsmissbrauch beziehungsweise zur Untreue, wenn für rein redaktionelle Seiten dennoch Unternehmensgelder der ÖBB ausbezahlt werden, obwohl es ja um einen angeblichen Anzeigenauftrag geht. Und sollte diese Falscherfüllung des Auftrags einverständlich passiert sein, darf ein Minister erst recht nicht mitspielen. Nur haben das alles die schlichten Staatsanwälte noch gar nicht begriffen.
Das alles soll also nun mit einem solchen läppischen Gutachten eines ausländischen Technikers vom Tisch gewischt werden. Die Staatsanwaltschaft ist freilich schon länger berühmt dafür – siehe die Causen Birnbacher und Meinl –, dass sie es zuerst mit skurrilen, aber in ihrem Sinn willfährigen Gutachtern versucht. In beiden Fällen ist sie erst später zur Heranziehung brauchbarer Gutachter gezwungen worden. In vielen anderen Fällen dürfte sie aber damit wohl schon unbemerkt davongekommen sein. Zum Schaden des Rechtsstaats.