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Die geheimen Tricks der staatlichen Bankräuber

Ein griechischer Unternehmer – der aber lange in Deutschland gelebt hat – hat es in einem wunderschönen Gleichnis auf den Punkt gebracht, das ich in einer Schweizer Zeitung gefunden habe: Die Griechen seien von der EU zehn Jahre gleichsam in ein Aquarium gesetzt worden; sie hätten dort nur den Mund öffnen müssen und schon sei ihnen ein Fisch hineingeschwommen. Jetzt in der allgemeinen Krise entdecken die Menschen voll Panik: „Wir haben ja nie zu angeln gelernt.“

Mit anderen Worten: Europa hat mit all dem vielen Geld für Griechenland nicht dessen Wettbewerbsfähigkeit erhöht, sondern gesenkt. Was auch in vielen anderen Ländern zutrifft. Wettbewerbsfähig wird man nämlich nicht durch Überflutung mit Geld – das schon lange vor der Schuldenkrise über zahllose Kanäle nach Griechenland geschwappt ist –, sondern nur durch die Konfrontation mit der Realität. Durch das Wissen, auf sich selbst gestellt zu sein.

Hilfsgelder helfen nicht

Freilich muss man der EU selbst zugute halten: Die Forderung nach ständig mehr Geld ist primär von den Empfängerstaaten selbst ausgegangen. So wie in Italien seit Generationen jede Regierung von den Abgeordneten des faulen und entwicklungsresistenten Südens erpresst worden ist, so haben die Südländer jedesmal ihre Stimme – für ganz andere Themen wie etwa die Osterweiterung – erpresserisch gegen noch mehr EU-Geld verkauft. Und die Deutschen als Hauptzahler haben immer zugestimmt, weil sie ja nie die Bösen sein wollten und auch viel Geld hatten. Heute wissen wir, dass das den Südländern langfristig mehr geschadet als genutzt hat, kurzfristig haben aber die dortigen Regierungen immer einen Gewinn gesehen.

Die wettbewerbsfähigsten Staaten der Welt sind heute etwa die Schweiz, Singapur oder Hongkong: Sie sind im Gegensatz zum Großseins-Fimmel der EU klein. Sie haben keine Kohäsions-, Struktur-, EFSF-, ESM-, EZB-Gelder bekommen. Sie haben auch alle keine Rohstoffe. Sie haben aber in einer harten Geschichte über Generationen gelernt, dass sie nur von ihrem eigenen Fleiß, ihrer eigenen Tüchtigkeit abhängig sind.

Das hat auch die österreichische und deutsche Nachkriegsgeneration aus dem Jahr 1945 gelernt. Dementsprechend hat sie sich vom Armenhaus der Welt mit Erfolg emporgearbeitet. Doch jetzt wird die nächste Generation offenbar vom Virus der ständig nur fordernden und nie etwas leistenden Wohlfahrtsstaats-Krankheit infiziert. Der in Südeuropa nie ausgerottet worden ist.

Es kann kein Zufall sein, dass selbst in Osteuropa heute die südlichen Staaten viel schlechter dastehen als die nördlichen. Polen, Tschechien, die Slowakei und die baltischen Staaten sind trotz der historischen Altlast der kommunistischen Destruktion heute sehr erfolgreich unterwegs. Während Rumänien und Bulgarien weder funktionierende Demokratien noch Ökonomien haben.

Slowenien, der nächste Pleitenkandidat

Wir sollten uns aber auch um ein weiteres Mittelmeerland große Sorgen machen, dass bisher noch kaum ins Blickfeld unserer Aufmerksamkeit gerückt ist, das aber an Österreich angrenzt: Slowenien. Denn dieses Land hat sich seit der Wende jahrzehntelang nur auf seinen Lorbeeren ausgeruht (als einst relativ erfolgreichste Teilrepublik des jugoslawischen Selbstverwaltungs-Chaos).

Wer sich aber 20 Jahre lang nicht weiterentwickelt, der fällt dramatisch zurück. Slowenien hat völlig unzureichend privatisiert. Seine Banken und große Teile der Industrie sind in einem maroden Zustand. Das Land ist daher mit Sicherheit der nächste Anwärter auf europäische Hilfen – auch wenn das in üblicher Art und Weise derzeit noch dementiert wird.

Gewiss, Slowenien ist ein kleines Land. Und bei der Großzügigkeit der europäischen Schuldenmacherei werden daher wohl auch die Fische für dieses Land als kleine bezeichnet werden. So wie jene für Griechenland, wo sich offenbar nur Kleingeister über die Tausenden Pensionen für schon jahrelang Tote oder die Unterstützungen für sehende Blinde ereifern.

EU-Gelder für spanische Fußballmillionäre

Viel größer sind aber jedenfalls die Fische, die nach Spanien zu liefern sind. Und da liest man über die verstaatliche Bank Bankia geradezu Unglaubliches, obwohl diese derzeit in Spanien bei weitem an der Spitze der Hilfsbedürftigkeit steht: Sie erlässt dem Fußballklub Valencia CF mitten in der eigenen Pleitesituation einfach 250 Millionen Euro an Schulden. Und gibt ihm noch 100 Millionen frisches Geld als Darlehen. Und baut das halbfertige Superstadion von Valencia fertig.

Kann man eigentlich noch provozierender mit dem Geld der deutschen, niederländischen und österreichischen Steuerzahler umgehen? Wundert da noch der im Norden täglich anwachsende Zorn?

Der wohl noch größer werden wird: Sollen doch die spanische Fußballklubs der obersten Liga insgesamt mit nicht weniger als 3,5 Milliarden verschuldet sein. Die werden wir wohl auch noch zahlen müssen. Sonst würde ja Spanien vielleicht nicht ein weiteres Mal Europa- und Weltmeister. Sonst müssten am Ende die Stars bei Barcelona oder Real Madrid anderswo ihre Millionen verdienen oder sich gar mit deutlich weniger Cash zufriedengeben.

Was hilft es da, dem die positive österreichische Praxis entgegenzustellen, wo immer wieder Klubs wegen ihrer Schulden die Lizenz entzogen wird? (vom Rapid-Skandal sollten wir freilich auch nicht reden: Hat doch der Klub von der Eurofighter-Firma ganz ohne Gegenleistung vier Millionen Euro entgegengenommen, wohinter sich mit Wahrscheinlichkeit die Bestechung einer Partei verbirgt).

Der Trick hinter den niedrigen Anleihe-Zinsen

Die österreichische Beschwichtigungs-Industrie will das alles aber nicht wahrhaben. Jetzt hat sie ein neues Argument: Das mache doch alles nichts. Die Zinsen für österreichische (und deutsche und niederländische) Anleihen seien doch so niedrig wie noch nie. Das sei doch ein klares Zeichen von Vertrauen.

Unter normalen Verhältnissen wäre diese Aussage auch durchaus richtig. Nicht aber angesichts der miesen Tricks der Staaten, welche die Öffentlichkeit kaum durchschaut. Denn die Staaten zwingen die Banken mit raffinierten Methoden, ihre Anleihen massenweise zu kaufen und halten nur dadurch ihre Zinsen niedrig.

Das geht so: Zuerst stempelt der Propagandaapparat von Staaten und praktisch allen Parteien mit Hilfe dummer oder ideologischer Journalisten die Banken zu den Hauptschuldigen der Krise. Was sie – trotz aller Fehler und Gaunereien – aber nicht sind. Denn im Vergleich zur Schuld der Regierungen, der staatlich gelenkten Notenbanken und der von Politikern in den Abgrund gefahrenen Staatsbanken steht die kommerziell geführte Bankenwelt relativ harmlos und sauber da.

Denn selbst beim Libor-Skandal der letzten Tage stellt sich nun heraus, dass die kriminelle Hinunter-Manipulation der Libor-Zinssätze nicht nur mit Wissen, sondern auch auf Wunsch von Notenbanken und Staaten passiert ist. Davon haben zwar auch viele normale Kreditnehmer profitiert (ohne natürlich mitschuld zu sein), aber insbesondere war die künstliche Senkung der durch den Libor bestimmten Zinsen im politischen Interesse. Daher ist es aber auch durchaus möglich, dass die Erhebungen in Sachen Libor-Manipulation eines Tages sanft entschlafen werden.

Sobald aber einmal in der öffentlichen Meinung die Banken als die Hauptverbrecher identifiziert waren, konnten dann die diversen Aufseher und Regulatoren den Banken mit Leichtigkeit höhere Eigenkapital- und höhere Liquiditäts-Quoten aufzwingen. Sie wurden dafür sogar als stabilitätsbewusst gelobt.

Auch mir schien das lange durchaus richtig zu sein. Und auch heute noch bin ich von der Richtigkeit und Wichtigkeit des Prinzips überzeugt: „Höheres Eigenkapital und mehr Liquidität erhöhen die Stabilität und Sicherheit, auch wenn sie die Ertragskraft reduzieren.“

Hinter diesem Prinzip versteckt haben die Staaten aber eine ganz andere Agenda betrieben, eine Agenda, die die Stabilität reduziert und nicht erhöht: Denn sowohl bei den Eigenkapital- wie auch bei der Liquiditäts-Vorschriften haben die Staaten und Notenbanken die eigenen Staatsanleihen privilegiert! Diese Staatsanleihen gelten auf Befehl der Staaten als genauso sicher wie Bargeld. Das sind genau solche Papiere, die wie im Fall Griechenland über Nacht nur noch einen Bruchteil wert waren. Das muss man sich erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Betrügerischer geht’s wohl nimmer.

Scheinbare Bankenregulierung zur geheimen Staatsfinanzierung

Den Banken bleibt also bei der angeordneten Aufstockung ihrer Reserven nur die Wahl: Entweder tonnenweise Banknoten im Tresor zu stapeln oder wie wild Staatsanleihen zu kaufen. Logischerweise stapeln sie nicht, sondern kaufen (freilich nur noch Papiere der Nordländer und nicht mehr solche der Südländer – zumindest solange sie die Wahl haben und einigermaßen bei Sinnen sind). Denn auch Anleihen-Zinssätze unter der (offiziellen, also die wahre Geldentwertung ohnedies ignorierenden) Inflationsrate sind immer noch deutlich mehr als die Null Prozent Zinsen, die gehortetes Bargeld abwirft. Von Irgendetwas müssen ja auch Banken ihre Angestellten und Steuern zahlen.

Die Banken tun das zähneknirschend, aber schweigend. Denn würden sie laut protestieren, würden die Menschen den Skandal in breiter Front durchschauen und erst recht ihr Vertrauen in - die Banken verlieren.

Eine raffinierte Doppelmühle: die Staaten haben die Banken zum europäischen Sündenbock Nummer eins gemacht und zwingen sie gleichzeitig, die eigene Schuldenpolitik zu finanzieren. Einen der leider öffentlich so schweigsamen wirklichen Finanzexperten dieses Landes erinnert das im Privatgespräch an den März 1938: Damals haben die Nazis die stolzen Goldvorräte des österreichischen Ständestaates geplündert und damit eine Zeitlang ihre Aufrüstungspolitik finanziert, ohne dass das wer durchschaut hat.

Auch wenn dieser Vergleich wohl nicht in jedem Detail stimmt und natürlich auch nicht politisch korrekt ist (was mir freilich ziemlich egal ist), zeigt er doch, wie unglaublich der Vorgang ist. Das wird die Politik aber nicht hindern, die Banken wieder zu Schuldigen zu erklären, wenn dann wieder unter staatlichem Zwang für absolut sicher erklärte europäische Staatsanleihen in die Klasse von Altpapier abrutschen. Und die Staaten werden dann noch "strengere" Bank-Regulierungen beschließen, welche die Banken dann noch mehr zwingen, die Anleihen eigentlich längst nicht mehr kreditwürdiger Staaten zu kaufen.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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