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Beatrix Karl lässt uns staunen

 

Erstaunlich, erstaunlich. Die im Tagebuch so oft gescholtene Justizministerin wagt es plötzlich, der SPÖ-Außenstelle namens Oberstaatsanwaltschaft Wien zu widersprechen. Dafür ist ihr jedenfalls Respekt zu zollen.

Die Ministerin hat sich dabei nicht nur für die Gerechtigkeit eingesetzt, sondern jedenfalls auch Mut gezeigt. Sitzt sie doch in der Regierung allwöchentlich den Herren Faymann und Ostermayer gegenüber, die nicht gerade erfreut über den Beschluss der Ministerin sein können. Auch wenn sie diesen jetzt mit einem (einzigen) dürren Satz als (angeblich) „in unserem Interesse“ begrüßen. Übrigens dürfte es wohl kein Zufall sein, dass dieser Beschluss genau ein paar Stunden nach der letzten Regierungssitzung vor der ersten Sommerpause bekannt geworden ist. Denn jetzt sieht man sich mindestens 14 Tage nicht.

Beatrix Karl verlangt von der Staatsanwaltschaft eine ernsthaftere Beschäftigung mit den Inseratenaufträgen der beiden. Diese Aufträge waren einst zulasten von ÖBB und Asfinag und zugunsten jener Boulevardzeitungen erfolgt, die den damaligen Infrastrukturminister Faymann auf seinem Weg an Partei- und Regierungsspitze heftig unterstützt haben (bis hin zu untergriffigen Attacken auf Alfred Gusenbauers Tochter).

Gewiss, damit hat der schlimmste und offensichtlichste Rechtsbruch eines amtierenden Regierungsmitglieds seit Jahren noch lange nicht die in einem Rechtsstaat notwendige Konsequenz gefunden. Aber wenigstens müssen nun die faulen (oder parteiischen?) Staatsanwälte jene Asfinag-Manager vernehmen, die schwere Anschuldigungen gegen Faymann und Ostermayer erheben.

Spannend bleibt aber auch der zweite anhängige Punkt in Sachen Faymann. Hier hatte ja sogar die Oberstaatsanwaltschaft die Notwendigkeit anerkennen müssen: Ein Gutachter soll nämlich feststellen, ob die von Faymann veranlassten ÖBB-Inserate der Bahn geschadet haben, in denen auf (aus Steuergeld bezahlten, aber nicht als Inserat gekennzeichneten) Doppelseiten der nicht gerade billigen Kronenzeitung die Bahn wegen ihrer Verspätungen verhöhnt worden ist.

Dazu bräuchte es zwar eigentlich keinen Gutachter, sondern nur einen Staatsanwalt und einen Richter, die intellektuell imstande sind, Kronenzeitungs-Texte zu lesen. Beim Tempo der österreichischen Strafverfolgung wird dieses Gutachten nun kaum vor Jahresende vorliegen. Und es wird wahrscheinlich einer der linken Wiener Publizistik-Professoren sein, der da etwas (wem wohl?) Zweckdienliches von sich geben wird. Es bleibt aber spannend, welche dialektischen Worte diesem einfallen werden, um die ÖBB-Beschimpfung – die Faymann als weißen Ritter erscheinen lassen sollte – zum Interesse der ÖBB zu machen.

Mit diesem Beschluss Karls hat aber jedenfalls die Oberstaatsanwaltschaft Wien einen neuen schweren Dämpfer erlitten. Der erste war das einhellige parlamentarische Verlangen einer Überprüfung des Vorgehens in Sachen Kampusch-Zweittäter durch internationale Experten. Aber auch in dieser Frage sollte man sich nicht zu früh freuen. Denn der Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit ist noch ein langer. Daher sollte auch hier noch genau beobachtet werden, WER denn den Auftrag zur Überprüfung bekommt. Und ob die staatsanwaltschaftlichen Füchse da wirklich alles offenlegen und den Ausländern keine Prügel vor die Füße werfen.

Aber dennoch ist das für das Tagebuch ein guter Tag: Denn es hat Inseraten- ebenso wie Kampusch-Skandal thematisiert, als sonst noch niemand daran interessiert war. Daher bleibt die Devise aufrecht: Niemals aufgeben! Das Verbrechen hat noch nie dauerhaft gesiegt.

 

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