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Schulzeugnis des Versagens und Manipulierens

Nirgendwo klaffen bei dieser Regierung Propaganda und Realität so weit auseinander wie bei Gesundheit und Bildung. Zum Schulschluss hat vor allem das Schulthema große Chance auf unkritischen medialen Widerhall. So wie zu Allerheiligen Friedhofsthemen. Das nutzt die verantwortliche Ministerin prompt dazu, sich derzeit selbst tagtäglich Zeugnisse auszustellen. Diese bestätigen Claudia Schmied aber in Wahrheit nur in einem einzigen Gegenstand ein gutes Abschneiden: nämlich in Sachen Manipulation und Dialektik. Ansonsten schaut es rund um die Schulpolitik derzeit nämlich extrem traurig aus.

Die neuesten Einträge ins Klassenbuch des Versagens und Manipulierens:

Wie die Gesamtschulen hochgejubelt werden

Erstens: Der Schmiedsche Propagandaapparat verbreitete diese Woche Statistiken, denen zufolge die „Neuen Mittelschulen“ zu einem weit höheren Prozentsatz den 14-Jährigen AHS-Reife verschaffen, als es die Hauptschulen tun. Das hätten (schon im März!!) die ersten Jahrgänge gezeigt, die in fünf Bundesländern nun gerade die NMS hinter sich bringen. Klingt doch toll – aber leider nur für total Ahnungslose.

a.      Die ersten Zweifel an der Schmiedschen Behauptung kommen einem beim Vergleich der Bundesländer-Ergebnisse. Denn im seit Jahrzehnten stramm sozialistisch beherrschten Burgenland soll die AHS-Reife gar bei vier von fünf NMS-Absolventen vorliegen. Hingegen scheint in den weniger von linken Kadergehorsam beherrschten Ländern Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg jeweils nur rund die Hälfte der NMS-Absolventen reif fürs Gymnasium zu sein. Ziemlich seltsam, um wie viel klüger die Burgenländer dieser Propaganda zufolge sein sollen. (Aus Höflichkeit erspare ich mir hier alle Burgenländer-Witze).

b.     Was die ministeriellen Spin-Doctoren in ihrem Propaganda-Feldzug verschweigen: Die AHS-Reife wird nicht etwa von AHS-Lehrern festgestellt, welche die Absolventen der NMS übernehmen sollen. Vielmehr erfolgt die Bewertung durch die NMS-Lehrer selbst. Diese bewerten damit den Erfolg der eigenen Anstrengungen. Was vielleicht kein ganz objektiver Maßstab sein dürfte (und schon gar nicht dann,wenn die Lehrer unter Druck eines militant ideologischen Landesschulrats wie im Burgenland stehen). Wäre die Selbstbewertung ein legitimer Maßstab, würde sich dieses Modell wohl auch für künftige Wahlrechtsreformen nach sozialistischer Art eignen: Da werden dann nicht mehr die Wähler, sondern die Parteien selbst sich die Zeugnisse in Form von Wahlergebnissen ausstellen. Die wohl nicht mehr sehr überraschend wären.

c.      Verschwiegen wird von den Schmied-Propagandisten auch, dass die Hauptschulen wie auch die AHS-Unterstufen gesetzwidrig mit viel größeren Schülerzahlen in den Klassen fertig werden müssen als die Gesamtschulen.

d.     Verschwiegen wird weiters, dass für jede einzelne dieser kleineren NMS-Klassen überdies noch viel mehr Lehrerstunden bezahlt werden als für die größeren Klassen anderen Schulen.

e.      Verschwiegen wird auch, dass bisher alle objektiven Vergleiche von Gesamtschulen (etwa in Wien gibt’s die ja schon viel länger als die Schmied-NMS) mit den ersten beiden Klassenzügen der Hauptschulen für die Gesamtschulen vernichtend ausgefallen sind. Und dass sich das Ministerium bis heute krampfhaft bemüht, alle echten Vergleichsstatistiken vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.

f.       Und last not least bestätigen alle befragten Lehrer von AHS, dass im Schnitt Schüler, die von Gesamtschulen kommen, schlechter sind als jene von Hauptschulen. Was auch kein Wunder ist: Denn in der Hauptschule wird nach Leistung getrennt unterrichtet, während in den Gesamtschulen vom Gescheitesten bis zum Blödesten alle den gleichen Unterricht erhalten. Wobei es wenig nützt, dass in den NMS statt einem meist zwei Lehrer gleichzeitig in der Klasse stehen. Die Schüler fühlen sich durch diese Vielfalt oft mehr verwirrt als gefördert.

Selbst die Oberstufe wird ausgehungert

Zweitens: Die AHS werden zugunsten der NMS nicht nur in der Unterstufe ausgehungert. Dasselbe Schicksal erleiden auch reine Oberstufenrealgymnasien – obwohl diese eigentlich (noch?) nicht auf der Abschussliste linker Schulklassenkampf-Pläne stehen. Ein Direktor eines solchen BORG hat mir die Daten seines Investitionsbudgets gezeigt, also jener Geldmittel, die er für Computer, Beamer und ähnliches ausgeben kann: Waren das 2009 noch 22.000 Euro, so sank der Wert dann alljährlich: 17.000, 13.000 und zuletzt 10.000 Euro. Und das nennt sich dann „Bildungsoffensive“ . . .

Nur Placebo-Therapien gegen die Schwänz-Epidemie

Drittens: Ein wirklicher Skandal ist auch die institutionalisierte Untätigkeit der Unterrichtsbehörden beim Thema Schulschwänzen. Denn das nach langen Aufregungen nun mit dem Innenministerium vereinbarte Antischwänz-Paket ist geradezu lächerlich. Damit ist weniger die vordergründige Debatte um die Höhe von Geldstrafen gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass überhaupt erst nach dem zehnten(!) Schwänztag die ersten Konsequenzen vorgesehen sind. Und die sind peinlich harmlos: Man redet halt einmal mit den Eltern über das Problem.

Dazu kommt ja, dass ohnedies ein Gutteil der Schulschwänzer nicht erwischt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eltern irgendwie aus Dummheit oder Solidarität mit dem Schwänzen ihrer Kinder mitspielen.

Aber warum bitte gibt’s diese Konsequenz nicht wenigstens gleich beim ersten Tag, an dem ein Schüler beim Schwänzen erwischt wird? Und warum werden die Schwänzer nicht beispielsweise verpflichtet,  an Nachmittagen Versäumtes nachzuholen? Statt dessen hört man von der Ministerin nur den hohlen Newspeak der Linken: Es brauche statt Konsequenzen „Prophylaxe“, „Jugendwohlfahrt“ und „Vereinbarungskultur“.

Lehrerausbildung wird nach unten nivelliert

Viertens: Während Schmied und ein Gutteil der Politiker derzeit davon schwätzen, dass die Lehrerausbildung verbessert werden müsse, geht der Zug in die andere Richtung: Zumindest nach den Plänen der Linken sollen die Pädagogischen Hochschulen künftig auch AHS-Lehrer ausbilden.

Was in vielen Fächern ein absoluter Wahnsinn wäre: Denn an diesen PH unterrichten überwiegend avancierte Pflichtschul- und AHS-Lehrer, keineswegs Universitätsprofessoren. Wie diese Menschen Lehrer wissenschaftlich ausbilden sollen, die dann Schüler zur Universitätsreife heranzuführen hätten, bleibt ein absolutes Rätsel. Außer man verwendet jenen Erklärungsschlüssel, der letztlich hinter so viele rot-grünen (Anti-)Bildungs-Aktionen steht: „Matura, Bachelor und Master für jeden! Und zwar ohne altmodischen Leistungsfimmel, weil sonst wären ja bildungsferne Schichten benachteiligt!“

Ein ganz anderes Thema ist freilich, dass sowohl nach einer PH wie bisweilen auch nach einer Uni die Absolventen oft nicht einmal die deutsche Rechtschreibung oder die (theoretisch) studierte Fremdsprache beherrschen. Dennoch wurde ihnen die Unterrichtsfähigkeit attestiert.

Tägliche Schulgewalt lässt Mittelstand in AHS flüchten

Fünftens: Soeben ist eine hochinteressante Statistik veröffentlicht worden („Gewalterfahrungen von Jugendlichen: Prävalenzen und Risikogruppen“, HG Strohmaier u.a.). Sie sagt, dass es an maturaführenden Schulen deutlich weniger Gewalt unter Schülern gibt als an Pflichtschulen. Das ist zweifellos einer der vielen Gründe, warum immer mehr Schüler wie Eltern trotz aller ministeriellen Aushungerungsaktionen in die AHS drängen.

Die Linken hingegen begründen sogar mit dieser Statistik den Vorteil von zwangsweisen Gesamtschulen. Das Warum ist nicht so klar. Vielleicht damit in diesen dann die schon vom Elternhaus durch Gewalt geprägten Kinder in den zur Gewaltlosigkeit erzogenen Mittelschichtschülern Prügelopfer in ausreichender Zahl finden.

Das Kuscheln hat das Niveau gesenkt

Sechstens: Eine andere Studie („Schulqualität und Befinden in der Schule“, Eder, Haider) zeigt, dass der Leistungsdruck in den Schulen nachgelassen hat. Auch fühlen sich die Schüler zunehmend wohl in den Schulen.  

Hochinteressant – und ehrlich – ist der Schluss des Autors Ferdinand Eder: „Wir haben oft die Erwartung, dass ein besseres Wohlfühlen in der Schule zu mehr Lernerfolg führe. Und diese Verbindung, die lässt sich nicht nachweisen.“ Und weiter: „Wenn Leistungsdruck deshalb geringer wird, weil die Herausforderungen weniger geworden sind, dann ist das zwar auf den ersten Blick positiv. In Bezug auf die Schule ist das keineswegs positiv, dass nicht nur der Leistungsdruck zurückgegangen ist, sondern auch das, was von den Schülern verlangt wird.“

Vielleicht denken an Hand solcher Studien auch die mit dem Bildungssystem so unzufriedenen Industriellen einmal wirklich über die Ursachen des Bildungsverfalls nach? Das wäre jedenfalls viel sinnvoller, statt sich weiter mit den Propagandisten linker Kuschelpädagogik ins Bett zu legen. Die ist nämlich eine Hauptursache des Verfalls.

Die Chancen, dass unsere Industriellen klüger werden, sind freilich gleich Null, seit in der Industriellenvereinigung ein blauäugiger Sozialliberaler regiert, der all diese linken Sprüche nachplappert. Übrigens sind die deutschen Unternehmerverbände vehement für ein differenziertes Schulsystem. Aber die sind halt neoliberal und nicht sozialliberal.

Mehr Nachhilfe bringt Pisa-Erfolge

Siebtens: Die Intelligenzprobleme linker Bildungspolitiker zeigten sich auch bei der Präsentation einer Arbeiterkammerstudie über Nachhilfe. Diese ergibt zwar viel höhere Nachhilfe-Ausgaben als eine ähnliche Studie der Statistik Austria. Aber auch nach der AK-Studie sind die Ausgaben für Nachhilfe binnen eines Jahres von 127 auf 107 Millionen Euro gesunken. Das heißt logischerweise: Entweder sinkt der Leistungsanspruch in den Schulen dramatisch oder die Schulen sind plötzlich viel besser geworden.

Arbeiterkammerchef Tumpel hat freilich eine dritte Erklärung: Die Menschen können sich plötzlich die Nachhilfekosten nicht mehr leisten. Die Tatsache, dass im gleichen Jahr die Konsumausgaben gestiegen sind, deutet freilich nicht wirklich auf eine Verarmung der Österreicher hin. Solche Tatsachen können aber ganz offensichtlich die Klassenkampf-Logik eines Arbeiterkammer-Bonzen nicht beeinträchtigen.

Besonders heiter ist auch, wie die ÖGB-Vizepräsidentin Oberhauser auf die gleiche Statistik reagierte. Obwohl die Höhen der Nachhilfeausgaben zwischen der von den Linken gehassten Hauptschule und der mit gigantischen Budgetmitteln subventionierten Neuen Mittelschule nicht einmal um zehn Prozent auseinanderliegen, leitet sie daraus den endgültigen Beweis für die Gesamtschule ab. Dabei sind die Mehrausgaben für die Gesamtschule immer damit begründet worden, dass dann die Nachhilfeausgaben wegfallen würden. Dabei sind Gesamtschulen viel häufiger Ganztagsschulen als die Hauptschulen.

Verschwiegen wird natürlich auch, dass in den Pisa-Siegerländern in Asien der Anteil der Schüler mit Nachhilfe ein Vielfaches des österreichischen Wertes beträgt; dass dort die besten Nachhilfeinstitute sogar Wartelisten führen; dass es dort einen gewaltigen Wettlauf um Plätze in den besten Schulen gibt, die gute Karrierechancen versprechen. Und all das ist der Fall, obwohl jene Länder theoretisch reine Gesamtschulländer sind. Oder vielleicht gerade deshalb?

Aber Gewerkschaftsbosse und andere Linke wissen ohnedies immer das Ergebnis jeder Studie voraus. Ist das Wetter schlecht, beweist das die Notwendigkeit der Gesamtschule. Ist das Wetter gut, beweist das die Notwendigkeit der Gesamtschule. Ist das Wetter wechselhaft natürlich ebenso.

Und schnell noch ein paar Zeitungen bestochen

Achtens: Die hemmungslose Charakterlosigkeit dieser Ministerin hat sich in den letzten Wochen noch an etwas ganz anderem gezeigt: Sie hat seit 1. Mai über 200.000 Euro für Inserate an Wiener Medien verschoben, die wie immer vor allem an die drei übelsten Boulevard-Medien gingen. Der Inhalt:Meist ihr Bild und schwachsinnige Werbesprüche wie "Die Neue Mittelschule - ein Meilenstein für Österreich". Das wirklich Grausliche daran: Sie macht diese schmierige Aktion noch ganz knapp, bevor das Medientransparenzgesetz in Kraft tritt. Nach diesem sind nämlich ab 1. Juli sowohl Inserate mit Ministerphotos wie auch mit solchen Werbesprüchen verboten.

Diese charakterlose Person setzt also noch schnell und bewusst um unser Geld solche Sauereien, bevor diese - endlich - verboten werden, sie nützt noch rasch Gesetzeslücken, um käufliche Blätter zu bestechen. Was ist das nur für ein Land, in dem so jemand die Erziehung unserer Kinder anvertraut ist?

PS.: Ausnahmsweise einmal an dieser Stelle ein Buchtipp für alle, die sich ernsthaft mit Bildungsfragen befassen wollen: Dieter Grillmayers „Schule zwischen Anspruch und Zeitgeist“ analysiert die letzten 50 Jahre ununterbrochener Bildungsreformen. Und der Autor wagt sogar herauszuarbeiten, dass gute Bildung absolut keine Frage von mehr Geld (des Staates oder der Eltern) ist. Zugleich ist – wäre – der Buch auch ein Steinbruch für die Suche nach wirklich sinnvollen Bildungsideen.

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