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Keine gute Nachricht: Die vom Tagebuch eingebrachte und von über 500 Lesern dankenswerterweise unterstützte Beschwerde gegen parteipolitische Weisungen im ORF-Fernsehen hat in der ersten Instanz keinen Erfolg gehabt. Die – im Koalitionsproporz, also mit roter Mehrheit besetzte – KommAustria hat die Beschwerde abgewiesen. Selbstverständlich gehen wir in die Berufung. Das bin ich nicht nur den vielen Unterstützern schuldig. Das hängt auch damit zusammen, dass in der Stellungnahme des ORF zu der Beschwerde noch viel Übleres herausgekommen ist, als im Zeitpunkt der Einbringung bekannt war: Die Weisung und der daraufhin entstandene einseitige ZiB-Beitrag waren direkte Folge einer Intervention der Arbeiterkammer, wie im Zuge des Verfahrens vom ORF ungeschminkt zugegeben worden ist. Das hat die KommAustria dennoch nicht gestört. Wenn der Spruch, so wie er vorliegt, rechtskräftig würde, wäre er der perfekte Persilschein für Interventionen beim ORF samt deren gehorsamen Umsetzung, ja geradezu eine Aufforderung dazu.
Freilich würde ich eher nicht annehmen, dass deswegen nichtlinke Interventionen bei der vom Ex-AZ-Redakteur Dittlbacher geleiteten Fernseh-Information künftig einen Erfolg haben könnten. Über die wird man sich wahrscheinlich weiterhin öffentlich empören. Hingegen wären die Interventionen aus linken Ecken und deren prompte Umsetzung damit auf ewig legitimiert. Denn der Spruch macht zum ersten Mal in der Geschichte des durch Gesetz eigentlich zur Unabhängigkeit verpflichteten ORF die Umsetzung von Interventionen zu einem erlaubten Verhalten.
Interessanterweise haben sich die sonst so lautstarken Redaktionsvertreter zu dem ganzen Vorfall nicht gemeldet. Damit entlarvt sich deren Aufregung über den beabsichtigten Transfer des Niko Pelinka ins Vorzimmer des ORF-Generals Wrabetz als eine scheinheilige Intrige ad personam. Dahinter steht aber kein echter Kampf für Unabhängigkeit und gegen Interventionen. Das direkte Hineinintervenieren des roten Machtapparates stört weder die (bekanntlich selbst sehr weit links stehenden) Redaktionsvertreter noch die eigentlich zur Wahrung des Gesetzes berufene KommAustria. Ein Stück des real existierenden Austro-Sozialismus.
Für alle jene, die sich im Detail in die Causa vertiefen wollen, finden sich in den Beilage alle Schriftsätze. Zuerst die von mir und dem Rechtsanwalt Werner Suppan eingebrachte Beschwerde, dann die Stellungnahme des ORF, dann unsere Replik und zuletzt der nunmehrige Bescheid.
Die Beschwerde hatte sich ursprünglich nur gegen die durch das Bekanntwerden interner ORF-Mails aufgedeckte Weisung Dittlbachers gerichtet. Diese Weisung war in mehrerlei Hinsicht problematisch.
Erstens war der von Dittlbacher inkriminierte Beitrag korrekt. Dies gab der ORF in seiner Stellungnahme dann sogar selber zu. Der ORF sprach nur noch von einer Präzisierung, obwohl Dittlbacher im bekanntgewordenen Mail an die ursprünglich damit befasste Redakteurin eindeutig eine Richtigstellung verlangt hatte: „Dass es diese Parteispenden nicht gibt, ersuche ich heute in der Parteifinanzierungsgeschichte richtigzustellen.“
Richtigstellen kann man nur etwas Falsches. Falsch war aber nur Dittlbachers Mail. Denn es gibt sehr wohl Geldflüsse aus der Arbeiterkammer (via Fraktionen) an Parteikonten. Was mittlerweile auch von ORF und KommAustria zugegeben wird.
In der Stellungnahme des ORF wurde daher nur noch vage davon geredet, dass Dittlbacher einen „möglichen falschen Eindruck beim Zuseher“ richtigstellen wollte. Der ORF gab aber gleichzeitig ausdrücklich zu, dass der erste ZiB-Beitrag nicht fehlerhaft war. Dittlbacher habe nur eine „Präzisierung angeregt“.
Das als „Anregung“ darzustellen, ist nun überhaupt absolut köstlich. Denn in jeder Redaktion der Welt ist es natürlich eine wenn auch in höfliche Worte gefasste Weisung, wenn ein Chefredakteur „ersucht“, etwas richtigzustellen. Aber bei Dittlbachers Gesinnungsfreunden in der KommAustria, die mehrheitlich zu seinen Gunsten entschieden haben, ist dieser Schmäh voll hineingegangen.
Was die Entscheidung besonders provozierend macht: Dieselbe KommAustria hatte knapp davor eine ähnliche Weisung eines stellvertretenden Chefredakteurs des Landesstudios Niederösterreich (das letzte schwarze Dorf im roten ORF-Imperium) als rechtswidrig beurteilt. Dessen Weisung hatte sich gegen die Bezeichnung des norwegischen Massenmörders B. als „christlich“ gewehrt. Was ja etliche Berechtigung hat, wie man heute weiß, vor allem seit zwei Psychiater den B. als unzurechnungsfähig bezeichnet haben.
Inhaltlich ging es bei Dittlbachers Einmischung um den zweifellos nur marginalen und formalistischen Unterschied, dass die geheimen Parteispenden (um die es im ZiB-Beitrag gegangen war) nicht direkt von der Kammer, sondern von den Fraktionen der Kammer überwiesen werden. Angesichts der Dominanz der SPÖ in der Arbeiterkammer ist dieser Unterschied jedoch ein bloßes juristisches Scheinmanöver und de facto irrelevant. Irrelevant ist daher auch der „mögliche falsche Eindruck beim Zuseher“ über dieses Detail. Nicht so freilich für Parteisoldaten Dittlbacher, der daraus gleich eine PR-Durchsage für die Arbeiterkammer machen ließ.
Die Stellungnahme des ORF auf die Beschwerde enthüllte dann aber noch viel Skandalöseres als eine Weisung und die Ausstrahlung eines Beitrags, der sachlich viel irreführender war als der ursprüngliche. In dieser Enthüllung auf ORF-Papier wird nämlich offen und offiziell zugegeben:
All das konnten Suppan und ich erst in einer nachträglichen Replik aufgreifen. Die läppische Argumentation der KommAustria auf Seite 19 ihres Bescheids zu diesen Aspekten sollte man sich daher wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Zuerst wird zwar von Objektivität und Ausgewogenheit gefaselt, um dann aber am Ende zu argumentieren, dass man ja nicht „von jeder einzelnen“ der vielen Interessenvertretungen, die es gibt, eine Stellungnahme einholen könne. Das hat ja auch niemand verlangt. Aber von den drei im ursprünglichen Beitrag genannten Interessenvertretungen hätte man das sehr wohl können. Und müssen, würde man die Objektivitäts- und Ausgeglichenheits-Pflicht auch nur eine Sekunde ernst nehmen.
Kann man eine politische Intervention und deren servile Umsetzung eigentlich noch deutlicher zugeben? Eher nicht. Denn wenn es wirklich nur um eine „notwendige Präzisierung“ gegangen wäre, wie der ORF formuliert, wäre diese etwa zweifellos bei der ebenfalls genannten Landwirtschaftskammer objektiverweise genauso notwendig gewesen. Daher ging es eben nicht um eine Präzisierung, sondern um nackten Interventionsgehorsam.
Was durch den Wortlaut der Formulierung der zweiten ZiB-Meldung noch zusätzlich bestätigt wird: „Ein Parteispendenverbot für alle Interessenvertretungen befürwortet auch die Arbeiterkammer, die das selbst schon vor Jahren umgesetzt hat.“ Eine Formulierung, wie sie der AK-Propaganda-Apparat nicht besser hätte drechseln können. Und natürlich kein Wort der „Präzisierung“, dass die Parteifinanzierung an Stelle der Kammer halt über die Fraktionen läuft. Was dann wirklich erst „präzise“ gewesen wäre.
Die restlichen juristischen Details kann man den Beilagen entnehmen. Verblüffend an der ganzen Sache ist jedenfalls, dass die Stellungnahme des ORF selbst weit mehr mit objektiver Wahrheitssuche zu tun hat, als der von der ersten bis zur letzten Seite schwer schlagseitige (und holprig formulierte) Bescheid der KommAustria.
Ich werde die Leser des Tagebuchs informieren, sobald es wieder etwas zu berichten gibt.
PS.: Auf ein weiteres köstliches wie aktuelles Exempel dafür, wie sehr die Fernsehinformation zu einer reinen PR-Außenstelle des ORF verkommt, hat mich ein Leser aufmerksam gemacht. Ich hab das Video noch einmal angeschaut, so unglaublich ist es nämlich: Die Moderatorin Ingrid Thurnher drehte am vorigen Sonntag eine Wortmeldung eines Schweizer Gastes mit folgender Formulierung ab: „Ich schlage jetzt zur Versachlichung vor, dass wir den Experten, den wir hier sitzen haben, der sich in unserer Verfassung vermutlich auskennt, wie sonst nur Frau Nationalratspräsidentin Prammer, nämlich Herrn Professor Mayer, befragen.“ Wie auch immer man Mayer einstuft: Diese speichelleckerische Gleichsetzung eines Verfassungsrechtsprofessors mit Prammer, einer ehemaligen AMS-Soziologin, ist zur ORF-Groteske der letzten Woche geworden. Der Eindruck, dass Prammer etwa wirklich eine Ahnung von der Verfassung hätte, die der eines Juristen oder gar Verfassungsprofessors auch nur irgendwie nahe käme, wäre wohl viel mehr ein Fall für eine „notwendige Präzisierung“ und Richtigstellung durch den ORF.