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Parlament diesmal hui – rote Personalpolitik immer mehr pfui

Fast täglich liefert die heimische Politik Ärgerliches und Provozierendes. Dennoch sei heute einmal primär das Positive hervorgehoben: die – einstimmige! – Einigung in einem Parlamentsausschuss, dass die Causa Kampusch neu untersucht werden soll. Das ist ein Anlass zu großer Freude. Die kann sogar den Zorn darüber dämpfen, dass die SPÖ gleichzeitig in ihrer Personalpolitik auf „Stalinismus Volle Kraft Voraus“ geschaltet hat. Offenbar geht die Partei davon aus, schnell unabhängig von jeder Qualifikation noch möglichst viele Genossen versorgen zu müssen, bevor ihr der nächste Wahltag einen Dämpfer versetzt.

Aber zurück zu Kampusch: Natürlich ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass heute, so viele Jahre nachher, noch wirklich restlose Klärung in den Fall gebracht werden kann. Aber es ist jedenfalls in einer verfahrenen Situation die beste Idee, dass sich einmal ausländische Experten alles anschauen können. Und dass da nicht ständig nur ein Staatsanwalt anderen Staatsanwälten Persilscheine ausstellt.

Ebenso erfreulich ist, dass nun offenbar ein Verfahren gegen Staatsanwälte wegen Nötigung in Gang kommen dürfte, die offenbar eine Zeugin unter Druck gesetzt haben, wunschgemäß auszusagen. Der tragische und höchstwahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit der Affäre stehende Selbstmord eines Kriminalbeamten kann ohnedies nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Mann war etlichen Indizien zufolge unter massiven Druck geraten, nachdem er die Dinge ganz anders gesehen hat als die Staatsanwälte,

Was auch immer herauskommt: Rätselhaft bleibt, warum sich gleich drei Ministerinnen da nicht getraut haben, selbst ihrer Aufsichtspflicht über die Staatsanwälte nachzukommen, die sie ständig als so wichtig bezeichnen. Sind die Herren in Rot (was bei vielen in mehrfacher Hinsicht zutrifft) wirklich zu einem unangreifbaren Staat im Staat geworden? Ideal ist es nämlich keinesfalls, dass Abgeordnete nun anfangen, wider die Gewaltentrennung die Justiz zu kontrollieren. Dies ist vor allem angesichts des in den diversen Untersuchungsausschüssen gezeigten Rechtsverständnisses mancher Abgeordneter problematisch, das ja mit serienweisen Vorverurteilungen und Unterstellungen heftig an die Methoden der Französischen Revolution erinnert (um nicht gar spätere Geschichtsepochen bemühen zu müssen).

An dunkle Epochen erinnern auch die Personalmaßnahmen der SPÖ. Da feuerte die Infrastrukturministerin Bures in einer Handstreichaktion den Industriellen Peter Mitterbauer als Aufsichtsratsvorsitzenden der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Und gleichzeitig wurde dort die in Nationalbank ausscheidende Genossin Gertrude Tumpel-Gugerell inthronisiert, die zufällig auch Ehefrau des Arbeiterkammer-Chefs ist.

Tumpel hat gewiss in der Europäischen Zentralbank etliche Erfahrungen in internationalen Finanzfragen gesammelt. Freilich ist sehr negativ aufgefallen, dass sie dort ohne irgendeinen erkennbaren Widerstand allen Geldverbrennungen zugunsten der reformunwilligen Schuldenstaaten zugestimmt hat. Aber ganz sicher hat sie Null Erfahrung mit industriell angewandter Forschung. Und einzig um diese Forschung geht es in der FFG. Bezeichnend und trotz aller Vorbehalte für Tumpel geradezu kränkend ist der Umstand, dass Bures als einziges Argument für den handstreichartigen Wechsel das Geschlecht Tumpels zu nennen wusste. Da hätte doch selbst einem drittklassigen Pressesprecher Besseres einfallen müssen.

Natürlich geht es nicht um das Geschlecht, sondern um Parteiloyalität. Die ist in der Faymann-SPÖ zum einzigen Maßstab geworden. Das kann man auch daran ablesen, dass am gleichen Tag auch Sozialminister Hundstorfer eine massiv parteipolitische Personalentscheidung getroffen hat, deren Opfer eine Frau ohne rotes Parteibuch wurde (zugunsten einer anderen Frau mit heftigem roten Stallgeruch).

Es geht um die Leitung des Wiener Arbeitsmarktservices. Hier war die im letzten Moment abservierte Kandidatin bisher stellvertretende Geschäftsführerin gewesen und von einem Personalberater als bestqualifizierte bezeichnet worden. Was offenbar egal ist, wenn jemand Gewerkschaft und Rathaus ein Dorn im Auge ist. Statt ihr wurde eine gehorsame Frau aus dem Hundstorfer-Ministerium ins AMS platziert, also noch dazu jemand ohne unmittelbare AMS-Erfahrung.

Das reiht sich in die skandalöse Personalauswahl bei den beiden zuletzt neu besetzten „roten“ Posten im Verfassungsgericht. Auch dort sind nicht etwa die Besten (in diesem Fall: Verfassungsjuristen) gesucht und auserkoren wurden, sondern jene Genossen, die unmittelbare Vasallendienste für rote Spitzenpolitiker geleistet haben. Dabei hätte es durchaus auch gute sozialdemokratische Juristen gegeben. Das sind freilich solche, die selber denken und nicht nur die Parteimeinung duplizieren (gar nicht zu reden davon, dass die rot-schwarze Privatisierung des VfGH überhaupt ein Skandal ist und schlimmer als alles, was man den Ungarn zuletzt vorgeworfen hat).

Dazu kommt, dass auch im Burgenland der Landesrechnungshof künftig von einem langjährigen Kofferträger des amtierenden Landeshauptmannes besetzt wird. Was bei den Aufgaben eine Rechnungshofs ungefähr die schlechtestmögliche Qualifikation ist.

Man darf gespannt sein, ob das alles in jenen angeblich unabhängigen Medien auch so laut kommentiert wird wie vor einigen Wochen die Nichtverlängerung des Arbeiterkämmerers Muhm in einem Nationalbankgremium. Da haben diese Medien nämlich alle tagelang aufgeheult – obwohl die Finanzministerin im gleichen Zug auch einen bekannt bürgerlichen Ökonomen abserviert hat.

Diese Personalentscheidungen erinnern lebhaft an die letzten Monate des Jahres 1999: Auch damals hat die SPÖ in breitester Front ihre Parteigänger versorgt. Was natürlich die Frage aufwirft: Wird sich 2013 auch das wiederholen, was als Folge der Wahl 1999 in den ersten Wochen des Jahres 2000 passiert ist?

 

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