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Graf Bobby als Ladykiller

Alfons Mensdorff-Pouilly war seit vielen Jahren eine der ungutesten Erscheinungen am Rande der heimischen Politik. Er war einer jener Adeligen, die einem anderen in jeder Sekunde signalisieren, dass sie etwas Besseres sind. Und er erweckte bei seinen öffentlichen Auftritten gerne den Eindruck, dass er sich eine Ministerin als Ehefrau hielt. So wie man sich ja auch Personal oder einen Jagdhund hält. Keine Spur von bescheidenem Im-Hintergrund-Bleiben, wie es die sonstigen besseren und schlechteren Hälften der Minister praktizieren.

Dass seine Frau in dieser Ehe fast automatisch zur Feministin werden musste, ist subjektiv verständlich. Das rechtfertigt freilich objektiv noch lange nicht ihren Feldzug gegen die Bundeshymne. Und dessen Erfolg noch weniger.

Aber zurück zur eigentlichen Causa: Natürlich gilt für Mensdorff trotz eines staatsanwaltschaftlichen Strafantrags eine recht starke Unschuldsvermutung. Natürlich ist es auffällig, dass die Staatsanwaltschaft wieder nur die in diesem Zusammenhang merkwürdige Rechtsfigur der Geldwäsche anklagt und nicht die eigentlich vermutete Bestechung von Amts- oder Entscheidungsträgern. Aber trotz aller Suche kann man dem jagdfreudigen Grafen keine konkrete Bestechung nachweisen. Es scheint durchaus fraglich, ob Mensdorff wirklich verurteilt wird. Denn beim Delikt der Geldwäsche geht es eigentlich um die Verfolgung dubioser Geld-Quellen (wie Mafia, Terrorismus und kriminelle Oligarchen) und nicht um dubiose Geld-Ziele.

Aber schauen wir mal. Die Sache wird sicher noch viele interessante juristische Diskussionen auslösen.

Was jedoch jenseits allen Strafrechts schon jetzt zu diskutieren ist, ist die Rolle eines Lobbyisten als Ministerpartner. Denn diese Doppelrolle hat in jedem Fall einen üblen politischen Geruch. Während für Minister jede zusätzliche Tätigkeit verboten ist, gilt dieses Verbot nicht für die Ehepartner. Alle diesbezüglichen Auflagen und Einschränkungen sind ja im Zuge der Emanzipation längst annulliert worden. Wobei das anfangs de facto nur Ehefrauen zugute gekommen ist, die eben auch das Recht auf ungehinderte Berufsausübung haben wollten. Dennoch haben die meisten Ministerfrauen keine sonderlichen beruflichen Ambitionen. Was aber nicht immer für die Männer von Ministerinnen gilt (sofern vorhanden; freilich hat auch eine lesbische Partnerin einer amtierenden Ministerin eine erstaunliche berufliche Karriere gemacht, auch mit Hilfe von Aufträgen aus jenem Ministerium).

Das ist an sich ein großes Dilemma. Und ich habe viel Verständnis für die Betroffenen. Unentschuldbar wird der Umgang mit dem Dilemma aber im konkreten Fall aus mehreren Gründen. Erstens wegen der mit der Rolle eines Ministers besonders unverträglichen Tätigkeit eines Lobbyisten, der sich ja fast immer um Regierungsaufträge bemüht. Und zweitens weil sich der Graf medial immer sehr in den Vordergrund gestellt hat. Er war ständiger Gast in diversen Seitenblicke-Rubriken, weshalb ihn auch manche für einen wenig schlauen Graf Bobby gehalten haben. Diese Seitenblicke-Präsenz ist ihm aber geschäftlich sehr zupass gekommen. Denn dabei wurde fast nie vergessen, darauf hinzuweisen, dass er ja der Partner einer Ministerin sei.

Überdies gab es in den Zeiten der schwarz-blau/orangen Regierung viele gemeinsame halbprivate Auftritte der Regierung samt Ehepartnern. Wolfgang Schüssel wollte damit das hasserfüllte Klima der großen Koalition durch vertrauensvolle Freundschaft ersetzen. Was zwar zeitweise geglückt ist. Was aber den unbeabsichtigten Effekt hatte, dass sich der rampengeile Graf für Außenstehende noch besser als total macht- und entscheidungsnah positionieren konnte. Da ist die Optik alleine entscheidend, nicht die juristische Sachlage.

Seine Frau hat diese moralisch-politische Unvereinbarkeit aber offenbar bis heute nicht wirklich begriffen. Im Gegenteil: Sie ging sogar ins Fernsehen, um empört ihren Mann und sich zu verteidigen. Das Wie dieses Auftritts hat sie aber zusammen mit einer – wohl auf Verlangen der ÖVP-Führung eingebrachten – Klage gegen ein Magazin wohl endgültig diskreditiert.

Denn nun ist auch aus ihrem Mund klar bestätigt, dass sehr wohl ihr Ministerium mit einer vom Ministerinnen-Mann betreuten Firma Geschäfte abgeschlossen hat. Denn eine von ihr unterzeichnete Abnahmegarantie für nicht verkaufte Produkte dieser Firma ist genauso ein Vertrag wie beispielsweise ein Kaufvertrag, auch wenn das die wackere Lehrerin Rauch-Kallat nicht weiß. Denn ein Sektionschef verkörpert immer auch den jeweiligen Minister – noch dazu, wenn dieser Sektionschef eine persönliche Wahl des Ministers war.

Mit anderen Worten: Diese versuchte Selbstrechtfertigung Rauch-Kallats war die endgültige politische Selbstvernichtung. Auch wenn es vielleicht am Ende keine Strafrechtsverurteilung ihre Mannes gibt. Auch wenn sie mehr von dem schlauen Macho in Graf-Bobby-Tarnung missbraucht worden ist, als sie selbst begriffen hat. Auch wenn ihre Schuld zweifellos viel geringer ist als die jener amtierenden(!) Minister, die in die Staatskasse gegriffen haben, um sich das Wohlwollen schmieriger Boulevard-Zeitungen zu kaufen. Auch wenn die von Mensdorff betreute Firma vielleicht die einzige war, welche die in Grippepanik plötzlich benötigten Gesichtsmasken liefern konnte.

Aber dennoch hätte ein intelligenter Minister gleich fünf Firewalls aufstellen müssen, wenn sich ein geschäftlicher Kontakt mit einer Firma auch nur abzeichnet, mit der der eigene Ehepartner viel Geld verdient. Etwa durch Einschaltung der Bundesbeschaffungsgesellschaft.

Damit ist auch die neue Sauberkeits-Doktrin der ÖVP auf dem Prüfstand. In der Causa gibt es nämlich nichts mehr abzuwarten, wie es Michael Spindelegger in seiner gütigen Art offenbar will. Die Partei hat ja auch Ernst Strasser zu Recht lange vor jeder rechtskräftigen Verurteilung vor die Tür gesetzt. Da wie dort sind die schon bewiesenen und eingestandenen Dinge politisch und moralisch so degoutant, dass ein Zuwarten eine Identifikation mit der Tat bedeuten würde.

 

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