Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Bonne nuit Europe

Frankreichs Linke wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im künftigen Parlament eine sichere Mehrheit haben. Die Franzosen geben traditionell einem neuen Präsidenten am Anfang auch eine parlamentarische Unterstützung. Ebenso groß wie die Wahrscheinlichkeit des Wahlausganges ist aber noch etwas anderes: Dass Frankreich in absehbarer Zeit neben Griechenland, Spanien & Co in der ökonomischen Intensivstation landen wird.

Denn die französische Linke ist zum Unterschied etwa von den deutschen Sozialdemokraten – die seit der Agenda 2010 relativ verantwortungsbewusst agieren – wirklich links. Und das ist in Zeiten wie diesen letal.

Das böse Exempel Mitterrand

Diese Politik erinnert lebhaft an die Zeiten des ersten (und vor François Hollande letzten) sozialistischen Präsidenten Frankreichs, nämlich François Mitterrand. Der hatte in dem bei seinem Amtsantritt blühenden Land binnen weniger Jahre eine finanzielle Katastrophe ausgelöst. Er führte Frankreich nach seinem Amtsantritt 1981 in ein Bündnis mit den Kommunisten und in eine deutliche Abwendung von der Marktwirtschaft.

Das Defizit wurde massiv erhöht; die großen Banken wurden verstaatlicht; dasselbe geschah mit 13 der 20 größten Industriekonzerne; die Arbeitszeit wurde bei vollem Lohnausgleich verkürzt; hohe Einkommen wurden stärker besteuert; und der Staatsdienst wurde um 100.000 Mitarbeiter ausgeweitet.

Die Folgen der ersten Mitterrand-Jahre waren klar und voraussagbar: Das Defizit wuchs immer weiter; das Kapital flüchtete im Expresstempo ins Ausland; die Staatsbetriebe fuhren enorme Verluste ein; die französische Währung stürzte ab; die Arbeitslosenzahlen schnellten in die Höhe; Frankreich musste einen Notkredit in Saudiarabien aufnehmen.

Zwar versuchte dann Finanzminister Jacques Delors die Notbremse zu ziehen. Aber Frankreich kehrte nie wieder zur alten Stabilität zurück.

Das Scheitern des Nicolas Sarkozy

Der bürgerliche Präsident Nicolas Sarkozy kündigte zwar anfangs an, Frankreich wieder marktwirtschaftlicher zu gestalten. Aber letztlich scheute auch der kleine Mann, der so gerne groß gewesen wäre, den Konflikt mit den aggressiven Gewerkschaften (und auch den in Frankreich besonders linken Medien). Bei seinem Abgang hat das Land ein bedrückendes Defizit von 5,2 Prozent des BIP. Während Frankreich vor zehn Jahren noch ebenso viele Autos erzeugte wie Deutschland, sind es jetzt bei den Franzosen zwei Millionen, bei den Deutschen über fünf - um nur ein Beispiel für den industriellen Niedergang eines Landes voller genialer Ingenieure zu nennen.

Zwar versuchte Sarkozy am Schluss wieder viele richtige Sanierungsansätze, aber es fehlte ihm schon jede Glaubwürdigkeit.

Nun aber droht die wirkliche Katastrophe. Denn die französische Linke hat nichts aus der Geschichte gelernt, sondern versucht wieder die Rezepte, mit denen schon Mitterrand wirtschaftspolitisch so heftig gescheitert ist (und viele andere in anderen Ländern).

Europa als Geisel Frankreichs

Eine französische Katastrophe kann nur heute keine reine französische mehr sein, sondern wird zu einer europäischen: Denn derselbe Mitterrand war außenpolitisch sehr erfolgreich. Er hatte Deutschland gezwungen, im Gegenzug für Frankreichs Plazet zur Wiedervereinigung die D-Mark in eine gemeinsame Währung einzubringen. Damit ist der frühere Ausweg einer Abwertung des Francs künftig versperrt und Deutschland zur Geisel Frankreichs geworden.

Umso ernster ist das Programm der neuen französischen Machthaber zu nehmen: Sie wollen (weitere) 60.000 Beamte aufnehmen. Sie erhöhen den Mindestlohn weit über die Inflationsrate um fünf Prozent. Sie verkürzen das Pensionsalter durch Einführung einer Hacklerregelung: Während in Österreich Männer aber dafür wenigstens 45 Beitragsjahre benötigen (Frauen allerdings 40), sind es in Frankreich künftig nur noch 41,5 Jahre. Und war das schon für Österreich ein schwerer finanzieller Ballast, ist es das in Frankreich mit seiner längeren Lebenserwartung noch viel mehr der Fall.

45.000 Franzosen gelten zur Stunde als unmittelbar kündigungsgefährdet. Und das bei einer Arbeitslosenrate, die bald zehn Prozent erreichen wird, und bei einer Jugendarbeitslosigkeit von fast 25 Prozent. In dieser Situation  wird nun auch für den Arbeitsmarkt statt echter Therapien ein ganzes planwirtschaftliches Paket geschnürt, das nur zur kurzfristigen Symptomlinderung imstande ist, aber mittelfristig das Leiden vor allem der Jungen massiv verschlimmert: Kündigungen sollen bewilligungspflichtig und gleichzeitig für Unternehmen so teuer werden, „dass sie sich nicht mehr lohnen“.

Das ist zwar zweifellos möglich, wird aber ebenso zweifellos klare Folgen haben: Fast kein Unternehmen stellt dann noch neue Mitarbeiter an, wenn man diese später nicht mehr los wird, sobald man sie nicht mehr benötigt; und Frankreich wird als Ort von Investitionen seinen letzten Reiz verlieren. Das wird wiederum die Staatseinnahmen weiter reduzieren. Zugleich werden schon jetzt Schweizer Banken von französischen Anlegern gestürmt. Das wird wieder Frankreichs Banken ins Schleudern bringen und vor allem die Zinsen für französische Anleihen in unfinanzierbare Höhen treiben.

Dann wird Frankreich verlangen, so wie Griechenland, Portugal, Irland, Spanien gerettet zu werden. Dann heißt es aber: Gute Nacht Europa. Und zwar in allen Sprachen.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung