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Der katastrophale Zustand des ORF hat die Regierung wieder einmal zu einem Anlauf motiviert, das ORF-Gesetz zu reformieren. Freilich: Nichts von dem, was sie da bisher vorhat, ist irgendwie geeignet, Unabhängigkeit, Pluralismus und Sparsamkeit im ORF zu fördern. Ich habe deswegen mit einer Gruppe von Experten sieben Punkte für eine rechtliche Regelung zusammengestellt, die eine weit bessere Garantie dafür bieten würde als alle politischen Pläne.
Natürlich ist uns klar, dass diese Punkte angesichts der vielen involvierten Interessen keine unmittelbare Realisierungs-Chance haben. Aber sie sollen demonstrieren, was möglich wäre, ohne gleich die Idee öffentlich-rechtlichen Rundfunks ganz zu Grabe zu tragen.
Die Regierung plant ja, den ORF von einer Stiftung in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Wird dadurch irgend etwas besser? Der renommierte Medienrechtsexperte Gottfried Korn zeigte sich dieser Tage amüsiert: „Was soll das bringen? Der ORF hatte doch schon alle möglichen Rechtsformen gehabt und war nie unabhängig – mit Ausnahme der Periode zwischen 1967 und 1973.“
Die Rechtsform allein ist also irrelevant. Auch die Größe des Aufsichtsrates/Stiftungsrates ist nicht sehr wichtig – bis auf einen Aspekt: Bei einer drastischen Verkleinerung wäre es nicht mehr möglich, dass jedes Bundesland einen Vertreter entsenden kann. Das könnte vielleicht ein wenig beitragen, die lähmende Hofberichterstattung über Landeshauptleute (und Wiener Bürgermeister) zu reduzieren.
Zugleich ist aber der Versuch, die Länder zu entmachten, fast eine Garantie, dass die Reformpläne nie Wirklichkeit werden. Bevor man auch nur versucht hätte, die wirklich zentralen Probleme zu diskutieren. Wie aber stellt man Unabhängigkeit, Pluralismus und Sparsamkeit in einem Unternehmen sicher, dass dem Staat gehört?
Viele meinen ja mit gutem Grund, dass das überhaupt nicht möglich sei. Die Entwicklung der ORF-Redaktion zu einem Rätefernsehen bestätigt diese Befürchtung. Redaktionsräte treten zunehmend so auf, als ob ihnen Fernsehen und Radio gehören würden. Die im Eiltempo den ORF fliehenden Seher und Hörer sind in dieser Rätediktatur hingegen völlig gleichgültig. Es ist bezeichnend, dass heute Servus-TV jener Sender ist, der die weitaus größte und beste öffentlich-rechtliche Qualität in diesem Land hat. Auch eine neue market-Umfrage zeigt, dass die Österreicher den privaten Radio- und Fernsehsendern eine unabhängigere Berichterstattung zubilligen als dem ORF.
Bei der gleichen Umfrage haben nicht weniger als 76 Prozent von „parteipolitisch motivierten Personalentscheidungen“ im ORF gesprochen, während nur 7 Prozent solche nicht sehen wollen. Und 64 Prozent sehen eine daraus erfolgende Beeinflussung der unabhängigen Berichterstattung des ORF (und wieder sind es bloß 7 Prozent, die das nicht so sehen). Klarer kann man das bisherige Scheitern der ORF-Politik gar nicht mehr dokumentiert bekommen.
Daher hat das amerikanische Modell viel für sich, in dem es überhaupt kein Fernsehen oder Radio mit Pflichtgebühren gibt. Dennoch sei mit dieser Feststellung nicht die Diskussion beendet. Denn in der österreichischen Realität hat dieser amerikanische Weg noch auf viele Jahre keine Realisierungschancen.
Um noch bei ausländischen Modellen zu bleiben: Das italienische Modell, dem auch das deutsche ähnelt, fördert zwar nicht Sparsamkeit oder Unabhängigkeit, aber wenigstens den Pluralismus: Dort hat man sich die Kanäle nach ideologischen Schwerpunkten aufgeteilt. Damit wäre wenigstens sichergestellt, dass auch christdemokratisch/rechtspopulistisch/neoliberal/konservativ denkende Menschen wieder fernsehen und radiohören könnten, ohne tägliche Tobsuchtsanfälle zu bekommen.
Nur in die Kategorie Faschingsscherze sind jene Modelle einzuordnen, die dem Bundespräsidenten die Schlüsselrolle bei der Bestellung der wichtigsten ORF-Funktionen einräumen wollen. Dass dadurch weder Qualität noch Pluralismus noch Sparsamkeit hergestellt werden, scheint wohl keiner langen Beweisführung zu bedürfen.
Ideal wäre das britische Modell, in dem Pluralismus und Toleranz herrschen, in dem in jede ideologische Richtung kritisch – aber fair – berichtet und gefragt wird. Nur: Kann man Mitteleuropäern diese tief verwurzelte englische Fairness anders als durch Gehirntransplantation einpflanzen?
Bei allem Zweifel, ob dies möglich sei, könnten Rahmenbedingungen zumindest eine Annäherung sicherstellen. Diese sei mit folgendem Modell versucht, das die erwähnte Gruppe aus Juristen und Journalisten erarbeitet hat (an der auch ORF-Angestellte mitgewirkt haben, weshalb die Mitglieder naturgemäß ungenannt bleiben müssen). Natürlich kann und muss da noch in vielen Details gefeilt werden. Es muss auch die EU-rechtliche Kompatibilität abgesichert werden. Aber dieses Modell scheint jedenfalls besser als jedes andere bisher diskutierte unter österreichischen Rahmenbedingungen Qualität, Unabhängigkeit, Ausgewogenheit und Sparsamkeit zu sichern.
1. Die Gebühren fließen nicht mehr dem ORF direkt zu. Sie werden von einer Kommission in monatlichen Bewertungen auf alle in Österreich produzierenden Sender aufgeteilt. Bei dieser Aufteilung stehen folgende Gesichtspunkte der Bewertung im Vordergrund:
In diese Kommission können nur Mitglieder mit mindestens drei Jahrzehnten Berufserfahrung im Journalismus oder einem verwandten Beruf entsandt werden. Sie dürfen in keinerlei rechtlicher oder berufsmäßiger Beziehung zu einem mit Gebührengeldern bedachten Sender stehen. Das trifft auch auf ihren Arbeitgeber zu.
Die Kommission publiziert die regelmäßig weiterzuentwickelnden und zu präzisierenden Maßstäbe ihrer Bewertung.
2. Für Mitglieder in Hauptversammlung, Kommission oder Aufsichtsrat gelten folgende Unvereinbarkeiten:
Erläuterung: Damit wird endlich jede Möglichkeit genommen, dass sich die ORF-Führung die Zustimmung in Gremien kauft, wie dies seit Jahrzehnten üblich war: Sei es durch ständige Auftritte, sei es durch berufliche Karrieren von Stiftungsräten. Ebenso schafft das absolute Wiederbestellungsverbot eine größere Unabhängigkeit als alle bisherigen Regelungen. Denn die Angst, nicht wiederbestellt zu werden, schafft besonders starke Abhängigkeiten.
3. Die Mitglieder der Hauptversammlung amtieren zum Unterschied von jenen in Kommission und Aufsichtsrat ehrenamtlich. Sie haben im Hauptberuf eine richterliche Funktion (beziehungsweise die eines pensionierten Richters). Ihre einzige Aufgabe besteht in der Wahl von Kommission und Aufsichtsrat, für die öffentliche Ausschreibungen stattzufinden haben.
Sie werden auf folgende Weise nominiert:
Erläuterung: Der verpflichtende richterliche Hintergrund bietet unter allen Berufen die weitaus größte Chance auf Unabhängigkeit.
4. Der Aufsichtsrat des ORF besteht aus neun Personen. Für ihn gelten die gleichen Regeln wie für jeden Aufsichtsrat: Honorierung, persönliche Haftung, Wahl des ORF-Vorstandes, Mitwirkung bei wichtigen Entscheidungen, usw.
Erläuterung: Der Aufsichtsrat kann und muss sich in dieser Konstruktion ganz auf die Wirtschaftlichkeit des ORF konzentrieren.
5. Der ORF kann wie ein ganz normales Wirtschaftsunternehmen agieren. Er bekommt aus öffentlichen Mitteln (also Gebühren) nach den gleichen Regeln Geld wie jeder andere Radio- oder Fernsehsender. Damit fallen sämtliche derzeit den ORF einseitig belastenden Auflagen weg, aber eben auch das weiche Bett der Gebühren.
Damit ist erstmals die Sparsamkeit garantiert. Damit steht der Sender aber auch unter Druck, ausgewogen und unabhängig zu agieren. Sonst würde er keine oder deutlich weniger Gebühren bekommen.
6. Jeder Sender, der Gebührengelder erhalten will, muss auch außerhalb der geförderten Sendungen folgende Regeln beachten:
7. Gegen die Förderung bzw. Nicht-Förderung von Programmen können 20 GIS-Zahler schriftlich Beschwerde einlegen. Die Kommission hat auf jede Beschwere in einer öffentlichen Internet-Seite zu antworten. Rechtszug ist keiner möglich (was natürlich Strafanzeigen und Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof nicht ausschließt).