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Neue Indizien im Bildungstest-Skandal

Noch selten hat ein Artikel im Tagebuch so hohe Wellen geschlagen wie jener mit Beweisen, dass bei den Bildungsstandards manipuliert wird. Fast alle Medien sind auf das Thema aufgesprungen. In der Folge haben auch ÖVP und FPÖ jetzt totale Transparenz verlangt (Das BZÖ bereitet sich hingegen bildungspolitisch offensichtlich schon ganz auf eine linke Koalition vor und schweigt). Inzwischen konnte das Tagebuch selbst noch deutlich klarer recherchieren, was da vor sich geht.

Um es vorwegzunehmen: Ministerium und das durchführende Institut bifie dementieren alle Manipulationen. Ihre Geheimhaltungspolitik belastet beide aber schwer.

1.     Dadurch, dass so viele verschiedene Kataloge von Testfragen bei den am Mittwoch abgehaltenen „Bildungsstandards“ im Einsatz waren, lässt sich eine gezielte Manipulation bei den Fragen nicht schwarz auf weiß nachweisen. Aber auch schon gar nicht widerlegen. Die von Schülern berichteten Fragen waren mehrheitlich jedenfalls geradezu lächerlich leicht. Hie und da stieß man aber auch auf erstaunlich anspruchsvolle Fragen. Dabei lag freilich der Anspruch meist in der ungewohnten Semantik der ministeriellen Fragesteller, die vorsichtig ausgedrückt eigen ist.

2.     Die Dementis sind aber absolut unglaubwürdig, solange Ministerium und bifie sowohl die Ergebnisse wie aber auch die Fragen selbst geheimhalten wollen. Bei den Fragen tun sie dies mit einer geradezu lächerlichen Begründung: Man wolle diese bei den nächsten Tests wiederverwenden. Was sich kein Lehrer bei Schularbeiten oder Matura traut, soll nun bei gesamtösterreichischen Tests geschehen! So blöd können nicht einmal Zuarbeiter von Claudia Schmied sein. Daher ist diese Geheimhaltung ein massiver Beweis für die Annahme, dass auch schon bei der Fragestellung manipuliert worden ist.

3.     Manche Formulierungen des bifie sind unbeabsichtigt verräterisch und bestätigen ebenfalls den Manipulationsverdacht. Hier im politische korrekten Wortlaut (NMS meint die neueste Form der Gesamtschule):
„Am Ende der Sekundarstufe I, also nachdem sie die NMS vier Jahre lang besucht haben, werden die ersten NMS-Schüler mit den weitgehend identischen Instrumenten wie die Vergleichsgruppen getestet.“
Das von mir herausgehobene Wort „weitgehend“ sagt wohl mehr als Tausend Dementis . . .

4.     Zum Unterschied von den Fragen, kann jedenfalls schon als bewiesen gelten, dass man  mit den Ergebnissen manipulieren will. Bifie und Ministerium wollen nämlich einen „fairen Vergleich“ der Ergebnisse vornehmen. Was das heißt, sei wieder mit ein paar unkommentierten bifie-Zitaten belegt:
„Die Informationen aus den Kontextfragebögen ergänzen die Testergebnisse aus der Standarderhebung. Sie ermöglichen es, schulische und außerschulische Einflussfaktoren zur Erklärung von Schülerleistungen heranzuziehen und in der Rückmeldung an System, Schulen, Lehrkräfte und Schüler zu berücksichtigen. Durch die Ermittlung dieser Rahmenbedingungen wird auch ein „faires Vergleichen“ der Schülerleistungen möglich. Der faire Vergleich berücksichtigt jene Faktoren, die zwar einen Effekt auf die Schülerleistungen haben können, die aber durch die Lehrkraft nicht beeinflussbar sind (z. B. der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund). Beim fairen Vergleich werden somit Schulen bzw. Klassen miteinander verglichen, in denen das Lehren und Lernen unter ähnlichen Rahmenbedingungen stattfindet.“
und:
„Da Lehren und Lernen unter verschiedenen Rahmenbedingungen stattfindet, auf die Lehrer bzw. Schulleiter keinen Einfluss haben, werden im fairen Vergleich diese Standortfaktoren und die Zusammensetzung der Schülerpopulation berücksichtigt.
und:
„In der Baseline 4 flossen folgende Merkmale in den fairen Vergleich ein:
Schulstandort (Gemeindegröße)
Urbanisierungsgrad (Bevölkerungsdichte und Nähe zu einem städtischen Ballungsraum)
Schulgröße
Sprengelschule
Anzahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den getesteten Klassen (Schüler mit SPF wurden vom Test jedoch ausgeschlossen)
Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund
Anteil der Schüler, deren Erstsprache Deutsch ist
Anteil von Mädchen und Buben an der Schule
sozioökonomischer Status der Eltern der Schüler.“
Was den Schluss zulässt: Es sollen nicht nur Migrantenschulen „fair“ (=besser) bewertet werden. Offenbar will man das Ergebnis auch gendern. Interessanterweise nicht berücksichtigt werden Faktoren wie Klassengröße, Einsatz ungeprüfter Lehrer, längerer Ausfall von Unterricht usw.

5.     Sogar die Maßstäbe, wie diese Faktoren„fair bewertet“ werden - also zu einer Umbewertung führen - sollen, sind geheim.

6.     Besonders skandalös und Misstrauen erweckend ist der Umstand, dass die Schüler am Mittwoch sogar nach dem Arbeitsplatz der Eltern gefragt worden sind! Wozu außer zum Schnüffeln braucht man das?

7.     Es wurde auch nach den familiären Verhältnissen gefragt, was an sich durchaus sinnvoll ist. Es wird freilich sehr spannend, ob dieses Ergebnis voll veröffentlicht wird. Da es ja mit gewisser Wahrscheinlichkeit bei den mit Vater und Mutter lebenden Kindern besser ausfallen dürfte, wird ein von einer Claudia Schmied mit ihrer Abneigung gegen traditionelle Familien geführtes Ministerium in diesem Punkt am allerwenigsten offen sein.

8.     Ein zusätzlicher Skandal ist, dass die geheimen und nur den unmittelbar Betroffenen zugänglichen Ergebnisse erst im Dezember vorliegen, wenn die Getesteten längst schon aus der Schule oder in der nächsten Klasse sind. Um gigantische 25 Millionen Euro alleine für diesen Test (insgesamt sind es sogar 36 Millionen) könnte das bifie wohl deutlich schneller arbeiten.

9.     Andere Aussagen, die man auf den bifie-Homepages findet, zeigen ebenfalls Verräterisches: Das Institut empfindet sich selbst als Gesamtschul-Propaganda-Plattform (Unterstreichung durch mich):
„Es geht darum, anhand von klaren Kriterien den Nutzen der Neuen Mittelschule zu analysieren und darüber hinaus möglichst viele Befunde im Hinblick auf die pädagogisch reichhaltige Gestaltung einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen zu sammeln, aufzubereiten und Ergebnisse sowohl für die Bildungspolitik als auch für andere Schulen zugänglich zu machen.“
Für das bifie ist also schon vor einer Untersuchung klar, dass die Gesamtschule nur einen „Nutzen“ darstellen kann. Einen „Schaden“ durch diese Schulen hält man a priori für denkunmöglich.
„Um auf diese und weitere Fragen datenbasiert Antworten geben zu können, wurde das BIFIE beauftragt, eine externe Evaluation der Neuen Mittelschule durchzuführen.“
Wieso bei einem weisungsgebundenen Institut des Gesamtschul-Ministeriums eine „externe Evaluation“ überhaupt nur denkbar sein soll, wissen wohl nur jene Zeitungen, die mit steuerfinanzierten Inseraten dieses Ministeriums vollgestopft worden sind. Externe Evaluation soll offenbar Unabhängigkeit simulieren, die es aber nicht gibt.

10.           Im Grunde ist alles, was bifie tut, zu vergessen: Seriöse wissenschaftliche Arbeit und Evaluation kann immer nur in voller Transparenz und bei offener Nachprüfbarkeit sämtlicher Daten und Fakten erfolgen. Und nicht durch partielle Geheimhaltung. Und schon gar nicht durch ein weisungsgebundenes Institut. Das ist ein totaler Widerspruch zu jedem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Das bifie-Budget müsste eigentlich voll der roten und grünen Parteienförderung zugerechnet werden.

 

PS.: Wer in den offiziellen Unterlagen des bifie surft, entdeckt, dass dieses Institut, das die Sprachbeherrschung unserer Kinder testen soll, selbst ein gebrochenes Verhältnis zur deutschen Sprache und Rechtschreibung pflegt. Da wimmelt es von hässlichen Anglizismen und Schreibfehlern wie: „Sprechperformanzen“, „Entscheiddungsträgern“(sic), „Ergebnissrückmeldung“(sic). (Gewiss finden sich zweifellos auch in diesem Tagebuch bisweilen Fehler. Aber ein Institut mit diesem pädagogischen Anspruch, diesem Geld-Budget und diesem großen Zeit-Budget sollte doch halbwegs fehlerfrei arbeiten.)
Super ist auch der Satz: „Die synoptische Aufarbeitung aller Ergebnisse der Begleitforschung, der summativen Evaluation, aber auch der verdichteten Ergebnisse lokaler Selbstevaluation wird vom BIFIE in einem eigenen Teilprojekt „Metaanalyse“ geleistet.“ Alles klar? Und die wollen sinnerfassendes Lesen und Schreiben testen und bewerten . . .

PPS: Nur damit keine Verwirrung entsteht: Diese Bildungstests sind morgen auch Thema meiner „Kontroverse“ in den Salzburger Nachrichten.

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