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SN-Kontroverse: Zentralmatura

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist die Zentralmatura überhaupt sinnvoll?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Solidarische Leistungsgesellschaft

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Ab 2013/14 sollen die ersten Maturanten an den allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) eine standardisierte, kompetenzorientierte Reifeprüfung absolvieren; ein Jahr später folgen berufsbildende höhere Schulen und Bildungsanstalten der Kindergartenpädagogik. Künftig werden Kompetenzen und nicht kurzfristiges Detailwissen geprüft. Die Zentralmatura ist alles andere als "leicht" und keinesfalls "gleichmacherisch". Sie findet am selben Tag in ganz Österreich statt. Und sie ist gerechter, denn die Beurteilung erfolgt mithilfe eines standardisierten Beurteilungsrasters. Die Prüfung besteht aus immerhin sieben (!) Teilen. Die Schüler müssen eine "vorwissenschaftliche Arbeit" (AHS) bzw. eine "Diplomarbeit" (BHS) schreiben. Zusätzlich sind drei oder vier schriftliche Klausurarbeiten und drei oder zwei mündliche Prüfungen zu bestehen. Mit der vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) wird die Klage der Universitäten berücksichtigt, wonach Maturanten oft "keine Ahnung" davon hätten, was es bedeute, zu studieren. Anspruchsvoll ist die schriftliche Prüfung: Die Schüler können zwischen drei oder vier Klausuren wählen. Verpflichtend sind an den AHS Deutsch (bzw. die Minderheitensprachen Slowenisch, Ungarisch oder Kroatisch), Mathematik und eine lebende Fremdsprache (Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch). Als vierte schriftliche Prüfung sind, je nach Schultyp, möglich: eine weitere Fremdsprache, darstellende Geometrie, Physik oder Biologie. An den BHS müssen alle Schüler drei Klausuren aus den Gegenständen Deutsch, Englisch, angewandte Mathematik, lebende Fremdsprache oder Fachtheorie schreiben. Die neue Matura bereitet die jungen Leute genau auf das vor, was sie brauchen: Reif sein für die solidarische Hochleistungsgesellschaft.


Am Egotrip zum Megaflop

Andreas Unterberger

Die Idee einer Zentralmatura war richtig. Objektive und hohe Anforderungen würden den Reifezeugnissen wieder einen Wert geben. Kuschelschulen und naive Gutlehrer wären out. Schulen, die gut auf die Matura vorbereiten, bekämen massiven Zulauf. Aber: So, wie die Unterrichtsministerin das Projekt durchpeitscht, geht es daneben. Damit ist gar nicht die bei jeder Änderung übliche Nervosität gemeint. Aber für ein seriöses Vorhaben, das unsere Kinder nicht als Versuchskaninchen missbraucht, wäre eines absolut notwendig: Schon am Beginn der Oberstufe müssten alle Regeln der neuen Matura ausgetestet, fixiert und kommuniziert sein, einschließlich aller Lehrbücher und einer umfassenden Liste der Aufgaben. Das hat Claudia Schmieds Chaostruppe nur in Teilbereichen geschafft.

Die Gleichmacherei-Fanatikerin hinterlässt noch aus einem weiteren Grund ein Fiasko: Sie hat eine Differenzierung der Zentralmatura nach Schultyp verhindert. Daher bekommen die Schüler einer naturwissenschaftlichen Schule die gleichen Mathematikaufgaben wie die einer humanistischen. Auch bei Sprachen wird nicht differenziert, ob diese vier, sechs oder acht Jahre gelehrt worden sind. Noch skandalöser ist, dass bei der Deutschmatura auf Migranten Rücksicht genommen wird. Im Klartext: Perfektes Deutsch ist nicht mehr Voraussetzung für eine österreichische Reifeprüfung! All das führt zu einer weiteren Senkung des Maturaniveaus - obwohl das Gegenteil notwendig wäre. Dazu kommen modische Lächerlichkeiten wie der undefinierbare Begriff "Kompetenzen", der das offenbar altmodische Wissen ersetzen soll. Er wird Schülern so vermittelt: "Man muss nur noch wissen, wo man nachschaut." Um GOOGLE buchstabieren zu können, bräuchte man eigentlich nicht mehr zwölf Jahre in die Schule zu gehen.

 

 

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