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SN-Kontroverse: Intervention in Syrien?

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll die Staatengemeinschaft in Syrien militärisch eingreifen?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Super-GAU des Schreckens droht

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

 Als das Burgenland in den 1980er-Jahren am „letzten Zipfel" der Welt lag und das Ost-West-Wettrüsten seinen Höhepunkt erlebte, entstand in der kleinen Stadt Schlaining die Idee zur Gründung eines Friedensinstituts. Es gab viel Kritik: Die Stadt sei zu weit weg von Wien, habe keine Infrastruktur usw. Die jungen Leute waren hartnäckig. Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg und der burgenländische Landesrat Gerald Mader sagten geringe Subvention zu. Das Institut ist heute Friedensuniversität, wo interkulturelle Friedenserziehung gelehrt wird. Gerald Mader ist UNESCO-Präsident.

 Im „arabischen Frühling" wurden Diktaturen niedergekämpft. Ausgehend von Tunesien kam es 2010/2011 zu Unruhen in Algerien, dann zur Revolution in Ägypten. Blutige Unruhen gibt es in Libyen, im Jemen, Bahrain. In Libyen war der Bürgerkrieg so massiv, dass die arabische Liga um Hilfe bat. Rebellen stürzten Staatschef Muammar Gadafi mit NATO-Unterstützung. Wegen gewaltsamer Eskalation sieht die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, jetzt Syrien an der Schwelle zum Bürgerkrieg. Der UNO- Sicherheitsrat ist gespalten. Syrien liegt nahe an Israel. Dort steht auch die Jugend auf der Straße: Weil die Filmemacherin Daphin Leef Mitte 2011 wegen hoher Mieten obdachlos wurde, beschlossen sie und ihre Freunde, auf dem Mittelstreifen des Rothschild-Boulevards in Tel Aviv ihr Zelt aufzuschlagen. Das Motto: „Rothschild ist unser Tahrir-Platz".

Israel hat ein großes Atomwaffenarsenal und liegt nahe dem Iran. Ein neues Ungleichgewicht des atomaren Schreckens droht, falls sich UNO, NATO und EU zu keinem Eingreifkonsens durchringen. Und die Meinungsbildner Europas sollten aus der „splendid isolation" aufwachen und den Unterschied zwischen „peace forcing" und „peace keeping" lernen. 


Bis zum letzten Amerikaner

Andreas Unterberger

 So tragisch die Vorgänge in Syrien auch sind: Ein Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg wäre ein dramatischer Fehler. Daraus könnte leicht ein großer Krieg oder gar ein Weltenbrand entstehen. Denn der syrische Machthaber Assad würde jedes Eingreifen - für das ja in Wirklichkeit nur der Westen infrage kommt - sofort als Aktion der Freunde Israels brandmarken; er würde direkt wie auch über seine Vasallen im Libanon und in Gaza einen Krieg mit Israel entzünden, um die anderen, ihn derzeit kritisierenden Araber wieder an seine Seite zu ziehen. Dort stehen jetzt schon der Iran, der Irak und Russland. Allein das sollte reichen, jeden Hitzkopf zur Mäßigung zu bringen.

Zweitens zeigt das heute in vielen arabischen Ländern tobende Chaos: Es ist mehr als offen, ob selbst ein Erfolg einer Intervention oder Revolution geordnete rechtsstaatliche und demokratische Verhältnisse herzustellen vermag. In Libyen etwa herrscht nach der europäischen Intervention nackte Anarchie. Der Irak ist eine Tragödie. In Ägypten regieren die Islamisten, die am Friedensvertrag mit Israel rütteln und die die Scharia, also einen archaischen Religionstext, als oberstes Staatsgesetz einführen wollen; was das bedeutet, kann man in Saudi-Arabien oder im Iran studieren (trotz aller Differenzen untereinander).

Drittens haben die vielen syrischen Minderheiten von den Alewiten bis zu den Christen aus dem letzten Jahr eines gelernt: Sie fürchten sich vor einem Triumph der Revolution.

Viertens ist es heuchlerisch, wenn Österreicher nach Krieg rufen, aber natürlich meinen: Führen sollen den die anderen, wir sind ja neutral. Wer in jedem Konflikt von der Galerie herab bis zum letzten Amerikaner kämpft, ist nur noch lächerlich. Und verkennt die Realität: Die USA sind durch den Irak- und den Afghanistan-Krieg über alles militärisch und ökonomisch Tragbare hinaus belastet.

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