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SN-Kontroverse: Kleinerer Nationalrat

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll der Nationalrat verkleinert werden?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Narren, Opernball und Unsinn

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Wenn die Fastenzeit naht, wird's ungemütlich. Einige fühlen sich geschröpft, andere sind der Meinung, dass sie zu dick sind und specken freiwillig ab. Zukunftsangst lauert. Mann und Frau und die Kinder, die Jungen und die Alten, wollen raus. Der Druck kommt von oben und von unten, der „Mittelstand" ist erzürnt. Selbst die Politikerinnen aller Parteien wollen sich einsparen. 

Dann kommen der große Ball oder der Villacher Fasching und alle wollen/müssen dabei sein. Weil halt die Quote oder der Klick stimmen müssen. Dann sind Rosenmontag, Karneval oder „bunga bunga" vorbei. Auf Österreichisch: Es hat sich „ausgemörtelt". Dann kommen die Erbsenzähler und der Rückgriff auf die Geschichte beginnt. Da ist mitunter der Zuruf STOPP nötig! Oder man redet mit Leuten, die bei Verhandlungen direkt dabei waren.

So erklärte Bundespräsident Heinz Fischer in einem Interview: „Die Idee bei der Wahlrechtsreform 1971 (als unter der Regierung Bruno Kreisky der Nationalrat von 165 auf 183 Abgeordnete aufgestockt wurde, Anm.) war, neue Wahlkreise zu machen, damit die damals bestehenden Parteien in möglichst vielen Wahlkreisen nach dem Prinzip des Verhältniswahlrechts Mandatare haben.

Jetzt haben wir ein Fünf-Parteien-System. Wenn man da auf 165 Abgeordnete reduziert, wird es viele Wahlkreise geben, in denen Parteien nicht mehr vertreten sind. Es könnte sogar ganze Bundesländer geben, wo auch eine größere Partei nicht mehr vertreten ist." (OÖN).

Ähnliche Überlegungen gab es immer wieder nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Es wurden Modelle für ein „minderheitenfreundliches Wahlrecht" entwickelt und wieder und wieder verworfen. Ex-Vizekanzler Erhard Busek und sein damaliger Klubchef Heinrich Neisser könnten ein Lied davon singen. Also: Nicht jeder Zuruf ist narrensicher.


Das wahre Problem: Landtage & Bundesrat

Andreas Unterberger

Eine Verkleinerung des Nationalrats um zehn Prozent ist keine große Einsparung, aber ein Symbol. Immerhin reduzieren dadurch die Parteien die Zahl der besetzbaren Versorgungsposten und ihre Einkünfte aus der Parteisteuer.

Dieser Plan ist aber auch eine Falle: Der darob entbrannte laute Streit überdeckt völlig, dass die Politik neuerlich viel sinnvollere Reformen schubladisiert hat. Denn Landtage wie Bundesrat haben sich spätestens seit dem EU-Beitritt als total überflüssig entpuppt, um nur ein Beispiel zu nennen. Der Bundesrat ist nur noch Beschäftigungstherapie für drittrangige Politiker.

Er hat nicht die geringste Relevanz, kostet aber viel. Auch seine - von der FPÖ vorgeschlagene - „Aufwertung" wäre absurd. Denn dann könnten sich zwei Parlamentskammern bekämpfen und blockieren. Dann hätten wir noch mehr Sand im Getriebe eines ohnedies immer seltener handlungsfähigen Landes.

Aber auch die Landtage als Gesetzgeber sind sehr fragwürdig geworden. Denn sie sind ja großteils nicht bereit, auch die Verantwortung für die Steuerhöhe zur Deckung ihrer Ausgaben zu tragen. Der Istzustand, in dem die Länder Gelder ausgeben, deren Einhebung jemand anderer verantworten muss, ist eine Anleitung zur Verschwendung. Auch verursacht in einem kleinen Land die Vielfalt von Gesetzgebungen große Kosten. So macht das Vorhandensein zehn verschiedener Bauordnungen selbst das Häuslbauen teurer.

Sinnvoller wäre es hingegen, mehr Verwaltungskompetenzen nach unten zu transferieren. Je näher im Rahmen gemeinsamer (und ohnedies meist EU-geprägter!) Gesetze die Verwaltung statt im fernen Wien bei den Menschen erfolgt, umso besser, umso bürgernäher, umso billiger wird sie. Oder glaubt jemand, dass eine Parteipolitikerin als Unterrichtsministerin bessere Schuldirektoren aussucht als Lehrer und Eltern dieser Schule.

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