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Eine Pleite der obersten Volksbank hätte zehnmal so viel gekostet und viele regionale Volksbanken in Pleitengefahren gestürzt. Wer dem bekannten Finanzexperten Werner Faymann diese Aussage glaubt, muss natürlich der jüngsten Rettungsentscheidung unserer Regierung zujubeln. Wer‘s glaubt, ist jetzt wahrscheinlich auch selig.
Nur werde ich halt nicht selig, sondern versuche lieber selber nachzudenken, als einem Politiker etwas zu glauben. In Wahrheit ist diese Faymann-Behauptung eine jener Schreckensmeldungen, mit denen die Regierung ihre eigen Glaubwürdigkeit immer stärker untergräbt. Sie tut mit dieser Faymann-Formel nämlich einfach so, als ob die gesamte ÖVAG praktisch nur aus den Schulden bestünde und fast alle ihre Forderungen uneinbringlich wären. Würde das aber wirklich stimmen, dann muss es aber logischerweise auch für die Konsequenzen dieser nunmehr beschlossenen Rettungsaktion gelten. Dann würde das Kapitel Volksbank auch in diesem Fall noch zehnmal so viel kosten. Die Faymann-Behauptung ist entweder eine Lüge oder ein Zaubertrick zur Verschleierung der ganzen brutalen Wahrheit.
In jedem Fall würde eine Abwicklung der ÖVAG, also das konzentrierte Herunterfahren ihrer Geschäfte bei voller Berücksichtigung der Einlagensicherung, langfristig dem Land sogar billiger kommen – abgesehen von den Volksbank-Mitarbeitern, die dabei ihren Job verlieren. Für eine solche Abwicklung könnte und sollte man auch durchaus noch über die Einlagensicherung hinaus Geld in die Hand nehmen, um einen argen Dominoeffekt zu vermeiden, also den Kollaps von an sich gesunden Gläubigern der ÖVAG.
Offenbar übersehen die ständigen Bankenretter auf unsere Kosten eine ökonomische Grundtatsache: wenn es in einer Branche Pleiten in Serie gibt, ist der Konkurrenzdruck zu hoch. Und die Branche könnte sich nur erholen, wenn die Margen besser werden. Jetzt hingegen wird die gerettete Volksbank den Konkurrenzdruck auf dem Markt noch weiter erhöhen. Sie wird das sogar müssen, um wieder besser in diesen Markt hineinzukommen. Aber zahlen müssen die Konkurrenten dafür. Die realösterreichische Planwirtschaft macht sich zunehmend nur noch lächerlich.
Die zweite Lüge, welche die Regierung ausstreut, ist die Behauptung des Finanzstaatssekretärs Schieder, dass die anderen Banken die nun nochmals erhöhte Bankensteuer nicht auf die Kunden abwälzen werden. Er lügt entweder bewusst – oder er will zynisch den ganzen Geldsektor in die Krise treiben. Denn auch Unicredit, Erster Bank und Raiffeisen steht das Wasser bis zum Hals. Und man muss daher geradezu hoffen, dass sie die Steuer auf die Kunden abwälzen können – trotz der Konkurrenz der zwischengeretteten Volksbank.
Die dritte Lüge ist die naive Behauptung, dass 600.000 Volksbank-Genossenschafter jetzt eine saftige Nachzahlung zur Rettung der bankrotten Zentrale leisten werden: Mit Verlaub, weiß man da überhaupt, wovon man spricht? Das sind nämlich zum Großteil Leute, die irgendwann einmal einen Volksbank-Kredit hatten, die aber heute oft gar nicht (mehr) wissen, dass sie formal noch immer Genossenschafter (=Eigentümer) sind. Ich wäre jedenfalls sehr überrascht, wenn da auch nur zehn Prozent davon wirklich eine Nachzahlung leisten.
Viertens: Zumindest verlogen ist der Griff auf den Kapitalstock der Pensionskassen, auch wenn dann die zukünftige Auszahlung nicht mehr besteuert wird. Ganz abgesehen davon, dass diesem Versprechen eines schmähführenden Schuldenstaates ja immer weniger Menschen trauen, ist dieser Zugriff jedenfalls nichts anderes als eine weitere Staatsverschuldung, die man aber nicht zugeben will. Und die man daher als Steuervorgriff versteckt, damit die Staatsschulden scheinbar nicht ansteigen.
Und fünftens sind auch die Aussagen der Finanzministerin verlogen: Sie erklärt, dass die Volksbanken jetzt langfristig gesichert seien; spätestens 2017 werde der Staat dort wieder aussteigen.
Frau Minister, Gratulation! So wie sich Faymann als Zauberer positioniert, versuchen sie es als Hellseherin. Denn wer Anfang 2012 wirklich zu wissen vorgibt, wie sich eine Bank bis 2017 entwickelt, muss das sein. Die meisten Finanz-, Börse- und Wirtschaftsexperten tun sich nämlich schon mit Voraussagen für die nächste Woche oder gar das nächste Quartal extrem schwer. Aber die Finanzministerin weiß in ihrer ja recht bestimmten Art sogar schon alles bis 2017.
Hinter dieser Volksbanken-„Lösung“ steckt angeblich Nationalbank-Chef Ewald Nowotny. Was typisch für seinen feigen Hang wäre, Probleme durch Verschieben ständig noch zu vergrößern. Gleichzeitig zeigt sich Nowotny freilich ungewöhnlich ehrlich, wenn auch in einem etwas anderen Zusammenhang.
Er warnt zu Recht vor den langfristigen Konsequenzen des von der Europäischen Zentralbank seit einigen Monaten ausgelösten Geldsegens. Die Banken können sich ja derzeit in fast unbegrenzten Mengen zu dem fixen Minizinssatz von einem Prozent auf drei Jahre bei der EZB finanzieren. Das hat vorübergehend die Krise natürlich gemildert. Das ist aber natürlich nichts anderes als eine kaum getarnte Form des Gelddruckens. Denn diesem sogenannten Dreijahrestender steht ja nichts an geschaffenen Werten gegenüber – was Inflation in Reinkultur bedeutet.
Und das macht jetzt nicht nur mir, sondern plötzlich auch Nowotny „Sorgen“. Freilich wundert seine Erkenntnis schon ein wenig: Warum hat er dann diesem Tender überhaupt zugestimmt? Erst gehandelt und dann nachgedacht? Das klingt jedenfalls wieder einmal nach einem typischen Nowotny.
Mehr als bezeichnend, was fast zur gleichen Stunde der Volksbank-Rettung durch die österreichische Politik beim Europäischen Gerichtshof geschehen ist. Er hat die österreichischen Bankenpolitik in einem anderen Zusammenhang durch Sonne und Mond geschossen. Denn er hat festgestellt: Das Land Burgenland hat die Bank Burgenland um 55 Millionen Euro zu billig verkauft. Allein dieser Schaden übertrifft alles, was rund um den so breit diskutierten Verkauf der Buwog an (bisher nur behauptetem, und noch gar nicht gerichtlich festgestelltem) Schaden eingetreten ist, um das Fünffache. Bei der Buwog ist ja jedenfalls der höchste Bieter zum Zug gekommen, auch wenn es offenbar dubiose Provisionen gegeben hat. Bei der Bank Burgenland eben eindeutig nicht.
Und jetzt? Habe ich etwas überhört, Herr Landeshauptmann, meine Herrn Landesräte? Schon nachgelesen, wie sich ein Herr Wulff in den letzten Tagen verhalten hat? Bis zum Zeitpunkt dieses Tagebucheintrags hat man aber noch nichts von einem Rücktritt in Eisenstadt gehört. Oder von einer Sonderkommission der Korruptionsstaatsanwaltschaft angesichts dieser Megaschiebung.
Staatsanwälte sind freilich immer nur ein Instrument der Mächtigen. Deshalb ist es auch so empörend, dass sie ins Budgetsparpaket eine Erweiterung ihrer Befugnisse zur Diversion hineinschmuggeln wollten. Also des Rechts, Verfahren im Hinterzimmer ohne einen unabhängigen Richter abzuwürgen. Was nun von der Regierung zum Glück noch im letzten Augenblick als Unsinn erkannt worden ist.
Diese Diversion ist ja schon im Istzustand ein übler Skandal. Es ist zwar an sich sinnvoll, in bestimmten Fällen im Einvernehmen mit dem Verdächtigen eine Buße festzusetzen, ohne dass dieser dadurch als vorbestraft abgestempelt ist. Das kann human sein, das kann langwierige Erhebungen abkürzen.
Aber auch bei solchen abgekürzten Verfahren sollte in einem ordentlichen Rechtsstaat jedenfalls immer ein Richter am Tisch sitzen. Und nicht nur die Staatsanwaltschaft.
Ganz abgesehen davon, dass diese ja in ein immer dubioseres Licht rückt. Beispielsweise im Fall der Faymannschen Inseratenkorruption, wo sie die Korruption nicht erkennen will. Oder im Fall Kampusch, in dem der ÖVP-Abgeordnete Werner Amon jetzt nach Aktenstudium und Vernehmungen in einem geheimen Ausschuss zu einer sehr mutigen Erkenntnis gekommen ist: Frau Kampusch dürfte nicht die Wahrheit in Sachen Zweittäter gesagt haben. Was doch wieder Hoffnung macht, dass hierzulande nicht alles unter den Teppich gekehrt werden kann. Aber vorerst gilt freilich noch die Devise: Schauen wir mal.
Jetzt bleibt nur noch die Frage offen: Stecken der Rechtsstaat oder die Finanzpolitik dieses Landes in einer ärgeren Krise?