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Wenn die Räte den Rundfunk regieren

Das Chaos im ORF wird immer größer. Dazu hat nun auch die KommAustria beigetragen. Sie hat mit einer grotesken Entscheidung einen der wenigen bisher noch klaren Eckpunkte des Redaktionsbetriebes durch totale Unklarheit ersetzt. Seit die KommAustria gesprochen hat, weiß niemand mehr, wer eigentlich für den Inhalt einer ORF-Sendung verantwortlich ist.

Die Chefredakteure, die bei jedem anderen Medium die letzte Verantwortung für die Inhalte und damit auch das Weisungsrecht haben, sind es der KommAustria zufolge eindeutig nicht mehr. Jetzt kann man nur noch rätseln: Sind es die Betriebsräte? Oder kann dort überhaupt jeder Praktikant tun, was er will?

Die KommAustria ist die Regulierungsbehörde der Regierung für den Rundfunk (und zugleich auch für die Telekom-Unternehmer). Sie hat nun dekretiert, dass der Wunsch eines Chefredakteurs, eine bestimmte Formulierung nicht zu verwenden, eine Einschränkung der journalistischen Freiheit wäre. Diese Rechtsauffassung dreier völlig praxisfremder Typen macht – wenn sie allgemeingültig werden sollte – das Machen von Radio, Fernsehen und Zeitungen über Nacht praktisch unmöglich.

Denn wenn Chefredakteure nicht einmal mehr minimale sprachliche Weisungen geben (oder Wünsche äußern) dürfen, dann braucht es keine Chefredakteure mehr. Dann ist niemand mehr verantwortlich. Dann haben wir die perfekte Basis-Diktatur in Medien.

Seither hat die theoretisch verantwortliche Führung eines Mediums wehrlos das hinzunehmen, was auch immer jeder dahergelaufene Jungjournalist inhaltlich tun will. Ein ORF-Chefredakteur kann nur noch staunend zur Kenntnis zu nehmen, was abends irgendjemand auf Sendung schickt. Ihm obliegt entsprechend dem KommAustria-Verdikt höchstens noch die Entscheidung, in der Früh ohne nähere Kenntnis eines Inhaltes festlegen zu dürfen, ob am Abend Journalist A, B oder C die Sendezeit mit seinen Privatmeinungen und seinen holprigen Formulierungen füllen darf.

Gewiss: Manche ORF-Sendungen haben auch schon bisher des öfteren den Eindruck erweckt, dass sie nur noch durch Zufall und Chaos zustandekommen. Aber was bisher als Unfähigkeit einiger Akteure gewirkt hat, ist nun auch rechtlich abgesicherte Vorgabe.

Der Anlassfall des Erkenntnisses ist da gar nicht mehr so wichtig. Es ging um den norwegischen Terroristen B. Im Landesstudio Niederösterreich hatte dessen (gerade amtierender, aber eigentlich stellvertretender) Chefredakteur nach der Tat ein Mail an die Redakteure geschickt, in dem er in Hinblick auf die Etikettierung des Massenmörders als „christlich“ meinte: „Hier sollten wir bei der Formulierung besonders sensibel vorgehen, diesen äußerst unchristlich agierenden Mann eventuell als ,religiösen Fanatiker‘ bezeichnen.“

Inhaltlich kann man da gewiss auch anderer Meinung sein. Freilich ist inzwischen immerhin durch zwei Gutachter festgestellt worden, dass der Mann geisteskrank sein dürfte. Was seine Etikettierung als „christlich“ besonders absurd machen würde. Denn damit könnte ja einer Religion jede Äußerung eines Geisteskranken in die Schuhe geschoben werden. Damit hat jener Chefredakteur inzwischen auch inhaltlich weitgehend recht bekommen.

Aber darum geht es ja gar nicht. Auf eine inhaltliche Bewertung hat sich der Senat der KommAustria auch gar nicht einzugehen getraut. Es geht daher einzig und allein darum, dass er die Ausübung genau der zentralen Pflicht jedes Chefredakteurs für rechtswidrig erklärt. Nämlich der Pflicht, eine Redaktion inhaltlich zu führen (also ein wenig mehr zu tun, als nur Reiseabrechnungen zu unterschreiben).

Die Aufgabe, eine Mannschaft zu führen, wird naturgemäß besonders bei Grenz- und Zweifelsfällen und bei heiklen Formulierungen schlagend. Wenn inhaltliche Führung nun für rechtswidrig erklärt wird, ist wohl endgültig klar: Da wird der ORF – so wie es bisher noch jedem basisdemokratisch enteigneten Medium passiert ist – endgültig ins Chaos getrieben.

Diese Erkenntnis hat auch absolut nichts damit zu tun, dass der betreffende niederösterreichische Chefredakteur-Stellvertreter Robert Ziegler ein Bürgerlicher ist, etwas was es im Staatsrundfunk nur noch in einigen Bundesländern in leitender Funktion gibt. Und dass auch er im Zuge des Affäre Pelinka jetzt vom Stiftungsrats-Mitglied direkt in eine leitende Position wechseln soll. Dieser Wechsel ist zweifellos in jedem dieser Fälle – genauso wie beim blond-roten Niko oder beim orange-blauen Thomas Prantner – absolut unappetitlich und ein böses Zeichen für den Zustand des ORF.

Das ändert aber rein gar nichts an der Absurdität des KommAustria-Spruches. Dieser ist natürlich von den kommunistischen Betriebsräten und Redaktionsvertretern sofort heftig bejubelt worden ist. Denn damit hat die Basis die Macht unternommen und die spricht in alter Räte-Tradition eben nur durch die Räte. Damit haben diese sich selbst den ORF unter den Nagel gerissen, ganz egal, wer im Vorzimmer des Alexander Wrabetz sitzt.

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