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Werner Faymann hat sich auf eine Auslandsreise begeben. Wenn auch nur nach Berlin, wo er nicht zu fürchten brauchte, in einer anderen Sprache als deutsch angeredet zu werden. Aber der Besuch ist dringend notwendig gewesen. Denn langsam musste auch ein Faymann merken, dass ihn die Entwicklungen in Europa alles andere als unberührt lassen. Denn inzwischen ist präzise klar geworden, wohin Angela Merkel und Nicolas Sarkozy den Kontinent steuern. Nämlich in eine für Faymann sehr unerquickliche Richtung.
Das deutsch-französische Konzept sagt im Kern: Deutschland will den Schuldenländern nur noch dann helfen, wenn diese sich einem strengen Schuldenregime unterwerfen, das sowohl prophylaktisch, wie erst recht im Krisenfall ein Vetorecht externer Aufseher gegen zu hohe Staatsausgaben bringt. Eine solche Unterwerfung steht aber in vollem Widerspruch zur nationalen Souveränität, laut der die nationalen Parlamente die absolute Ausgaben- und Budgethoheit haben. Daher braucht es eine Änderung des EU-Vertrages und/oder anderer bindender völkerrechtlicher Verträge.
Eine solche Vertragsänderung widerspricht aber der einzigen außenpolitischen „Idee“, die Faymann je formuliert hatte. Er hatte dem Kronenzeitungs-Gründer knapp vor dessen Tod öffentlich geschworen, dass eine solche Vertragsänderung nur nach einer Volksabstimmung erfolgen dürfe. Faymann muss aber eine solche Volksabstimmung über die von Merkel gewünschte Vertragsänderung wie der Teufel das Weihwasser fürchten, weil er dabei mit Sicherheit von der Koalition FPÖ-ÖGB-Kronenzeitung gedemütigt untergehen würde. Zugleich würde es ein Faymann wohl nie wagen, sich mit dem Hause Dichand anzulegen, auch wenn dieses inzwischen eher kopflos dahintorkelt.
Was tun? Am Ende gar doch staatspolitische Verantwortung übernehmen? Ist ein Faymann dazu überhaupt imstande?
Das wird man in den nächsten Stunden schon an seiner ersten Bewährungsprobe sehen. Wird der SPÖ-Chef kämpfen, dass die Schuldenbremse mit einer Verfassungsmehrheit abgesegnet wird, damit sie auch gegenüber den Bundesländern und Gemeinden greift? Wird er den durchaus vernünftigen Bedingungen des BZÖ zustimmen? Wird er wenigstens Druck auf die eigenen Abgeordneten des Gewerkschaftsflügels machen, damit sie der Schuldenbremse zustimmen? Und vor allem: Wird er endlich rasch auch wirklichen Einsparungen zustimmen (von denen die Linke ja in Wahrheit noch immer nichts wissen will, die ja noch immer von den Tausenden Dagobert Ducks träumt, die man zusammen mit Mikl-Leitner ausrauben kann) und nicht nur einer sehr abstrakten Schuldenbremse?
Dahinter aber lauert eben die noch viel größere zweite Bewährungsprobe: Wird Faymann einem Schuldenstaaten-Kontroll-Vertrag trotz der Widerstände der Kronenzeitung zustimmen? Und zwar ohne langwierige Verfassungskonvente und Referenden? Beziehungsweise umgekehrt gefragt: Wird die Kronenzeitung als offenbar oberster Souverän dieses Bundeskanzlers dessen nach dem Merkel-Treffen gedrechselte skurrile Ausrede hinnehmen, dass das ohnedies keine bedeutende Vertragsänderung sei, dass die Volksabstimmung – ganz im Gegensatz zum einstigen Faymann-Brief – nur dann fällig werde, wenn aus der EU Vereinigte Staaten nach dem Vorbild der USA würden?
Denn wenn der Merkel-Plan aufgehen soll, wenn der wegen seiner unabsehbaren Folgewirkungen so gefürchtete Kollaps einiger (Euro- und Nicht-Euro-)Staaten verhindert werden soll, dann muss rasch gehandelt werden. Dann müssen die Schuldnerstaaten von einer außenstehenden Institution auch zu drastischen Maßnahmen gezwungen werden können. Ohne dass diese Maßnahmen von populistischen Zufallsmehrheiten im jeweiligen nationalen Parlament abhängig sind. Ohne dass dort weltfremde Gerichte sagen könnten, das sei aber ein unerlaubter Eingriff in wohlerworbene Rechte.
Eine solche Regelung hat aber natürlich nicht nur im Falle Griechenland oder Portgual zu gelten, sondern auch in einem noch nicht ganz so unwahrscheinlichen Fall Österreich.
Nicht mit Merkel mitzugehen, wäre aber für Österreich noch riskanter und unangenehmer. Denn dann würde es sich sofort aus der Gruppe der starken AAA-Europäer hinauskatapultieren, in die es sich bis zuletzt so stolz hineingeschmiegt hat.
Ein solches Abkommen hat keinerlei Chancen, in Österreich angenommen zu werden. Es ist aber nach all den vielen schweren Fehlern der EU und insbesondere rund um den Euro jetzt die einzig noch denkbare Rettungsmaßnahme.
Die dritte Probe für Faymann könnte man Sarkozy-Probe nennen. Ist der SPÖ-Mann bereit, eine solche Blut-und-Tränen-Rede zu halten, wie sie Sarkozy trotz bevorstehender Wahlen dieser Tage gehalten hat? Sie stand in abruptem Gegensatz zu Sarkozys bisherigem Opportunismus. Er war in den letzten Jahren nach seinem anfänglichen Law-and-order-Kurs ganz auf einen sozialdemokratischen Kurs populistischer Verschwendung eingeschwenkt. Jetzt aber hat Sarkozy in seiner scharfen Intelligenz erkannt, dass er keine andere Alternative mehr hat, als den Franzosen die volle Wahrheit zu sagen: nämlich dass sie jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben. Er konnte wenigstens mit gutem Grund der gewerkschaftshörigen Politik seines Vorgängers einen Teil der Schuld zuschieben.