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Sie sind süchtig nach unserem Steuergeld wie ein Junkie aus der Wiener U-Bahn nach neuem Stoff. Und sie arbeiten mit jedem Trick, um nur ja nicht sparen zu müssen. Das zeigt sich rund um die Groteske namens Schuldenbremse mit erschreckender Deutlichkeit.
Ich habe mehrfach zu dieser Idee eine klare Ansicht vertreten: Wenn man endlich wirklich sparen wollte, bräuchte man keine langwierig zu beschließende Schuldenbremse. Man könnte und sollte schon morgen mit dem Sparen beginnen. Von der Abschaffung der Hacklerpension über den Verkauf des rollenden ÖBB-Materials bis zur Drittelung aller Subventionen undundund. Das ist seit drei Wochen dringender denn je, da nun auch Österreich mit täglich höheren Zinsforderungen als Zeichen seiner schwindenden Kreditwürdigkeit konfrontiert ist. Niemand borgt mehr gerne und unbesehen einem europäischen Staat sein Geld – nicht einmal mehr den Deutschen.
Inzwischen aber muss ich meine Meinung korrigieren – oder zumindest präzisieren. Wenn sich die Regierungsparteien nun schon öffentlich, also vor den Ohren aller Geldgeber, auf die Einführung einer Schuldenbremse festgelegt haben, wäre es ein absoluter Wahnsinn, diese nicht auch zu beschließen. Und zwar im Verfassungsrang. Alles andere wie ein einfaches Gesetz wäre nur ein verfrühter, aber teurer Aprilscherz. Ein einfaches Gesetz könnte mit jedem neuen Ausgabengesetz wieder ausgehebelt werden. Und es hätte vor allem keinerlei Wirksamkeit für die besonders ausgabenwütigen Bundesländer.
Inzwischen aber ziert sich die Opposition wie ein trotziger Pubertierender, die Stimmen für die nötige Verfassungsmehrheit herzugeben. Die FPÖ, die lange nach dieser Bremse gerufen hatte, will plötzlich nur zustimmen, wenn sich Österreich de facto aus der EU hinausschießt und bei den Stützungskrediten nicht mehr mitmacht. Natürlich sind diese Kredite für Griechenland&Co ein Fehler, aber solange Deutschland dafür ist, bleibt Österreich nichts anderes über, als auch mitzumachen. Es wäre schon viel getan, würde auch nur ein österreichischer Politiker wieder mit Gewicht und Sachverstand in den europäischen Debatten mitreden können. Aber der findet sich weder in der Regierung noch in der Opposition.
Auch die Grünen haben sich selbst aus der Schuldenbrems-Aktion hinausgeschossen. Sie wollen ja keine Sekunde lang sparen (wie etwa unlängst auch ein unglaublich peinliches Interview ihrer Wiener Spitzenfrau demonstriert hat). Sie wollen vielmehr ständig nur noch höhere Steuern, als ob Österreich nicht schon das zweithöchste Steuerniveau unter den Euro-Ländern hätte.
Genau aus diesem Grund ist auch die Forderung des BZÖ für seine Zustimmung durchaus vernünftig (was aus dieser Partei angesichts ihrer sonstigen Untaten noch lange keine sonderlich überzeugende Partei des Ordnungsliberalismus macht). Das BZÖ fordert konkrete Sanktionen für die Verletzung der vorerst rein theoretischen Schuldenbrems-Bestimmungen. Und es will ein Limit für die Abgabenquote einziehen.
Das ist legitim: Denn damit wäre es zwar möglich, beispielsweise höhere Grund- oder Energiesteuern einzuführen, aber gleichzeitig müssten die Einkommenssteuern gesenkt werden.
Ein Limit für die Abgabenquote aber wollen wiederum viele in der SPÖ nicht. Denn dort hassen in Wahrheit die meisten ebenso wie die Grünen jedes Sparen. Sie glauben immer noch an die ominösen Reichen, die sie genüsslich schröpfen könnten.
Dabei ist längst klar: Die meisten Steuererhöhungspläne würden wegen der dadurch vermehrten Steuerflucht und -umgehung kein Plus in die Staatskasse bringen. Das gilt auch für die nun ventilierten Pläne einer höheren Einkommensteuer für „Superreiche“, also für jene Menschen, die mehr als 300.000 Euro (laut SPÖ) oder 500.000 Euro (laut dem linken ÖVP-Flügel) im Jahr verdienen. Zu jenen wenigen Menschen, die überhaupt so viel verdienen, zählen vor allem Künstler und Manager. Gerade diese aber haben es meist in der Hand, den eigenen Wohnsitz oder den Sitz des Unternehmens in andere Länder mit niedrigeren Steuern zu verlegen. Was letztlich nur ein Netto-Minus in der Steuerkasse zurücklässt.
Entlarvend für die Einstellung in der SPÖ ist das totale Njet des ÖGB: Er fürchtet, dass eine Schuldenbremse zu Kürzungen im Sozialsystem führen könnte. In der Tat: Die Schuldenbremse könnte nicht nur zu solchen Kürzungen führen, sondern sie muss sogar dazu führen, wenn sie auch funktionieren soll. Was die Gewerkschafter aber immer noch nicht begreifen: Wenn Österreich nicht noch in diesem Winter freiwillig eine Schuldenbremse SAMT ganz konkreten tiefgreifenden Sparmaßnahmen beschließt, werden ihm in Kürze von außen noch viel drastischere Kürzungen vorgeschrieben werden. So wie Griechenland oder Italien.
Damit aber sind wir wieder im Kern der Koalition angekommen, die diese Bremse anfangs so einträchtig angekündigt hat. Traut sich Werner Faymann trotz des Gewerkschaftswiderstandes eine solche verfassungsrechtliche Schuldenbremse SAMT konkreten Umsetzungen zu beschließen? Das wäre nun freilich das erste Mal, dass der Mann irgendetwas gegen Widerstände durchkämpft. Dass er gar dem von ihm immer besonders hofierten Gewerkschaftsbund eine andere Meinung entgegensetzt. Dass er etwas tut, was nicht nur von Populismus und Opportunismus trieft. Dass er seinem Amt in irgendeiner Weise gerecht würde.
Ob er intelligent genug ist zu erkennen, dass alles andere eine noch viel größere Katastrophe auslösen wird?
Fällt aber Faymann erwartungsgemäß wieder einmal um, dann kommt es zur großen Bewährungsprobe des Michael Spindelegger. Auch dieser hat sich ja bisher in keiner Weise durch Konfliktfähigkeit und Standfestigkeit ausgezeichnet. Aber ÖVP-intern gilt die Schuldenbremse als Reifeprüfung für den jungen Parteiobmann.
Die grenznaiven Christgewerkschafter mit ihrem die christliche Soziallehre fehlinterpretierenden Neokommunismus hat er ja noch relativ leicht austricksen können. Aber wird er es in seiner jovialen Konsenssehnsucht auch wagen, im Parlament notfalls ohne Faymann-Segen die (von der Regierung ja schon beschlossene) Schuldenbremse abstimmen zu lassen? Und zwar im Verfassungsrang SAMT konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Das würde zwar möglicherweise mit einer Niederlage enden. Aber damit wäre dann endgültig klar, wo die Schuld an den Dingen liegt, die in Bälde auf Österreich zukommen werden.
Es ist eine Stimmung wie in den Minuten vor dem entscheidenden Elfmeterschießen eines großen Finales.