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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
Soll man das Bildungsvolksbegehren unterschreiben?
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Der Vernunft und Zukunft geschuldet
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Bildung nützt allen, ihr Mangel oder Mängel im Bildungssystem schaden allen. Dies ist eine gleichermaßen logische wie simple Erkenntnis und gemessen daran müsste das Bildungsvolksbegehren von allen Unterzeichungsberechtigten unterschrieben werden. Logisch deshalb, weil in einem Land wie Österreich die „Qualität der Köpf der Menschen" Zukunft und Wohlstand ausmachen. Die Bildungsqualität ist ausschlaggebend dafür, wie hoch der Lebensstandard in zwanzig Jahren ist. Von ihr hängt ab, ob wir wettbewerbsfähig bleiben und ob die gesellschaftlichen Veränderungen in der bewährten Form des demokratischen Ausgleichs bewältigt werden können. Denn Bildung ist Voraussetzung für die demokratische Gestaltung in einem Land. Dass das Bildungssystem den Erwartungen längst nicht mehr gerecht wird, ist jeder und jedem bekannt, der kindergarten- oder schulpflichtige Kinder oder Studenten hat. Warum müssen Eltern ihr Leben bis ins kleinste Detail nach den jeweiligen Öffnungszeiten der jeweiligen Schule ausrichten? Warum müssen sie mit ihren Kindern Hausaufgaben machen oder teure Nachhilfe zahlen? Dies ist nicht nur aufreibend, sondern ungerecht. Denn wie z. B. kommen Kinder aus bildungsfernen Familien dazu, dass ihnen so die Bildungskarriere verhunzt wird? Oder warum muss die Entscheidung über den Bildungsweg schon mit zehn, also viel zu früh, gefällt werden? Warum wird wegen ideologischer Halsstarrigkeit an unsinnigen Bergriffen festgehalten, statt an der Qualitätsschraube zu drehen? Das Bildungsvolksbegehren hilft, den Unsinn aus der Bildungsmottenkiste des 19. Jahrhunderts abzustellen.
Andreas Unterberger
Die Gründe, die gegen das parteipolitisch motivierte Androsch-Volksbegehren sprechen, sind Legion: Sein einziger harter Kern sind neben unkonkreten Phrasen und der Forderung nach viel Geld zwei Anliegen, die von einer Mehrheit abgelehnt werden: die zwangsweise Gesamtschule („gemeinsame Schule") und die Abschaffung der Klassenwiederholungen für überforderte Schüler. Eine Einheitsschule würde den Mittelstand zwingen, seine Kinder so wie jetzt schon Androsch und andere Großindustrielle in teure Privatschulen zu schicken, zumindest wenn den Eltern die Bildung der Kinder nicht gleichgültig ist.Das Volksbegehren spricht zwar vage von „Autonomie", in Wahrheit bringt es noch mehr Zentralismus: Es will sogar die Kindergärten dem Bund unterstellen. In Wahrheit braucht Österreich viel mehr Schul-Vielfalt (wie dies etwa die „Bildungsplattform Leistung & Vielfalt" fordert) mit mehr Rechten für Eltern und Lehrer. Auch in Wirtschaft, Sport und Kultur führen nur Leistung, Disziplin und Wettbewerb zum Ziel. Wer alle Kinder in die gleiche Klasse schickt, überfordert die einen und unterfordert die anderen. Unsere Zukunft hängt von der bestmöglichen Erziehung der Begabtesten und Fleißigsten ab, damit es wieder Weltklasse-Forscher, -Manager oder -Künstler gibt. Das Volksbegehren ignoriert total, dass wir vor allem ein Schulproblem mit Zuwanderkindern aus bildungsfernen Regionen haben (Finnland hat nur 2 Prozent Migranten, Österreich 19 Prozent), die nicht in einer Einheitsschule ihre Defizite abbauen können. In Deutschland hinken die Kinder der Gesamtschulländer jenen aus Ländern mit einem vielfältigen Schulsystem im Schnitt um ein volles Schuljahr nach.