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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
Hat Silvio Berlusconi Italien ruiniert?
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Ciao „Bunga Bunga"!
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Die Bilanz dieses Mannes ist vernichtend. Sowohl auf persönlicher als auch auf politischer Ebene. Sein Name steht für Misswirtschaft, Machtmissbrauch, unermessliche Bereicherung, für Frauenverachtung und für das Zurechtbiegen der Gesetze im eigenen Interesse. Weiters für Meineid, Richterbestechung, Bilanzfälschung sowie Steuerbetrug, und er wird nicht ohne Grund verdächtigt, Mitglied der Mafia zu sein. Silvio Berlusconi, bald Ex-Ministerpräsident Italiens, hat sein Land in ein finanzielles, rechtsstaatliches und vor allem moralisches Desaster geführt. „Bunga Bunga" ist wohl die treffendste Beschreibung, die von dem sexistischen alten Mann im Palazzo Chigi dereinst in den Geschichtsbüchern übrig bleiben dürfte.
Berlusconi hat vorexerziert, was es heißt, wenn überbordende Medienmacht in einem Land die Oberhand gewinnt und die Dauerberieselung mit stupiden Polit-Slogans demokratische Vernunft aushebelt. Der „Bunga Bunga"- Besessene gab sich als Alternative zur „alten Politikerklasse", als Unternehmer im Dienste der Politik. Er verpackt seine Politik in simple und falsche Slogans. Ziel seiner gescheiterten Politik war es, die Führungsmethoden eines großen Unternehmens in der Regierung anwenden zu wollen. Die Verfassungsreform, mit der er die Macht des Ministerpräsidenten ausgeweitet hat und die nichts anderes als die Festschreibung seiner Privilegien war, um sich dem Zugriff der Gerichte zu entziehen, sah er als Stärkung des „Vorstandsvorsitzenden des Betriebs Italien". Nun ist der „Betrieb Italien" gründlich ruiniert.
Die Staatsverschuldung ist auf Rekordniveau, das Sozialsystem ist kaputt, die Wettbewerbesfähigkeit dahin, die Korruption weitverbreitet, die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau. Ciao „Bunga Bunga"! - Das Beste, was Italien derzeit passieren kann.
Andreas Unterberger
Silvio Berlusconi ist ein sexbesessener Macho; der Medienmogul konnte sich nur mithilfe seiner Macht der zahllosen Anklagen wegen übler geschäftlicher Praktiken erwehren. Dieses Bild ist wohl trotz aller formaljuristischer „Mutmaßlich"-Vorbehalte richtig. Daher ist Berlusconis - vorerst ja ebenfalls nur mutmaßlicher - Abgang ein wichtiger Beitrag zur moralischen Sauberkeit. Wie das ja auch der Rücktritt anderer Regierungschefs wäre, die sich mit Zigmillionen aus öffentlichen Kassen zur Bestechung willfähriger Medien bedient haben.
Dennoch ist dieser Rücktritt nicht nur eine gute Nachricht. Denn es gibt erstens kaum eine Politikerpersönlichkeit, die nachfolgen könnte. Zweitens ist die Opposition zutiefst gespalten und uneins. Radikalkommunistische, sozialdemokratische, katholische Gruppierungen und diverse bunte Vögel haben ja lediglich eine einzige Gemeinsamkeit: „Weg mit Berlusconi!" Drittens liegt Italiens allergrößtes Problem ja in den radikalen Linksgewerkschaften, die jede Sparmaßnahme bekämpfen. Diese werden wie ihre griechischen Kollegen jedem schwachen Nachfolger nur noch mehr die Hölle heiß machen.
Im Rückblick muss man auch zwei Verdienste Berlusconis anerkennen: Er hat als Erster und Einziger die italienische Politikfolklore der ständigen Regierungskrisen unterbrechen können, die dem Land früher im Schnitt zwei Regierungswechsel pro Jahr beschert haben.
Und vor allem wird gern vergessen: Berlusconi hat die riesige Staatsverschuldung von seinen jahrzehntelang misswirtschaftenden Centro-sinistra-Vorgängern (= Christdemokraten + Sozialisten) geerbt, aber selbst nicht mehr verschlimmert. Im Jahr 1994 bei seinem ersten Amtsantritt war die Schuldenquote 122 Prozent, heuer liegt sie bei 121 Prozent. Bis zum Ausbruch der Krise hatten er, Romano Prodi und einige kurze Intermezzo-Regierungen sie sogar auf 104 Prozent reduzieren können.