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Ist Werner Faymann genauso eine Kunstfigur wie sein witziges Twitter-Gegenstück Failmann? Ist der kleine Kanzler vielleicht nur eine Puppe, die lediglich in ihren medialen Kampagnen ein Scheinleben führt? Seit Jahren häufen sich Indizien, die diesen Verdacht nähren.
Dieser Verdacht wird neuerdings auch durch das Auftreten einer weiteren ebenfalls nur virtuellen Kunstfigur aus der gleichen (angeblich im Burgenland liegenden) Werkstatt verstärkt, die schon Faymann gebastelt haben dürfte. Diese zweite Scheinperson heißt „Schuldenbremse“.
Sie erweckt den Eindruck der Sparsamkeit, ohne aber dass auch nur ein Cent eingespart werden müsste. Was zugegebenermaßen geradezu genial ist. Sogar der schlichte Koalitionspartner ÖVP vermeint darin eine Wirklichkeit zu erkennen, deretwegen er gleich bereit ist, lange strikt abgelehnte Steuererhöhungen zu akzeptieren, ohne dass der Kunst-Faymann auch nur eine echte Einsparung zugestanden hätte.
Die Kunstfigur Faymann ist aber jedenfalls viel älter. Sie ist durch einen Lebenslauf gekennzeichnet, in dem einfach gleich sechs Jahre fehlen. Was für die fiktive Produktion eines Bundeskanzlers doch auf einige bedauerliche Schlampereien schließen lässt. Denn diese biographische Lücke lässt ja sofort die bösesten Vermutungen über Aufenthaltsort und Zeitvertreib unserer Puppe in jenen Jahren aufkommen. Von denen wir uns natürlich aufs Allerdeutlichste distanzieren. Gilt doch auch für Kunstfiguren sicherlich die Unschuldsvermutung.
Eine der Haupteigenschaften unseres Kunst-Faymanns in den letzten Jahrzehnten ist das ständige Auftreten auf Inseratenseiten sowie das Absondern absolut nichtssagender Sprechblasen. Kennzeichnend für letztere sind etwa Interviews der Kanzler-Darstellerpuppe, in denen diese nach jedem EU-Gipfel immer genau das fordert, was der Gipfel gerade davor beschlossen hat. Am liebsten tut sie das in dem Blatt „Österreich“ (auch das ist ja übrigens ein sich virtuell als Zeitung ausgebender bloßer Werbeprospekt). Dort wird die Puppe niemals durch blöde Nachfragen belästigt.
Besonders früh ist die Faymann-Puppe in Wiens hässlichstem Bauprojekt, der Gasometer-City aufgetreten. Schon vor mehr als einem Jahrzehnt fand man lange – hochbezahlte, aber redaktionell getarnte – Werbestrecken in den Boulevardzeitungen, in denen „Europas modernstes Wohnprojekt“ betrommelt worden ist. Neben Werbetexten für dieses von Anfang an als Flop erkennbare Bauprojekt fanden sich darin immer wieder seitenfüllende Schönphotos Faymanns.
In einem (24seitigen!) Kronenzeitungs-„Bericht“ wird die Puppe mit der Fönfrisur etwa so betitelt: „Mut zu Entscheidungen: Werner Faymann, der politische Motor des ,Simmeringer Vierzylinders‘“. Dieser Vierzylinder war eine so tolle Entscheidung, dass auch elf Jahre später noch immer redaktionell getarnte Werbeseiten gekauft werden müssen, um ihn den unwilligen Mietern anzupreisen. Etwa vor kurzem im Kurier: „Gasometer - Ein Wohntraum mit Zukunft.“ Das einzige was sich geändert hat: Jetzt finden sich dort halt Schönphotos eines anderen Wohnbaustadtrates . . .
Wie ein roter Faden zieht sich durch die mediale Faymann-Existenz im Lauf der Jahrzehnte die Doppelseite in der Kronenzeitung, in der die untere Hälfte einer der beiden Seiten ein sogenanntes Interview mit unserer Kunstfigur zeigt. War das 2002 etwa eine „Wohn-Krone“, in der Faymann unter dem Titel „Der direkte Draht zum Stadtrat“ heiße Luft zum besten gab, war es 2007 eine doppelseitige Serie unter dem Titel „Unsere Bahn“. Dort fand sich immer „Das Aktuelle Interview mit Verkehrsminister Werner Faymann“. Lediglich die Frisur hat sich dazwischen gewandelt. Immerhin.
Nur eine kleine Kostprobe aus diesen durch und durch journalistischen Interviews: „Herr Minister, wie verbringen Sie, abgesehen vom politischen Programm den heutigen 26. Oktober? Bleibt noch Zeit für die Familie?“ Und die Antwort: „Nach den politischen Veranstaltungen zum Nationalfeiertag werde ich den Abend mit meiner Frau und meiner kleinen Tochter verbringen.“
Das musste ja wirklich einmal gesagt und geschrieben werden. Auf Kosten des Bahnbudgets, und damit der Steuerzahler. Und auf ganz normalen Zeitungsseiten mit der Kennzeichnung „Reportage“. Und ohne die vom Gesetz vorgeschriebene Kennzeichnung als „Werbung“.
Aber wer so heftig und bis heute ungestraft Amtsmissbrauch begehen kann, indem er diese Werbung aus öffentlichen Kassen zahlen lässt, braucht sich um solche Kleinigkeiten schon gar nicht zu kümmern. Oder er ist eben nur eine Kunstfigur. Denn solchene Plattheiten können eigentlich nur im Labor entstehen.
Neuerdings ist unser virtueller Faymann in die wirklich virtuelle Welt, ins Internet abgetaucht. Die Zeitschrift Datum hat sich die Mühe gemacht, den wenigen Jubelgenossen nachzuspüren, die dort ständig unterwegs sind, um mit haarsträubenden Rechtschreibfehlern in Postings Faymann zu bejubeln. Diese Faymann-Jubler haben im Facebook keines der dort üblichen Attribute. Ihr Profil ist abgeschottet, man kann ihnen keine Freundschaftsanfrage schicken, keine Nachricht. Dafür liest man dort: „find das echt gut, dass der bundeskanzler das so klar ausspricht.“ Oder: „wär ihn einmal gesehen hat wie er mit sogenannten kleinen leuten umgeht sieht sofort dass er es ernst meint!“
Wie alles an Faymann: Total glaubwürdig.
Ebenso glaubwürdig wie seine Unschuld in Sachen Untreue und Amtsmissbrauch, deretwegen die Staatsanwaltschaft immerhin noch immer ermittelt. Findet sich dort denn nicht endlich ein BSAler, um das abzudrehen wie in Sachen Kampusch-Zweittäter, Aichhorn-Haus und anderen politisch unangenehmen Verbrechen? Eine Kunstfigur kann ja gar nicht ins Gefängnis kommen.