Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Nach Spanien am vergangenen Sonntag in ein paar Tagen wohl auch Slowenien: Sozialdemokratische Regierungen werden reihenweise aus dem Amt gefegt. Das bedeutet zwar ein Ende der Verirrungen, die Europa als Spätfolge der zerstörerischen 68er Ideologie erfasst haben. Was bedeutet das aber jenseits aller nationalen Besonderheiten für die gesamteuropäische Krise?
Das signalisiert primär einen allgemeinen Frust der Wähler angesichts der nicht bewältigten und auch nicht bewältigbaren Euro-Krise. Es bedeutet damit fast automatisch eine Absage an jeden, der in einem Euro-Land regiert. Demnächst werden ja wohl auch einige jener Regierungen stürzen, die rechts der Mitte stehen, wie etwa die französische.
Die österreichische Linksrechts-Koalition hat zwar noch bis 2013 mit den nächsten Wahlen Zeit. Das bisweilen in Zeitungen aufflackernde Gerede von vorzeitigen Neuwahlen ist nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber dann werden Rot und Schwarz wahrscheinlich Mühe haben, gemeinsam noch einmal die 50 Prozent zu erreichen. Das sind wohlgemerkt zwei Parteien, die gemeinsam bis in die 80er Jahre 90 Prozent hatten und auch in der Folge noch lange die Zweidrittelmehrheit.
Nur: Die Alternativen sind rar, wenn man die europaweiten Trends zu analysieren versucht: Viele Wähler wenden sich insbesondere frustriert dem Lager der Nichtwähler zu. Womit sie freilich nur eines erreichen: dass die Stimmen aller anderen noch gewichtiger werden. Profitieren können Linksaußenparteien – freilich auf niedrigem Niveau – und insbesondere Parteien mit einem starken nationalen beziehungsweise fremdenfeindlichen Akzent. Die spanischen Wahlsieger sind ja sehr durch den spanischen Nationalismus geprägt, der sich gegen die „Anderen“ im eigenen Staat richtet, die halb oder ganz weg von Madrids Oberhoheit wollen, wie vor allem Basken und Katalanen.
Gewiss gibt es auch einige Erfolge liberale Ordnungsideen, insbesondere in Nicht Euro-Ländern: Siehe Polen, Skandinavien, Baltikum und nicht zuletzt Großbritannien. Im wichtigsten Land Europas hat die FDP aber inzwischen schon wieder jeden Kredit für seriöse Ordnungspolitik verspielt – wohl auch wegen ihrer mangelnder Ernsthaftigkeit – und damit die nächste Linkswende schon vorbereitet.
Man kommt zwar in Europa zunehmend zur Erkenntnis, dass die sozialdemokratische Wohlfahrtsstaats-Illusion die Hauptursache der Schuldenkrise ist. Die gigantischen Fehlinvestitionen vor allem der sozialistischen Ära in Spanien – an denen auch die sinnlose Freigiebigkeit der diversen EU-Struktur- und Kohäsionsfonds für jenes Land gehörig Mitschuld trägt – haben zwar ein kurzes Konjunktur-Strohfeuer entzünden können. Sie haben aber langfristig unzählige Bauruinen hinterlassen samt noch gewaltigeren Schulden. Ansonsten blieb vom Sozialismus in Spanien eine moralische Wüste mit zahllosen feministischen und schwulen Verirrungen.
Von der langfristig tödlichen Wohlfahrtsstaats-Illusion sind viele andere Gruppierungen nicht verschont geblieben. Auch die meisten Konservativen und Christdemokraten haben sich im Lauf der letzten Jahrzehnte voll mit dieser „progressiven“ Krankheit infiziert. Und bei den fremdenfeindlichen Parteien fehlen – neben ihren legitimen migrationsskeptischen Ansätzen – die sozial- und wirtschaftspolitischen Konzepte meist ganz. Oder diese Parteien sind sozialistischer als die Sozialdemokraten, sie ersetzen lediglich die internationalistische Rhetorik durch eine nationalistische.
Freilich: So sehr man den Parteien den Vorwurf machen muss, dass sie mit ihrer fast durchwegs sozialdemokatisch-keynesianischen Schuldenpolitik die Krise verursacht haben, so wenig kann man ihnen heute die Tatsache zum Vorwurf machen, dass sie keine Ahnung haben, wie Europa schnell aus der Krise zu führen ist.
Denn zunehmend setzt sich zumindest bei ehrlichen Analysen die Erkenntnis durch: Es gibt gar keinen schmerzfreien Ausweg mehr. Dazu ist es viel zu spät. Die Länder Europas müssen jetzt in einer viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte langen Periode der Askese die Rechnungen für die letzten 40 Jahre zahlen, in denen die Staatsschulden so sehr zugenommen haben, in denen es sich die Menschen gut gehen haben lassen.
Wer jetzt behauptet, ein funktionierendes Rezept zu haben, der lügt. Die Schuldenkatastrophe ist weder durch die Rückkehr zu den alten Währungen noch durch die Teilung des Euro in zwei Blöcke noch durch Eurobonds-Tricksereien mehr geordnet lösbar. Selbst die eine Zeitlang forcierte „Hebelung“ durch die Aufnahme von Billionen-Krediten funktioniert nicht mehr: China&Co denken aus Eigeninteresse gar nicht daran, Europa Geld zu schenken, pardon: „borgen“.
Europas Staaten stehen praktisch allesamt vor der grauslichen Alternative: Zahlungsunfähigkeit oder Entsorgung der Schulden via Megainflation. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es zur Inflation kommen, also zu einer Entschuldung der Staaten zu Lasten all jener, die etwas gespart, die auf irgendein Pensionssystem (staatlicher oder privater Natur) vertraut oder die Lebensversicherungen abgeschlossen haben. Aber auf dem Weg der Inflation ersparen sich Politik und Bürokratie den Offenbarungseid, dass die Staatsgehälter nicht bezahlt werden können. Selbst die europäische Zentralbank ist ja schon längst von jenen übernommen, die sich im Zweifel für die Inflation entscheiden. Gegen ihren eindeutigen Auftrag.
Man wird wohl schon über eines froh sein müssen: Wenn es in diesen Krisenjahren gelingt, den Rechtsstaat samt den wichtigsten Bürgerrechten (soweit diese nach den gutmenschlichen Zerstörungsaktionen noch vorhanden sind) zu retten; wenn es gelingt, den Weg in die Diktatur zu vermeiden. Die durch Deutschland ziehenden neonazistischen Mörderbanden machen freilich deutlich, wie nahe der totale Absturz schon ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das neue unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.