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Spindeleggers Eigentor mit vollem Anlauf

Ist der ÖVP-Obmann von allen guten Geistern verlassen? Zwei linke Journalisten hat es in der Pressestunde zwar nicht erschüttert, aber umso mehr schockierte Michael Spindelegger bürgerliche Zuhörer, als er dort kurzerhand eine Erhöhung der Einkommensteuer vorgeschlagen hat.

Mehr braucht die Partei wohl nicht mehr, um wieder einen Stock an Wählern zu verlieren. Da kann man nur sagen: Bravo! Entweder hat sich Spindelegger verredet oder er verjuxt bewusst sein einziges derzeitiges Atout, das ihm die SPÖ mit ihren fast täglich neuen Steuerplänen in die Hände gespielt hat.

Spindelegger zufolge könnten nämlich in einem neuen Steuersystem jene, die "ganz viel" verdienen, einen Beitrag leisten. Das gehe nicht in Richtung Eigentum, sondern man könnte darüber reden, auch diejenige heranzuziehen, die besonders viel verdienen. Soweit der ÖVP-Chef.

Was bitte kann der Mann mit diesen Formulierungen anderes meinen als eine Erhöhung der Steuersätze für die Gutverdienenden? Und glaubt er nicht, dass diese mit 50 Prozent Einkommensteuer von all ihren Einkünften durchaus schon „herangezogen“ werden und einen ganz ordentlichen „Beitrag leisten“? Weiß er nicht, dass nach den ehernen Gesetzen der stillen Progression binnen weniger Jahre auch immer die nur  mittelgutverdienenden Steuerzahler zu den gutverdienenden aufschließen?  Weiß er nicht, dass beide Gruppen ja von den ihnen scheinbar verbleibenden 50 Prozent erst recht wieder Mehrwert- und viele andere Steuern zu zahlen haben? Hat er mitgekriegt, dass die englischen Konservativen gerade eine Senkung der Spitzensteuersätze diskutieren? Führt regelmäßiger Kontakt mit Werner Faymann schon beim zweiten ÖVP-Obmann zu geistigen Aussetzern? Müsste nicht ein ÖVP-Obmann, bevor er nur einmal von Steuererhöhungen redet, fünftausendmal „Hacklerregelung, ÖBB-Milliarden, Inseratenkorruption, Subventionsweltmeister Österreich, Studienzugangsregelung“ und vieles andere mehr sagen?

Für seine Partei ist dieser offensichtliche Kurswechsel – wenn er nicht baldigst korrigiert wird – jedenfalls viel zerstörerischer als der von etlichen Medien aufgeblasene Fauxpas der Maria Fekter, die offenbar die eiserne Regel der Political correctness nicht beherrscht: Man darf alles mit allem vergleichen, nur nichts mit dem Holocaust und dem Nationalsozialismus. Das weiß bei Rot und Grün auch der letzte Hinterbänkler. Sie heulen bei einem solchen Vergleich durch einen politischen Gegner sofort los und können so jedes Sachargument beiseiteschieben. Dass die Caritas da mitheult, ist angesichts deren politischer Positionierung als SPÖ-Vorfeldorganisation in den letzten Jahren auch nichts Neues.

PS.: Spindelegger kann angesichts dieses Ausrutschers noch froh sein, dass seine Pressestunde in einem der vier großen Bundesländer, nämlich der Steiermark, nicht zu sehen war. Dort war nämlich plötzlich eine konkurrierende regionale Pressestunde angesetzt. Das war freilich aus ORF-Warte ein ganz bewusster Bosheitsakt gegen ihn. Wetten, dass es beim nächsten TV-Auftritt des SPÖ-Vorsitzenden kein solches Aussteigen eines Bundeslandes geben wird? Menschen mit einem politischen Gedächtnis wissen, wie die ÖVP in ihren guten Zeiten bei einem vergleichbaren Affront protestiert hätte, als sie noch funktionierende Stäbe und Kabinette gehabt hat – bis hin zu einer Absage der Pressestunde durch den jeweiligen Parteiobmann. Denn wer sich einmal vorführen lässt, der wird immer wieder vorgeführt.

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