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Korruption: Die Täter und die Ursachen

Korruption ist ein ganz schlimmes Übel. Ihr in den letzten Wochen dem Anschein nach immer üppiger gewordenes Wuchern schadet dem allgemeinen Wohlstand und kann das Land massiv zurückwerfen. Daher ist es schlimm, wenn Korruptionsfälle nur parteipolitisch instrumentalisiert werden, statt dass vor allem energisch ihre Ursachen bekämpft werden. Daher ist es dringend notwendig, einmal die Sachverhalte zu klären.

Erstens, wer sind die Korruptionisten? Und zweitens, unter welchen Rahmenbedingungen kann Korruption besonders gut gedeihen?

Die Täter

Nun, wer sind die Korruptionisten? In der schlichten Denkwelt eines Peter Pilz sind es einfach Schwarz und Blau. Da sich in den letzten Tagen erstaunlich viele Medien diesem Denken angeschlossen haben, sei die grundlegende Tatsache vorangestellt: Korruptionisten und Charakterschweine gibt es prinzipiell mit der gleichen Wahrscheinlichkeit in jeder Partei. Dennoch kann man den Grünen eines zugute halten: Nachdem sie noch nie regiert haben, hatten sie auch noch nie Gelegenheit, korrupt zu sein. Wenn man freilich sieht, wie zielgerichtet jetzt in Wien grüne Personalpolitik betrieben wird, macht man sich wenig Illusionen, dass Grüne prinzipiell besser wären.

Mag sein, dass ein starker moralischer Antrieb die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass jemand zum Dieb wird. Denn gläubige Menschen, überzeugte Patrioten, begeisterte Klassenkämpfer denken weniger an sich als an eine ihnen heilige Sache. Nur: Diese Menschen sind dann aber oft um der Sache, um der Partei willen umso energischer zu Gaunereien bereit. Für sie heiligt das Ziel die Mittel. Daher bleibt die Sauberkeit letztlich doch eine Frage des Charakters. Und den sieht man leider nicht von außen.

An dieser gleichmäßigen Wahrscheinlichkeit korrupten Verhaltens ändert auch die Tatsache nichts, dass SPÖ-Regierungsmitglieder bisher weitaus öfter strafrechtlich verurteilt worden sind als die irgendeiner anderen Partei. Oder dass jetzt die Staatsanwaltschaft die Buchhaltung des PR-Agenten Hochegger durchackert (was sie darf und soll), dass sie aber darüber hinaus auch in wohldosierten Teilstücken die Namen vor allem schwarz-blau-oranger Empfänger von Hochegger-Zahlungen an die Medien durchsickern lässt. Bei dem Durchsickern bleibt völlig ungeprüft, ob das legale oder illegale Zahlungen waren, ob der Zahlung eine Leistung gegenübersteht oder nicht. Niemand in der Staatsanwaltschaft kümmert sich auch um die Buchhaltung von SPÖ-nahen Lobbying-Agenturen, die vermutlich genauso interessant wären.

Dass dieses sich seit Jahren wiederholte Verhalten der Staatsanwaltschaft eine mindestens ebenso schlimme Serientäterschaft in Sachen Korruption darstellt, ist eine der vielen Tatsachen, die in der öffentlichen Diskussion total ignoriert werden. Ebenso wie die diesbezügliche Untätigkeit der Justizministerin als der obersten Vorgesetzten der Staatsanwälte. Und die Medien profitieren wieder von diesen Gesetzesverletzungen der Anklagebehörden, genießen und schweigen.

Welches Bild von den Abkassierern zeigt nun die Hochegger-Buchhaltung insbesondere in Zusammenhang mit der Telekom Austria? Vieles deutet darauf hin, dass der dominant rot geführte Betrieb, der sich lang der – bezahlten oder unbezahlten? – Gunst der roten Minister für Verkehr und Finanzen erfreut hat, nach dem Jahr 2000 plötzlich in beiden Häusern mit blauen Ministern konfrontiert war. Davor fürchteten sich die Telekomer sehr – waren sie doch gleichzeitig mit der für das langjährige Monopol-Amt bedrohlichen Konkurrenz anderer Anbieter bedroht.

Die Vermutung ist groß, dass man damals im blau-orangen Lager die Möglichkeit gesehen hat, endlich die Parteikassen anfüllen zu können, nachdem man das lange als rot-schwarzes Privileg angeprangert hatte. Freilich ist da noch gar nichts erwiesen – und schon gar nicht die Frage geklärt, wie viel des Geldes bei einzelnen Politikern und wie viel in der Partei gelandet ist. Was strafrechtlich freilich keinen Unterschied macht.

Der wirkliche Schaden sind aber gar nicht so sehr die mutmaßlichen Bestechungssummen, sondern der Schaden für den Wettbewerb. Denn das Verkehrsministerium hat offenbar den Übergang vom Staatsmonopol zum offenen Wettbewerb ein wenig zugunsten des alten Monopolisten fehlreguliert. Das ist zumindest ein durch Indizien belegter Verdacht.

Zusammen mit dem Fall Strasser also doch ein Beweis für die Verkommenheit von Schwarz-Blau? In der medialen Darstellung ist das ganz sicher so. Nur ist diese mediale Darstellung, wie vor wenigen Tagen hier skizziert, in einer skandalös grob einseitigen Weise irreführend. Offenbar will der ganz überwiegend links eingestellte Journalismus nun endlich den Beweis gefunden haben, dass er zu Recht Schwarz-Blau bekämpft hat. Und er ignoriert daher schon allein aus diesem Grund alle anderen Korruptionsaffären mit einem andersfärbigen Mascherl.

Dazu zählt etwa die vor allem Werner Faymann anzulastende Bestechung vor allem der Boulevardzeitungen durch Ministerien, durch die ÖBB und fast alle Versorgungsunternehmen im Einflussbereich der Gemeinde Wien. Wobei aber auch hier die ÖVP nicht unschuldig, wenn auch deutlich weniger belastet aussteigt: Siehe etwa die Medienpolitik einiger schwarzer Bundesländer, siehe den Werbe-Etat des burgenländischen Umweltministers.

Zu den weder von der Staatsanwaltschaft noch den Medien aufgearbeiteten roten Korruptions-Fällen zählen insbesondere die massiven Hinweise auf Parteifinanzierung aus dem Bawag-Prozess, zählt die Rolle des amtierenden(!) ÖBB-Aufsichtsratspräsidenten als einstiger Porr-Generaldirektor in der Buwog-Affäre – wo es gegen ihn weit stärkere Indizien gibt als gegen Karl-Heinz Grasser –, zählt die massive Beamtenkorruption in diversen Wiener Magistratsabteilungen, zählt die bis heute nicht erfolgte Anklage gegen den ehemaligen ÖGB-Boss Verzetnitsch.

Schon viel mehr Klarheit gibt es bei den Vorwürfen gegen den Telekom-Vorstand, mit massiven und kriminellen Manipulationen den Aktien-Kurs kurzfristig so hochgerissen zu haben, dass ihnen Millionen Boni zugeflossen sind. Allerdings ist dieser Skandal zwar nicht in puncto krimineller Energie, aber von der Management-Verantwortung her auch dem Haupteigentümer ÖIAG zuzuschreiben: Denn die ÖIAG hat im Telekom-Aufsichtsrat eine total unintelligente Bonus-Regelung fixiert gehabt. Der Bonus an die Telekom-Manager war nämlich von einem einzigen Zeitpunkt der Kurs-Entwicklung abhängig. Das war geradezu eine Verlockung zur Manipulation. Die Vereinbarung von Boni ist an sich weltweit üblich und sinnvoll, aber es sollte dabei immer um eine langfristige und nachhaltige Messgröße im Interesse von Unternehmen und Aktionären gehen, an der Zahlungen festgemacht werden.

In diesem Punkt geht es freilich nicht um Korruption im eigenen Sinn, sondern um klassischen Betrug und Untreue (und überdies um eine schwere Panne bei der Finanzmarktaufsicht). Daher zurück zur Korruption.

Der Nährgrund der Korruption

Noch wichtiger als die Frage „Wer sind die Täter?“ ist die zweite Frage: Welche Strukturen begünstigen Korruption und welche verhindern sie? Und da ist die Antwort ganz eindeutig: Je mehr der Staat in der Wirtschaft mitzureden hat, umso mehr Korruption gibt es.

Dabei ist es ziemlich gleichgültig, ob die staatliche Mitsprache in Form von Eigentum oder in Form von Gesetzen, Verordnungen und Bescheiden erfolgt. Einziger Unterschied: Im zweiten Fall kann die Öffentlichkeit etwas leichter einen Machtmissbrauch kontrollieren – sofern sich nicht die Täter hinter dem Datenschutz verbergen. Was sie immer öfter tun.

Bei Betrieben im öffentlichen Eigentum ist Kontrolle noch viel schwieriger. Denn öffentliches Eigentum bedeutet de facto immer Parteieigentum. Die Partei muss nur dafür sorgen, dass in einigen wenigen Schlüsselpositionen Vertrauensleute sitzen. Dann kann sie sich dort in jeder Hinsicht hemmungslos bedienen.

Was folgt aus all dem? Nun ganz eindeutig, dass die beste Strategie gegen Korruption ein Zurückdrängen des Staates, also von Bund wie Ländern ist. Je weniger Unternehmen in Staatshand sind, umso weniger Korruption kann es geben. Je weniger Gesetze der Staat macht, um unser Leben und das der Wirtschaft zu regulieren und reglementieren und einzuschränken, umso weniger Platz haben Lobbyisten, Sozialpartner & Co mit ihren windigen Aktivitäten.

Das besonders Tragische: Nicht einmal die ÖVP traut sich mehr wirklich, „Weniger Staat!“ zu verlangen. Und die SPÖ träumt sowieso immer von dem alles durchdringenden Staat, etwa nach dem Vorbild der Gemeinde Wien, welche die Stadt geradezu totalitär zu beherrschen versucht.

PS.: Die Rathausbonzen versuchen übrigens gerade, auch den allerletzten Journalisten mit Hilfe Faymanns aus einer Zeitung im Staatsbesitz zu verdrängen, der noch Wiener Skandale aufzugreifen gewagt hat. Aber immerhin: Während Chodorkowski im Gulag schikaniert wird, darf man bei uns frei herumlaufen. Und sogar dem Tagebuch ist noch nicht der Strom abgedreht worden. Das war die gute Nachricht zum Wochenende.

 

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