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So unappetitlich die Vorkommnisse in der teilstaatlichen Telekom auch sein mögen, in der heimischen politischen Diskussion geht es noch viel unappetitlicher. Jetzt ist also an den Malversationen rund um die Bonuszahlungen, die sich aus einem manipulierten Kurssprung der Telekom-Aktie ergaben, ebenso wie an den Schmiergeldzahlungen des teilstaatlichen Unternehmens an den früheren Infrastrukturminister „Vorarlberg is too small for me“-Gorbach und an dessen damalige Partei einer schuld: Wolfgang Schüssel. Unter seiner Regierung sei ein Korruptionsparadies entstanden, zetern die Grünen.
Da sollten sie doch eher die Kirche im Dorf lassen.
Es stimmt natürlich: Sowohl die sich stetig ausweitende Telekom-Affäre als auch die Causa BUWOG fallen in die Schüssel-Zeit. Beides kam ins Rollen, weil 2009 der Lobbyist und Agentur-Besitzer Peter Hochegger aufflog, der immer wieder als Gelddrehscheibe fungierte. Jetzt kommt zusätzlich erstmals die Kronzeugen-Regelung zum Tragen, da der große Enthüller und ehemalige Telekom-Spitzenmanager Gernot Schieszler sich von seinen Mit-Vergehen freikaufen möchte. Beide Causen sind über einen Zufall ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Und nicht, weil es davor und danach weder illegale Parteienfinanzierung noch korrupte Politiker gegeben hätte. Das österreichische System funktioniert im Normalfall überhaupt nicht, wenn es um zweifelhafte Geldflüsse zwischen teil- und ganz verstaatlichten Unternehmen und der Politik geht. Es funktioniert dann umso weniger, wenn die begünstigte Partei immer noch an der Macht ist. Mit der Macht wird sich’s keiner verscherzen und auspacken. Und wenn es noch so schön wäre, all diesen Filz ein für allemal los zu werden: Das packt die Korruptionsanwaltschaft nie – besonders deshalb nicht, weil sie gerne nur in eine Richtung schaut.
Kein Zweifel: Die Machenschaften der Herren Strasser, Gorbach und Co. sind aufzuklären und zu verfolgen. Aber: An ihnen die Ära Schüssel zu messen – das schaffen nur die Grünen. Nicht nur weil er der letzte (und seit langem der erste) war, der Reformen angegangen ist. Sondern auch weil diesen Kanzler viel auszeichnete, was wir in Krisenzeiten gut hätten brauchen können.
Gerade in Tagen wie diesen vermisst man einen Kanzler, der etwas bewegt, gestaltet, Mut zu Reformen und Durchblick auf der europäischen Bühne hat. Einen, der das Unangenehme nicht scheut, wenn er - oder: weil er überhaupt – von etwas überzeugt ist. Einen, der nicht nur Plakatsprüche hervorquetscht, sondern etwas zu sagen hat. Einen, der nicht ständig auf den Boulevard und die Umfragewerte schielt, sondern zu seinen Überzeugungen steht. Der bei Problemen nicht nur über ein eingeübtes Repertoire an Stehsätzen verfügt, sondern sie intellektuell bewältigt und Auswege (ver-)sucht. In Krisenzeiten braucht man keinen starken Mann, sondern einen starken Kopf. Einen Kanzler und keinen Kanzlerdarsteller.