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Schwarz-blaue Schuldvermutungen und rote Schweigegewissheiten

Es sind die unglaublichsten Dinge, die in diesem Land passieren. Diese sind nicht einmal zwischen Tschetschenien und Belarus mehr möglich. Die gehäuften Hinweise auf Korruption sind schlimm, aber die gibt es leider in vielen Ländern, und zwar überall dort, wo sich der Staat in die Wirtschaft einmischt. Aber das was da in den österreichischen Zeitungen passiert, ist anderswo absolut unvorstellbar.

Da bestätigt die Staatsanwaltschaft offiziell, dass gegen den Bundeskanzler und seinen Staatssekretär „wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Untreue“ ermittelt wird – und am nächsten Tag erwähnt fast keine Zeitung auch nur diese Tatsache.

Korruptionsermittlungen gegen den amtierenden Regierungschef würden anderswo den Staat erschüttern und zu lautstarken Rücktrittsrufen führen. Aber nicht bei uns in Österreich. Denn bei uns sind Strafverfahren gegen einen Regierungschef – oder auch gegen die Unterrichtsministerin wegen ihrer seltsamen Rolle bei der Kommunalkredit-Pleite – nicht der Erwähnung wert. Zumindest, wenn die Verdächtigen rot sind.

Eine lobenswerte Ausnahme ist die unter dem Kürzel RMA zusammengefasste Kette der österreichischen Bezirksblätter. Diese (mir in keiner Weise nahestehende) RMA hat über das sogenannte ots-Service der APA am Dienstagvormittag allen Zeitungen des Landes folgendes mitgeteilt: „Wie der Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey, der RMA bestätigt, wurde die Polizei aufgrund einer Anzeige jetzt mit Ermittlungen gegen Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer betraut. Auslöser war eine Sachverhaltsdarstellung der FPÖ. Darin wirft der freiheitliche Generalsekretär Harald Vilimsky (unter Berufung auf (sic) Medienberichte) den beiden SPÖ-Politikern vor, während ihrer Zeit im Infrastrukturministerium Druck auf die ÖBB bei der Inseratenvergabe ausgeübt zu haben. Faymann wie Ostermayer dementieren diese Anschuldigungen. Vecsey bestätigt weiters, dass ,gegen Faymann und Ostermayer wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs und der Untreue ermittelt wird‘. Es gilt die Unschuldsvermutung.“

Nur zur Erläuterung: Wenn die Staatsanwaltschaft die Polizei mit Ermittlungen betraut und Anzeigen nicht gleich wieder zurücklegt, sieht sie den Vorwurf zumindest als inhaltlich schlüssig an. Auch wenn ich trotzdem ziemlich viel verwetten würde, dass diese Staatsanwaltschaft nie und nimmer eine Anklage gegen Faymann wagen würde. Dennoch wünsche ich dem einen mutigen Staatsanwalt (das ist natürlich nicht der Herr Vecsey), der die Causa aufgenommen hat, dass er sich nicht einschüchtern lässt.

Am Mittwoch aber blättere ich und blättere ich – und finde fast nirgendwo eine Zeile zu dem Skandal.

Es gibt eigentlich nur drei mögliche Erklärungen für die seltsame Ruhe im Blätterwald: Entweder die Staatsanwaltschaft hat den Zeitungen unter der Hand erklärt, dass das Verfahren ohnedies bald eingestellt wird. Oder die Medien sind tatsächlich schon bis auf die Knochen von ÖBB- und anderen Faymann-inspirierten Inseraten bestochen und müssen daher auch eine Aufdeckung der eigenen Rolle fürchten, wenn diese Inseratenkorruption (die auch schon von internationalen Transparenz-Experten als solche identifiziert worden ist) stärker thematisiert wird. Die dritte Erklärung: Sie sind allesamt so knalllinks, dass sie nicht einmal mehr die grundlegenden Fakten berichten.

Dafür aber sind die Zeitungen heftig dabei, gegen die drei Parteien rechts der Mitte zu hetzen: Fast gleichgeschaltet erregen sie sich darüber, dass gegen drei Minister der schwarz-blau-orangen Zeit behördlich ermittelt wird und sehen darin den Beweis, wie verkommen diese Regierung war. Und kein einziger Leser erfährt die Tatsache, dass zur gleichen Zeit gegen drei rote Minister mit mindestens genauso schlimmen Vorwürfen ermittelt wird. Obwohl das naturgemäß bei amtierenden Ministern mindestens genauso gravierend ist wie bei Hasbeenern.  Fast wie in einem totalitären System gleichgeschaltet attackieren die Zeitungen den damaligen Bundeskanzler – obwohl gegen den kein einziges Indiz vorliegt – und verschonen dem amtierenden. Wenn einem da nicht übel wird.

Die Regel ist klar: Gegen Schwarz-Blau-Orange gilt die Schuldvermutung und gegen Rot die Schweigegewissheit.

Selbst Vorgänge, die für jeden Juristen auf den ersten Blick als nicht rechtswidrig erkennbar sind, werden flächendeckend und für Nichtjuristen heftig dramatisierend aufbereitet. Nur weil sie schwarze oder blaue oder organge Politiker zu belasten scheinen. Oder weil sie vom (Ex-?)Kommunisten Peter Pilz vorgelegt werden.

Beispiel eins: Willi Molterer soll für einen oberösterreichischen Fußballverein bei der Telekom einen niedrigen fünfstelligen Werbungs-Auftrag, also Sponsoring im Gegenzug für Werbung erbeten haben. Wenn das rechtswidrig ist (was es nicht ist), dann ist das um ein Vielfaches größere Sponsoring der Verbund-Gesellschaft bei der Wiener Austria um ein Vielfaches schlimmer. Denn die größte österreichische Stromfirma wirbt ausgerechnet bei jenem Verein, bei dem der Abgeordnete, Gewerkschafts-Boss und vor allem SPÖ-Energiesprecher Wolfgang Katzian Präsident ist. Aber über die Werbung auf den Dressen von Sierning wird geschrieben, über jene der Austria nicht. Noch größer ist der Betrag, den Wiener Gemeindebetriebe Rapid an Geldern zuschieben. Und Präsident von Rapid ist ganz zufällig  . . .

Beispiel zwei: Wenn die ÖBB (Korruptionsbetrieb Nummer eins) Vorwürfe gegen den jetzigen Chef ihres künftigen Konkurrenten „Westbahn“, der früher ein ÖBB-Manager war, lancieren und das noch auf dem Umweg über Peter Pilz, müsste das allein schon denkenden Journalisten zu denken geben. Umso mehr müsste das der Fall sein, wenn auch hier ganz offensichtlich kein Verstoß gegen das Strafrecht vorliegt. Denn der Mann hatte einem (zweifellos mehr als dubiosen, aber deswegen nicht automatisch in jeder Handlung kriminellen) PR-Agenten das Namensrecht für „Railjet“ abgekauft. Dieses Namensrecht lag juristisch eindeutig bei dem PR-Agenten. Wenn nun – viele Jahre später – ein ÖBB-Mitarbeiter behauptet, dass eigentlich er als erster die Idee zu dem Namen hat, ist das lieb, aber juristisch völlig irrelevant. Und nur sofort erkennbarer Teil einer Hetzkampagne.

Der ORF hat wenigstens über die Ermittlungen gegen Faymann und Co berichtet. Freilich nur als trockene Meldung, während die Vorwürfe gegen Ex-ÖVPler wie Ernst Strasser oder Alfons Mensdorff-Pouilly seit Tagen Spitzenmeldungen sind und mit bewegten Bildern unterlegt werden. Was psychologisch die Sache viel stärker ins Gedächtnis einprägt.

PS zu ORF und Faymann: Bei dessen Sommerinterview wurden vom Staatssender absolut alle Fragen ausgelassen, die vielen Menschen Sorgen bereiten und die die Zukunft des Landes überschatten: Von der Migration, die rasch wachsende Islamisierung, die zunehmende Überalterung, die alljährlich steil ansteigende Staatsverschuldung bis zur Hacklerregelung. Gleichzeitig ließ es die Moderatorin Faymann durchgehen, dass er die Arbeiterkammer als „unverdächtigen Zeugen“ für seine Behauptungen anrief und bei der Vermögenssteuer eine auf den ersten Blick als verfassungswidrig erkennbare Variante vorschlug: Besteuerung von Geld und Grund, aber nicht von Schmuck und ähnlichem. Und wäre es nicht verfassungswidrig, würde es jedenfalls alle bevorzugen, die jetzt massiv ihr Bargeld in Gold wechseln. Wie sich der kleine Bundeskanzler mit den großen Lücken im Lebenslauf die Dinge halt so vorstellt.

 

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