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Chuzpe in allen Farben

In diesem Land passieren so viele Dummheiten, Bösartigkeiten und Seltsamkeiten, dass man als deren Chronist oft ins Schwitzen gerät. Daher muss man bisweilen zum Mittel der Kollektivabfertigung, zur neuerdings modischen Sammelklage greifen. Heute gegen die Herrn Schieder, J.Pröll, Ellensohn, Kräuter, E. Rasinger und Wrabetz, gegen blau-orange Kärntner, rote Steirer und grüne Greenpeacler.

Sehr begrenzte Intelligenz hat etwa der SPÖ-Staatssekretär Andreas Schieder gezeigt. Denn er hat ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt im geifernden Klassenkampfton nach höheren Krankenversicherungsbeiträgen der „Reichen“ verlangt, da die Krankenversicherungen überraschend einen Überschuss melden. Er hätte aber ein wenig besser recherchieren sollen, wenn er schon das Sommerloch zum Anpreisen linker Ladenhüter nutzen will. Freilich könnte man solche ständige Attacken rot-grüner Politiker auf die Reichen auch anders als nur in der Kategorie Dummheit qualifizieren, würde man die gleiche Logik anwenden, wie sie Rot und Grün im Fall des norwegischen Massenmörders B. gegenüber Islamkritikern anwenden: nämlich als Anstiftung zur Kriminalität. Wer die angeblichen Reichen so konsequent attackiert wie Islamkritiker die gewaltverherrlichenden Aussagen jener Religion, der ist nach jener Logik zweifellos genauso schuld, wenn eines Tages auch bei uns die Autos angeblich Reicher brennen wie jetzt in Berlin oder wenn die Supermärkte vom Mob geplündert werden wie vor kurzem in England. Wobei bei Schieder wohlgemerkt jeder ein verstärkt zu schröpfender Reicher ist, der mehr als 4020 Euro pro Monat verdient!

Der Mund blieb einem dieser Tage offen, als man erfuhr, dass die Hypo Alpen-Adria bis jetzt an das Land Kärnten eine sogenannte Haftungsprämie gezahlt hat. Das ist eine an sich übliche Entschädigung dafür, dass Kärnten mit 20 Milliarden Euro für Kredite der Bank haftet. Nur: Das Bundesland haftet de facto gar nicht mehr dafür. Denn die Bundesregierung hat vor fast zwei Jahren die am Rande des Bankrotts stehende Bank übernommen und diese mit viel Steuergeld gerettet. Der damals für diesen Unsinn hauptverantwortliche Finanzminister Josef Pröll hatte das mit folgender Begründung getan: Kärnten wäre von den Haftungen total überfordert und müsste sofort in Konkurs gehen. Dabei hat Pröll damals nur von sechs Milliarden Kärntner Haftungen gewusst und noch gar nicht deren vollen Umfang gekannt. Wie aber reagiert das Land Kärnten auf den Zahlungsstopp der Hypo? Statt schuldbewusst ob der grob fahrlässigen Haftungs-Politik von Blau/Orange den Kopf einzuziehen, verlangt das Land frech die Weiterbezahlung der Haftungsprämie. Stammt das Wort Chuzpe am Ende nicht aus dem Jiddischen, sondern aus dem Kärntner Dialekt?

Chuzpe oder Ahnungslosigkeit? Eines von beiden muss den grünen Wiener Koalitionsdrahtzieher David Ellensohn bewegt haben, als er in einem Interview die skandalösen Wiener Preiserhöhungen zu rechtfertigen suchte. Er behauptete, gäbe es in Österreich eine Vermögenssteuer, gäbe es keine Preiserhöhung. Damit sind die – vermeintlichen – Erträge einer solchen Steuer von Grün oder Rot locker schon zum dreißigsten Mal verbal für irgendetwas verwendet worden, von Steuerermäßigungen bis zur Uni- und Pflegefinanzierung. Das ist zumindest Chuzpe. Diese entpuppt sich als totale Ahnungslosigkeit, wenn man sich den genauen Wortlaut Ellensohns zu Gemüte führt. Er verlangt nämlich „Vermögenssteuern auf die Superreichen auf Schweizer Niveau“. Der Mann weiß offenbar nicht, dass die Schweiz das liebste Ansiedlungsland für die Superreichen aus aller Herren Länder ist – und das aus einem einzigen Grund: Weil die Superreichen dort zumindest in vielen Kantonen so wenig Steuern zahlen wie in keinem anderen Land (was aber der Schweiz in der Summe mehr Einnahmen bringt, als wäre sie ein Hochsteuerland).

Nochmals die Wiener Grünen: Ebenfalls Chuzpe ist ihr Nein zu einem Untersuchungsausschuss, der die vielen neuen Korruptionsskandale rund um das AKH aufarbeiten soll. „Keine Notwendigkeit“ meinen sie. Dabei sind die Grünen überall dort, wo sie nicht mitregieren, die häufigsten Rufer nach solchen Untersuchungsausschüssen. Wohl noch nie hat hierzulande eine Partei für ein winziges Zipfelchen der Macht- und Postenteilhabe so schnell alle Grundsätze aufgegeben, für die sie vorher mit großem Gedröhne behauptet hatte zu stehen.

Ahnungslosigkeit muss man dem schwarzen Gesundheitssprecher Erwin Rasinger attestieren. Denn er will dem Gesundheitssystem durch eine Erhöhung der Tabaksteuer mehr Gelder verschaffen. Unabhängig von der Frage, ob in diesem System wirklich so effizient und sparsam gewirtschaftet wird, dass man überhaupt über mehr Einnahmen reden müsste, scheint sich Herr Rasinger jedenfalls bei der Tabaksteuer nicht auszukennen. Denn beispielsweise aus Deutschland ist soeben gemeldet worden, dass die Einnahmen aus dem Zigarettenverkauf um zweistellige Prozentsätze zurückgehen: (leider) nicht, weil weniger geraucht wird, sondern weil die teuren legalen Zigarettenpreise europaweit den Schmuggel der giftigen Ware sehr profitabel gemacht haben. Damit bringt jede Preiserhöhung nicht mehr mehr, sondern immer weniger Geld in die Kasse. Damit niemand falsche Schlüsse zieht: Ich bin seit mehr als drei Jahrzehnten Nichtraucher.

Öffentlich eher unbemerkt ist auch eine Chuzpe des roten Parteisekretärs Günther Kräuter geblieben. Er hat in einem Interview seine „Gesprächsbereitschaft“ über eine Aufwertung der ÖIAG verkündet. Freilich nur unter einer Bedingung: Zuvor müsse dort das System des sich selbst erneuernden Aufsichtsrates abgeschafft werden. Mit anderen Worten heißt das völlig ungeniert: Wir wollen endlich auch dort wieder den parteipolitischen Proporz haben (und so ganz nebenbei zusammen mit den Belegschaftsvertretern die Mehrheit). Dabei ist gerade dieser ÖIAG-Aufsichtsrat eine der größten und bisher unangetasteten Erfolgsstories der schwarz-blauen Ära: Wenn aus dem – von lauter Spitzenmanagern und Unternehmern gebildeten – Aufsichtsrat ein Mitglied ausscheidet, entscheidet der Aufsichtsrat selbst über die Nachfolge. Ohne dass irgendein Politiker mitreden könnte. Genau dieses System hat nach Jahrzehnten der Parteibuchwirtschaft eine Entpolitisierung der einstigen Megaproblemzone „Verstaatlichte Industrie“ gebracht und einen großen Schuldenberg in eine sehr positiv bilanzierende Holding verwandelt. Die SPÖ will aber ganz offensichtlich lieber eine Struktur und damit Misswirtschaft wie bei ÖBB und ORF, wo jeweils ihre Minister die entsprechenden Räte dominierend beschicken.

Apropos ORF: Voll Staunen konnte man hören, wie der brave Parteisoldat Alexander Wrabetz vor seiner durch die rotgrüne Dampfwalze gesicherten Wiederwahl als Generaldirektor eine Reihe neuer Programme ankündigte. Dabei hieß es doch immer, der ORF pfeife aus dem letzten Loch und brauche dreistellige Millionenbeträge des Steuerzahlers. Ein enger Wrabetz-Mitarbeiter schmunzelte, als ich ihn auf diese Diskrepanz ansprach: Das sei ja alles nur Wahlkampf und werde eh nicht so kommen. Aha. Habe ich heute schon das Wort Chuzpe verwendet?

Auf Plakaten mit dem Photo lieber Kinder und Teddybären wirbt Greenpeace um Spenden (die der Verein ja trotz der vielen von Greenpeace ausgestreuten Unwahrheiten immer noch von etlichen Mitbürgern bekommt). Wie aber formuliert die grüne Vorfeld-Organisation ihren Appell? „Mit Ihrer Spende Greenpeace Eingreiftrupps ausrüsten.“ Man stelle sich vor, was im Lande los wäre, würde irgendeine Partei oder Gruppierung rechts der Mitte eine so militant-aggressive Sprache verwenden! Die „Eingreiftrupps“ wären sofort als neue SA entlarvt und das „Rüsten“ würde überhaupt als Kriegserklärung erkannt; in „Falter“, „Profil“ und „Standard“ würden Protestaufrufe mit langen Unterschriftslisten der linken Szene veröffentlicht; Tarek Leitner würde mit vor Erregung zitternder Stimme einen pointierten ZiB-Beitrag moderieren; und selbstverständlich würde auch die Wiener Staatsanwaltschaft aktiv. Aber bei Greenpeace ist natürlich alles anders. Auch wenn manche nur deshalb für die Greenpeace-Rüstung spenden, um nicht selber ins Visier irgendeiner Eingreiftruppe zu geraten.

In Fohnsdorf schließlich tritt der frühere SPÖ-Bürgermeister auf einer Namensliste zur vorzeitigen Neuwahl des Gemeinderates an. Gegen ihn gibt es schwere Vorwürfe des Bundes- und Landesrechnungshofs sowie staatsanwaltschaftliche Erhebungen. Er ist deshalb des Amtes enthoben und veranlasst worden, seine SPÖ-Mitgliedschaft ruhend zu stellen. Das klingt ehrenvoll für die steirische SPÖ. Weniger ehrenvoll ist freilich, dass die gesamte SPÖ-Mannschaft Fohnsdorfs nun auf dieser angeblichen Namensliste kandidiert und dass es daneben nicht einmal pro forma eine SPÖ-Liste gibt. Und das in einem Ort, wo die Partei zuletzt über 70 Prozent der Stimmen erreicht hatte! Habe ich am Ende schon wieder das Wort Chuzpe gehört?

 

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